Ziel der hier präsentierten Messungen ist es, die Abscheideeffizienz von gewöhnlichen Haushaltsmaterialien für luftgetragene Partikel zu untersuchen, auch im Vergleich zur Abscheideeffizienz zertifizierter OP-Masken. Hierdurch soll die Auswahl von Materialien zur eigenen Herstellung von Gesichtsmasken unterstützt werden. Für diese Arbeiten wurden aus Messgeräten, die sonst zur Untersuchung des atmosphärischen Aerosols genutzt werden, zwei einfache Messaufbauten zusammengestellt. Der eine Aufbau erlaubt die Messung von Abscheideeffizienzen flacher Materialien sowie selbstgenähter Gesichtsmasken für „kleine“ Partikel mit Durchmessern von 30 nm bis 500 nm. Der zweite Aufbau ist zur Messung von Abscheideeffizienzen flacher und geformter Masken im Partikeldurchmesserbereich von 30 nm bis 10 µm geeignet. Zum Vergleich: Das SARS-CoV2 Virus ist etwa 100 nm groß, wird beim Niesen, Husten, oder Sprechen aber in wesentlich größeren Tröpfchen transportiert.
Versuchsaufbauten und Versuchsdurchführung
Messaufbau 1
Monodisperses Aerosol (ein Aerosol mit Partikeln einer definierten Partikelgröße) wird mit einem Vernebler (TSI Atomizer, Modell 3076) durch Zerstäuben einer NaCl Lösung, Trocknen in einem Aerosoltrockner (Silicagel) und anschließende Größenselektion mit einem elektrostatischen Klassierer (TSI Electrostatic Classifier, Modell 3082) erzeugt. Das auf diese Weise hergestellte Aerosol enthält ausschließlich elektrisch geladene Partikel. Zur Untersuchung des Einflusses des Partikel-Ladungszustandes auf das Abscheideverhalten kann ein Aerosol-Neutralisator hinter den Klassierer gesetzt werden, der die elektrische Ladung der Partikel in ein Gleichgewicht bringt und dadurch die Partikel teilweise entlädt.
Das Aerosol wird turbulent mit einem Überschuss an gefilterter Luft gemischt, um die benötigte Flussrate zu erzeugen. Das so erzeugte Aerosol wird anschließend durch das zu beprobende Masken-Material geleitet (Durchmesser der beaufschlagten Maske: ca. 66 mm, die Proben werden flach in einen Strömungskanal eingespannt). Die Volumenflussrate durch die Probe wird mit Hilfe einer Pumpe, einem regulierbaren Ventil und einem Flussmessgerät eingestellt. Die Partikelkonzentration wird mit zwei Kondensationskernzählern (TSI Wasser-CPCs, Modell 3787 und 3788) parallel vor und hinter der Probe bestimmt. Aus dem Verhältnis der Partikelkonzentrationen wird die Abscheideeffizienz berechnet. Zusätzlich wird der Druckabfall an der Probe mittels Druckmessung vor und hinter der Probe bestimmt. Der Messaufbau ist schematisch in Abb. 1 dargestellt.
Für jede Probe wird die Abscheideeffizienz für 30 nm, 100 nm und 500 nm große Partikel (geometrischer Partikeldurchmesser) jeweils für eine Flussrate von 10 und 25 l/min durch die Probe bestimmt. Jede Messung besteht aus zwei Phasen von jeweils einer Minute Messdauer; zwischen den beiden Messphasen werden die Kondensationskernzähler ausgetauscht, so dass Unterschiede in der Messeffizienz der Geräte ausgeglichen werden. Aus den so gemessenen mittleren Partikelkonzentrationen werden jeweils die Abscheideeffizienzen berechnet. Alle Messungen werden sowohl ohne als auch mit zusätzlichem Aerosol-Neutralizer hinter dem Klassierer durchgeführt, um den Einfluss der Partikelladung auf die Abscheidung im Probenmaterial zu testen.
Messaufbau 2
In diesem Messaufbau wird Umgebungsaerosol durch das Probenmaterial gesaugt und die Partikelkonzentration sowohl in der Außenluft als auch hinter der Probe größenselektiv gemessen. Hierzu wird die Probe mittels geeigneter Adapter auf ein Probenahme-Gehäuse gespannt. Über ein Flussmessgerät, ein regulierbares Ventil und eine Pumpe wird ein definierter Volumenstrom durch das Gehäuse gesaugt. Die Partikelkonzentration wird parallel mit je einem optischen Partikelspektrometer (Optical Particle Counter OPC, Grimm, Modell 1.109) im Inneren des Probenahme-Gehäuses (stromabwärts des Probenmaterials) sowie in der Außenluft, unmittelbar neben dem Lufteinlass des Gehäuses, größenselektiv gemessen. Diese Messung liefert partikelgrößenabhängige Konzentrationen im Bereich von 250 Nanometern bis 10 Mikrometer. Zur Minimierung von Partikel-Transportverlusten großer Partikel (1 Mikrometer) sind alle Probenahmeleitungen senkrecht angeordnet. Zusätzlich wird mit einem scannenden Partikelspektrometer (Scanning Mobility Particle Sizer SMPS, TSI, Modell 3938) die partikelgrößenabhängige Konzentration im Bereich von 30 bis 400 Nanometern abwechselnd im Probenahme-Gehäuse und in der Außenluft gemessen. Der Messaufbau ist schematisch in Abb. 2 dargestellt.
Zur Korrektur möglicher Messeffizienz-Unterschiede zwischen den beiden optischen Partikelspektrometern wird zunächst eine Messung ohne Probenmaterial durchgeführt. Der eigentliche Messzyklus besteht zunächst aus einer 5-minütigen Stabilisierungsphase, gefolgt von einer 20-minütigen Messung der Größenverteilungen mit den OPCs. Parallel dazu wird abwechselnd je dreimal die Größenverteilung mit dem SMPS in der Außenluft und stromabwärts des Probenmaterials gemessen. Die mittels OPC gemessenen „optischen“ Partikelgrößen werden in geometrische Partikelgrößen umgerechnet. Aus dem Verhältnis der mittleren Partikelkonzentration bei einzelnen Partikelgrößen wird die Abscheideeffizienz des Probenmaterials für die jeweilige Partikelgröße bestimmt. Jede Messung wird bei zwei Volumenflussraten durch die Probe durchgeführt, die – je nach Fläche des jeweiligen Probenadapters – so gewählt sind, dass sie zu gleichen Flussgeschwindigkeiten wie bei den Messungen mit Aufbau 1 („niedrige Flussrate“ bzw. „hohe Flussrate“) führen.
Hintergrund
Die Abscheidung von Partikeln auf Filtern geschieht vor allem durch vier Prozesse (s. Abb. 3):
- Partikel, deren Flugbahn durch das Filtermaterial einer Faser des Materials so nahekommen, dass sie sie berühren, können an der Faser haften bleiben (Interzeption). Dieser Prozess wird mit zunehmendem Partikeldurchmesser effizienter.
- Partikel, deren Trägheit so groß ist, dass sie der Ablenkung der Strömung um eine Faser des Filtermaterials nicht folgen können, prallen auf die Faser und können an ihr haften bleiben
(Impaktion). Dieser Prozess wird mit zunehmendem Partikeldurchmesser und zunehmender Strömungsgeschwindigkeit effizienter. - Partikel führen zusätzlich zu ihrer Bewegung mit der Luftströmung eine Diffusionsbewegung innerhalb der Strömung durch. Wenn sie hierdurch auf eine Faser des Filtermaterials treffen, können sie an ihr haften bleiben (Diffusions-Abscheidung). Dieser Prozess wird mit abnehmender Partikelgröße und längerer Aufenthaltszeit der Luft im Filtervolumen (d.h. geringerer Strömungsgeschwindigkeit) effizienter.
- Im elektrischen Feld um eine elektrostatisch geladene Faser können Partikel, die selbst elektrisch geladen sind oder in denen eine elektrische Polarisation durch das elektrische Feld erzeugt wird, abgelenkt werden und hierdurch auf Fasern gelenkt werden (elektrostatische Abscheidung). Dieser Prozess wird mit abnehmender Partikelgröße und längerer Aufenthaltszeit der Luft im Filtervolumen effizienter.
Anmerkungen zur Sedimentation und Verdunstung von Partikeln und Tropfen
Die SARS-CoV-2 Viren sind nahezu kugelförmig mit kleinen, als Spikes bezeichneten „Füßchen“ an ihrer Oberfläche und haben Durchmesser zwischen 60 nm und 140 nm. Die Partikelgröße der SARS-CoV-2 Viren liegt also im Grenzbereich zwischen Feinstaub und Ultrafeinstaub. Beim Sprechen, Niesen und Husten werden allerdings wesentlich größere Tröpfchen und Tropfen in die Luft geschleudert, in denen sich die Viren befinden können. Diese Tröpfchen haben Durchmesser, die von wenigen Mikrometern bis über 1000 µm (also 1 mm) reichen können.
Fallgeschwindigkeiten von Partikeln und Tröpfchen
In Abhängigkeit von ihrer Größe fallen (oder besser sedimentieren) Tröpfchen und Feinstaubpartikel mit sehr unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Aus der Physik der Aerosole und Wolken sind Gleichungen bekannt, mit deren Hilfe man sogenannte „Endfallgeschwindigkeiten“ oder „Sedimentationsgeschwindigkeiten“ der Partikel berechnen kann. Diese Geschwindigkeiten wurden für Partikel mit Größen zwischen 30 nm (entsprechend also den kleinsten für die Filtertestmessungen verwendeten Teilchen) und 1000 µm berechnet und sind in Tabelle 1 zusammengefasst. Zusätzlich sind die Zeiten angegeben, die sie für ihre Sedimentation aus 2 m Höhe zu Boden benötigen. Für die Berechnungen der Fallzeiten wurde vereinfachend eine gleichmäßige Fallgeschwindigkeit angenommen, d.h., dass die Partikel nicht erst von 0 cm/s auf
ihre Endfallgeschwindigkeit beschleunigen müssen. Diese Annahme wirkt sich allerdings erst bei den größten Tropfen (hier 500 µm und 1000 µm) deutlicher aus.
Aus diesen Berechnungen erkennt man, dass sich die Werte für die Falldauern von etwa einer Sekunde bei 1/2 mm großen Tropfen bis zu 100 Tagen bei den 30 nm kleinen Aerosolpartikeln erstrecken. In Räumen mit zumeist wenig turbulenter Luft – und vor allem im Freien – fallen Partikel, die kleiner als wenige Mikrometer sind, praktisch nicht zu Boden. Erst ab etwa 100 µm sind die Sedimentationsgeschwindigkeiten in Räumen mit wenig Restturbulenz für eine Deposition am Boden hoch genug. Die Sedimentationsgeschwindigkeit trockener, 140 nm großer SARS-CoV-2 Viren ist so gering, dass sie auch von kleinsten Luftbewegungen verfrachtet werden und den Boden durch ihre Fallbewegung alleine nicht erreichen. Deswegen können sie auch leicht eingeatmet werden. Befinden sich die Viren aber im Inneren von wesentlich schwereren Tröpfchen, werden sie mit diesen erheblich schneller am Boden deponiert. Eine Komplikation ist hierbei allerdings, dass Wassertropfen in Abhängigkeit von Luftfeuchte und Temperatur ganz oder teilweise verdunsten können.
Geschwindigkeiten, mit denen Tröpfchen verdunsten
In Luft, deren relative Feuchte unterhalb von 100% liegt, schrumpft die Größe eines Tröpfchens ständig durch Verdunstung. Wie schnell diese Verdunstung abläuft, hängt von physikalischen Prozessen wie der Wasserdampfdiffusion, der Wärmeleitung und des Wärmeübergangs ab, sowie von Luftfeuchte, Temperatur, Ventilation, Tropfengröße, Oberflächenspannung und der chemischen Zusammensetzung der Flüssigkeit. Für diese und andere Einflussfaktoren können Gleichungen formuliert werden, mit deren Hilfe sich die Verdunstungszeiten berechnen lassen. In Tabelle 2 sind einige Ergebnisse für Tröpfchen verschiedener Anfangsgrößen vorgestellt. Die dort angegebenen Werte sind die Zeiten, die die Tröpfchen benötigen, um von der gegebenen Anfangsgröße (oberste Zeile) durch Verdunstung bis auf die Größe eines einzelnen SARS-CoV-2 Virus zu schrumpfen. (Wenn sich mehr als ein Virus in einem Tröpfchen befinden, sind die Endgrößen des nach der Verdunstung übrig bleibenden, nicht verdunstenden Restes entsprechend größer.) Die Berechnungen wurden für in der Luft stehende Tröpfchen bei Umgebungsbedingungen von 20 °C Temperatur, 1013 hPa Luftdruck, sowie relative Luftfeuchten von 50%, 70% und 90% durchgeführt. Vereinfachend wurde weiterhin angenommen, dass es sich um reines Wasser handelt, obwohl beim Sprechen, Niesen und Husten entstehende Tröpfchen, sicherlich auch andere Substanzen (z.B. organische Bestandteile) enthalten. Um diese auch zu berücksichtigen, müsste die genaue chemische Zusammensetzung der Tropfenflüssigkeit bekannt sein. Es ist allerdings davon auszugehen, dass sich die Verdampfungszeiten nicht sehr wesentlich verlängern.
Offenbar verdunsten die kleinsten Tröpfchen innerhalb von Millisekunden, während die größten eine halbe Stunde oder auch deutlich länger hierzu benötigen. Je höher die relative Feuchte der Umgebungsluft ist, desto langsamer verdunsten die Tröpfchen.
Beim Vergleich der beiden Tabellen ergibt sich, dass die größten Tropfen bereits zu Boden gefallen sind, bevor sich die Verdunstung nennenswert auswirkt, während die kleinsten Tröpfchen praktisch sofort vollständig verdunsten. Im Größenbereich zwischen 50 µm und 150 µm benötigen die Tropfen für den Fall aus zwei Meter Höhe zu Boden ungefähr ähnliche Zeiten, wie zu ihrer völligen Verdunstung. Tröpfchen, die kleiner als 50 µm sind, verdunsten jedoch schnell genug, so dass die in ihnen enthaltenen SARS-CoV-2 Viren in der Luft verbleiben können. Für diese ergibt sich die wichtige Frage an die Virologie, wie infektiös eine „Partikelwolke“ aus in solchen in der Luft stehenden, abgetrockneten Viren ist.
Die hier verwendeten Berechnungen unterliegen gewissen Vereinfachungen, da die Ergebnisse von hinter den physikalischen Gesetzmäßigkeiten stehenden, nicht immer genau bekannten Parametern abhängig sind. Ein für besonders große Tropfen wichtiger Parameter ist zum Beispiel die sogenannte „Ventilation“. Tropfen von deutlich mehr als einem halben Millimeter Größe fallen so schnell, dass die sie umgebende Luftströmung einerseits kühlend wirkt – wie ein Fahrtwind –, andererseits aber auch trocknend bei relativen Feuchten unterhalb von 100%. Diese Ventilation verkürzt die Verdampfungszeiten für die 1000 µm und 2000 µm großen Tropfen aus Tabelle 1 deutlich. Trotzdem erreichen sie den Boden lange bevor ihr Wasseranteil vollständig verdunstet ist.
Flugstrecke von Tröpfchen beim Niesen und Husten
Gelegentlich findet man in der wissenschaftlichen Literatur für die Geschwindigkeiten, mit der Tröpfchen beim Niesen ausgestoßen werden, Zahlenwerte von bis zu 160 km/h (etwa 45 m/s), also sehr hohe Beträge. Daraus ergibt sich die Frage, wie weit Tröpfchen fliegen können, wenn sie mit derartigen Geschwindigkeiten in die Umgebungsluft geschleudert werden? Eine sehr grobe Abschätzung hierfür kann mit Hilfe der sogenannten „Stoppdistanz“ (engl.: stopping distance) aus der Aerosolphysik gewonnen werden. Dies ist ein Maß für die Distanz, die ein sich mit einer gewissen Anfangsgeschwindigkeit bewegendes Aerosolpartikel in ruhender Luft zurücklegt, bevor zum Stillstand kommt. (Oder für die Distanz, die ein Partikel zurücklegt, bevor es die Strömungsgeschwindigkeit der Luft in seiner direkten Umgebung übernommen hat.) Unter den oben getroffenen Annahmen und bei einer Ausstoßgeschwindigkeit von 160 km/h ergeben Berechnungen der Stoppdistanzen für Partikel von 1 µm Durchmesser Werte um 0.01 cm, für 10 µm große Teilchen etwa 0.8 cm, und bei 100 Mikrometer großen Tröpfchen beträgt die Stoppdistanz schon 32 cm. Tröpfchen von 500 µm können 3.40 m erreichen und bei noch größeren Tropfen wird die Distanz entsprechend weiter. Natürlich steht die Luft etwa beim Niesen nicht still, sondern es wird ein Teil des in der Lunge enthaltenen Luftvolumens vehement und mit Überdruck in die Umgebung gestoßen. Diese ausgeblasene Luft vermischt sich schnell und turbulent mit der ruhigeren Umgebungsluft. Da die kleinsten Partikel sehr kurze Stoppdistanzen haben (und zudem nicht wirklich fallen), folgen sie diesen turbulenten Vermischungsbewegungen der Luft weitestgehend ohne Verzögerung. Sie breiten sich also zusammen mit der in den Raum ausgestoßenen Luft gemeinsam und mit gleicher Geschwindigkeit aus. Wenn es stimmt, dass ausgenieste Tropfen mit Geschwindigkeiten bis 160 km angetroffen werden können, dann müssten dies eher große Tropfen sein, die auf Grund ihrer langen Stoppdistanzen auch sehr weit kommen. Diese könnten einige Meter weit in den Raum fliegen, während sich die kleinsten Tröpfchen und Partikel mit ihrer direkten Umgebungsluft mitbewegen.
Um alle diskutierten, gleichzeitig ablaufenden aerosolphysikalischen Phänomene detailliert zu berechnen und die Ausbreitung der freigesetzten Teilchen im Raum abzuschätzen, bedarf es der numerischen Simulation durch komplexe Rechenmodelle. Hierbei ist eine Berechnung der turbulenten Ausbreitung der beim Husten und Niesen ausgestoßenen Luft besonders wichtig. Aus diesen Anmerkungen und den dahinter stehenden Vereinfachungen kann man aber immerhin feststellen: (1.) Die Verdunstung lässt kleine Tropfen in wenig feuchter Umgebungsluft schnell auf die Größe der Viren schrumpfen, (2.) Partikel von der Größe der Viren, sowie kleine Tröpfchen können auch bei schwachen Luftströmungen etwa zwischen Supermarktregalen, oder in Bussen und Bahnen lange in der Luft verweilen und dementsprechend weit transportiert werden.
Durchgeführte Messungen und
Materialproben
Aufgrund der unterschiedlichen Abhängigkeiten der Abscheideprozesse von der Partikelgröße sowie teilweise von der Ladung der Partikel und der Strömungsgeschwindigkeit der Luft durch das Filtermedium ergibt sich ein komplexes Gesamtbild. Generell werden Partikel im „mittleren“ Größenbereich von wenigen hundert Nanometern Durchmesser mit der geringsten Effizienz abgeschieden. Um die Abhängigkeiten der Partikelabscheidung von den verschiedenen Abscheideprozessen abzubilden, wurden unterschiedliche Messbedingungen realisiert:
Messung für Partikel unterschiedlicher Durchmesser:
- 30 nm: Diese Messung zeigt den Grenzfall der Abscheidung für extrem kleine Partikel
- 100 nm: Ungefähr der Durchmesser einzelner SARS-CoV-2 Viren (ca. 60 – 140 nm)
- 500 nm: Der Durchmesser größerer Partikelagglomerate oder Tröpfchenresiduen
- 1, 2.5, 5 und 10 µm: Durchmesser kleiner und mittlerer Tröpfchen, wie sie z.B. beim Sprechen, Husten oder Niesen entstehen können. Hierbei entstehen jedoch auch deutlich größere Tröpfchen, die jedoch schnell zu Boden sinken.
Messung bei unterschiedlichen Flussraten:
- Niedrige Flussrate: 10 l/min bei
66 mm Probendurchmesser (entsprechend angepasste Flussraten bei anderen Probendurchmessern) - Hohe Flussrate: 25 l/min bei 66 mm Probendurchmesser (dito)
Messung mit unterschiedlich stark elektrisch geladenen Partikeln (nur 30, 100 und 500 nm Partikel):
- Komplett geladene Partikel: Der elektrostatische Klassierer selektiert ausschließlich geladene Partikel. Das hiermit erzeugte Aerosol ist daher komplett elektrisch geladen.
- Neutralisiertes Aerosol: Durch einen zusätzlichen Aerosol Neutralisator wird das Aerosol ins „Ladungsgleichgewicht“ gebracht. Es ist teilweise elektrisch geladen.
- Umgebungsaerosol: Je nach Herkunft des Aerosols in der Umgebung sind die Partikel mehr oder weniger stark elektrisch geladen.
Im Einzelnen wurden folgende Materialien untersucht (Abb. 4):
- Staubsaugerbeutel 2: MicroPor® Staubsaugerbeutel (1-lagig)
- Staubsaugerbeutel 1: einfaches Staubsaugerbeutel-Vlies (1-lagig)
- Baumwolle + Staubsaugerbeutel Backupfilter: Backup Filter für Staubsauger zwischen zwei Lagen einfachem Baumwollstoff
- OP-Maske 1: Handelsübliche OP-Maske (grün, zum Vergleich)
- Maske 1: Selbstgenähte Maske aus 2 Lagen einfachem Baumwollstoff
- Maske 2: Selbstgenähte Maske aus 1 Lage T-Shirt Stoff und 1 Lage Biber-Bettwäsche
- Maske 3: Selbstgenähte Maske aus 2 Lagen fester Baumwolle
- Maske 4: Alternatives Maskendesign mit zwei Halbmasken, die in der Gesichtsmitte zusammengenäht wurden; 2 Lagen feste Baumwolle
- Maske 5: Selbstgenähte Maske aus 3 Lagen einfachem Baumwollstoff
- OP-Eigenbau: Material entsprechend selbstgenähter OP-Masken vergangener Zeiten aus 2 Lagen einfachem Baumwollstoff mit 4 Lagen Verbandmull (Verbandtuch) dazwischen
- Jersey: regulärer T-Shirt Stoff (2-lagig)
- Bügelvlies (Nähzubehör) zwischen zwei Lagen einfachem Baumwollstoff
- Molton-Tuch: 1-lagig
- Molton-Tuch: 2-lagig
- Mikrofasertuch: Einfaches Mikrofaser-Putztuch mit dünner Perforation (1-lagig)
- Mikrofasertuch Frottee (1-lagig)
- Küchenrolle (2-lagig) mit dazwischen gelegtem Papiertaschentuch (1-lagig)
- Spülhandtuch (2-lagig)
- Musselin (2-lagig)
- Kaffeefilter
Nach dem 10.04.2020 gemessene Materialien:
- OP-Maske 2: Handelsübliche OP-Maske (blau, zum Vergleich)
- OP-Maske 3: Handelsübliche OP-Maske (violett, zum Vergleich)
- Maske 6: Selbstgenähte Maske aus 2 Lagen OP-Kittel
- Maske 7: Selbstgenähte Maske aus 2 Lagen Tischtuch
- Maske 8: Selbstgenähte Maske aus Tennissocke
- Maske 9: Selbstgenähte Maske aus 2 Lagen Baumwolle (Oberhemdenmaterial) und 1 Lage Popeline
- Maske 10: Selbstgenähte Maske aus 2 Lagen Popeline
- Damenbinde (1-lagig)
- Encasement (2-lagig, Material zur Verhüllung von Matratzen, etc. zum Schutz vor Hausstaubmilben)
- Zwischenbezug (1-lagig, allergendichter Zwischenbezug für Bettdecken; Polypropylen, 70 g/m²)
- PP-Vlies (2-lagig; nicht näher bezeichnet, waschbar)
Ergebnisse
Im Folgenden sind erste Ergebnisse von Abscheideeffizienzen an einer Reihe von möglichen Maskenmaterialien dargestellt:
Die Sortierung der Materialproben erfolgte von hoher Abscheideeffizienz
zu niedriger, gemittelt über alle Partikelgrößen.
Die Druckdifferenz wurde an den Proben bei deutlich erhöhter Flussrate gemessen. Diese Werte dienen lediglich zum Vergleich der unterschiedlichen Materialien untereinander und sind daher auf die Druckdifferenz, die an der OP-Maske gemessen wurde, bezogen. Anmerkung: Der Wert für die Damenbinde ragt erheblich über den Achsenbereich hinaus.
Fazit
- Die Ergebnisse zeigen deutliche Unterschiede in der Abscheideeffizienz in Abhängigkeit der Partikelgröße. Insbesondere große Partikel (Durchmesser von 5 µm und größer) werden von allen untersuchten Materialien sehr effizient abgeschieden. Tröpfchen, die beim Husten, Niesen und Sprechen entstehen, finden sich vorwiegend im Mikrometerbereich. Die geringste Abscheideeffizienz findet man für Partikel mit Durchmessern um 100 nm bis 500 nm, also in dem Bereich, in dem die Größe des SARS-CoV 2 liegt. Die Höhe dieses Abscheideminimums hängt jedoch stark vom verwendeten Material ab. Noch kleinere Partikel werden in der Regel wiederum effizienter abgeschieden.
- Es wurden auch deutliche Unterschiede in der Abscheideeffizienz für unterschiedliche Materialien gefunden. Vor allem einige Kunstfaser-Materialien scheiden sehr kleine Partikel besonders gut ab. Die Abscheideeffizienz für größere Partikel hängt dagegen eher von der Struktur der Materialien ab. Dichtere Stoffe scheiden diese Partikel zumeist besser ab als weniger dicht gearbeitete Stoffe.
- Die Messungen an der Damenbinde waren schlecht reproduzierbar, da sich das Füllmaterial in der Binde zwischen den Messungen stark verschieben kann. Hierdurch ändert sich das Abscheideverhalten deutlich. Die in den Diagrammen dargestellten Werte für große Partikel sind der Mittelwert von drei unabhängigen Messungen. Aufgrund des sehr hohen Druckabfalls an der Damenbinde war eine Messung bei der hohen Flussrate nicht möglich (die Binde wurde bei der hohen Flussrate aufgerissen).
- Erhebliche Unterschiede (bis zu Faktor 8) findet man in den Werten für den Druckabfall, der beim Durchströmen der Materialien gemessen wurde. Diese Größe bestimmt auch wesentlich mit, wie leicht sich durch diese Materialien atmen lässt.
- Bei der Auswahl geeigneter Materialien für selbstgenähte Masken dürfen allerdings auch weitere Eigenschaften der eingesetzten Stoffe wie Hautverträglichkeit oder mögliche Abgabe gesundheitsschädlicher Substanzen durch die Materialien nicht außer Acht gelassen werden. (Wir weisen hier insbesondere auf diverse Berichte über die mögliche Abgabe bedenklicher Stoffe aus Staubsaugerbeutel-Material hin). Die hier vorgestellten Ergebnisse zeigen ausschließlich die Abscheideeigenschaften der untersuchten Proben für Partikel im Größenbereich von
30 nm bis 10 µm und stellen daher keine Empfehlung für die Auswahl von geeigneten Materialien oder gar Beurteilung des Schutzes einer hieraus hergestellten Maske dar! - Die Messungen zeigen deutliche Unterschiede der Abscheideeffizienz ähnlicher Textilien, die sich z.B. durch
ihre Materialstärke oder -dichte unterscheiden. Da bisher nur eine geringe Anzahl an Proben untersucht wurde, lassen sich allgemeingültige Aussagen noch nicht treffen. Hierzu muss erst eine systematische und umfangreichere Studie durchgeführt werden. - In keinem Fall können die hier präsentierten Ergebnisse eine Aussage über den Eigen- oder Fremdschutz geben, der mit einer Maske aus einem der untersuchten Materialien erzielt wird. Dieser hängt neben der Abscheideeffizienz auch von einer Vielzahl anderer Faktoren ab, wie Nebenflüssen an der Maske vorbei, Sitz und Handhabung der Maske, Art und Häufigkeit der Reinigung der Maske, und anderen.
Autoren:
Dr. Frank Drewnick und Team,
Max-Planck-Institut für Chemie, Mainz
Anmerkungen zur Sedimentation und Verdunstung von Partikeln und Tropfen:
Prof. Dr. Stephan Borrmann,
Max-Planck-Institut für Chemie, Mainz