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Mehr AOK-Mitglieder nutzten 2021 Kinderkrankengeld: Anstieg um 37 Prozent im Vergleich zum Vorjahr

Eine Auswertung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) zeigt, dass diejenigen Mütter und Väter, die Kinderkrankengeld beansprucht haben, auch im Jahr 2021 vermehrt wegen psychischer Erkrankungen arbeitsunfähig waren. So waren bei dieser Gruppe knapp ein Viertel (24,2 Prozent) mehr psychisch bedingte Arbeitsunfähigkeitsfälle zu verzeichnen als bei der nach Alter und Geschlecht vergleichbaren Gruppe aller AOK-versicherten Erwerbstätigen. Diese Tendenz zeigt sich auch bei den Muskel- und Skelett- und den Atemwegserkrankungen. „Die Regelung einer erweiterten Inanspruchnahme des Kinderkrankengeldes ermöglicht es Familien Versorgungsengpässe in der Corona-Pandemie auszugleichen und kann damit Mütter und Väter entlasten“, so Helmut Schröder, stellvertretender Geschäftsführer des WIdO.

Während im Jahr 2012 nur 2,1 Prozent aller AOK-Mitglieder das Kinderkrankengeld nutzten, waren es 2021 bereits 4,4 Prozent. Somit haben von den 14,6 Millionen erwerbstätigen AOK-Mitgliedern circa 634.500 mindestens einmal Kinderkrankengeld in Anspruch genommen. Nach wie vor sind es vor allem die Mütter, die ihr krankes Kind pflegen: Ihr Anteil an allen AOK-Mitgliedern lag 2021 bei 6,7 Prozent und damit mehr als doppelt so hoch wie bei den Männern. Jedoch steigt der Anteil der Männer, die Kinderkrankengeld beanspruchen, kontinuierlich: Während 2012 nur 0,9 Prozent aller männlichen AOK-Mitglieder Kinderkrankengeld nutzten, waren es 2021 bereits 2,5 Prozent. Ab März 2021 überstieg der Anteil der Beschäftigten mit Kinderkrankengeld den der beiden Vorjahre. Im Oktober und November 2021 – also während der vierten Corona-Welle – lag der Anteil der AOK-Mitglieder, die Kinderkrankengeld bezogen, am höchsten.

Auffällig ist, dass die Gruppe der erwerbstätigen Eltern, die im Jahr 2021 Kinderkrankengeld beansprucht haben, öfter wegen bestimmter Diagnosen krankgeschrieben waren als die AOK-Versicherten mit identischer Alters- und Geschlechtsstruktur ohne Kinderkrankengeld-Bezug. So waren sie häufiger wegen einer psychischen Erkrankung arbeitsunfähig: Diese Mütter und Väter lagen mit 14,1 Arbeitsunfähigkeitsfällen je 100 AOK-Mitglieder über dem Wert aller erwerbstätigen AOK-Mitglieder (11,4 Arbeitsunfähigkeitsfälle je 100 AOK-Mitglieder). Mehr AU-Fälle ergeben sich auch für die Eltern, die Kinderkrankengeld beansprucht haben und wegen Atemwegserkrankungen sowie Muskel-Skelett-Erkrankungen krankgeschrieben wurden. Auch hier wiesen sie mehr Krankschreibungen auf als die Vergleichsgruppe ohne Kinderkrankengeldbezug. Bei Atemwegserkrankungen wurden 67,9 Fälle registriert, in der Vergleichsgruppe hingegen nur 37,5 Arbeitsunfähigkeitsfälle je 100 AOK-Mitglieder. Bei Muskel-Skelett-Erkrankungen ist der Unterschied weniger deutlich und beläuft sich auf 31,9 Fälle im Vergleich zu 27,3 Fällen.

Eltern mit Kinderkrankengeld fielen wegen einer psychischen Erkrankung im Durchschnitt zwar häufiger aus, waren jedoch weniger Tage arbeitsunfähig als Erwerbstätige mit psychisch bedingter Arbeitsunfähigkeit und ohne Bezug von Kinderkrankengeld: Sie fielen pro Fall 6,7 Tage weniger aus (20,3 Tage je Fall) als die Vergleichsgruppe aller AOK-Mitglieder mit einer identischen Alters- und Geschlechtsstruktur (27,0 Tage je Fall). „Dass diese Eltern häufiger psychisch erkranken, lässt eine erhöhte Belastung vermuten“, so Schröder. „Es ist anzunehmen, dass das erweiterte Kinderkrankengeld geholfen hat, die großen pandemiebedingten Belastungen besser zu bewältigen. Ob damit krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeiten vermieden werden können, wird im Jahr 2022 zu beobachten sein“, so Schröder weiter. 

Im Vergleich zu 2019 ist ein Rückgang der psychisch bedingten Ausfälle bei allen Erwerbstätigen um 3,0 Prozent zu verzeichnen (2019: 11,7 Arbeitsunfähigkeitsfälle je 100 AOK-Mitglieder). Bei den Kinderkrankengeld beziehenden Eltern sank die Anzahl der AU-Fälle je 100 Mitglieder allerdings nur leicht um ca. 1,0 Prozent (2019: 14,3 Arbeitsunfähigkeitsfälle je 100 AOK-Mitglieder).

Covid-19-Erkrankungen:
Besonders Berufe in der Erziehung, Sozialarbeit und Heilerziehungspflege betroffen

Insgesamt erhielten im Pandemie-Zeitraum von März 2020 bis Dezember 2021 von den durchschnittlich 13,5 Millionen bei der AOK versicherten Erwerbstätigen knapp 781.000 Beschäftigte mindestens eine Krankschreibung aufgrund einer Covid-19-Diagnose. Damit sind in den ersten 22 Monaten seit Beginn der Pandemie 5,8 Prozent der AOK-Mitglieder im Zusammenhang mit Covid-19 krankheitsbedingt an ihrem Arbeitsplatz ausgefallen. 

Vor allem Beschäftigte in den Branchen Erziehung und Altenpflege waren betroffen: So gab es im bisherigen Verlauf der Pandemie 9.070 Krankschreibungen je 100.000 AOK-Mitglieder in den Berufen der Erziehung, Sozialarbeit und Heilerziehungspflege und 8.184 Krankschreibungen je 100.000 AOK-Mitglieder in der Altenpflege. Aber auch Berufe in der „nicht-ärztlichen Therapie und Heilkunde“ (8.427 je 100.000 AOK-Mitglieder), zu denen beispielsweise Physio- oder Ergotherapeuten gehören, in der Arzt- und Praxishilfe (8.025 je 100.000 AOK-Mitglieder) sowie in Gesundheits- und Krankenpflege, Rettungsdienst und Geburtshilfe (7.916 je 100.000 AOK-Mitglieder) hatten auffallend hohe Fehlzeiten im Zusammenhang mit Covid-19. Die niedrigsten Covid-19-bedingten Fehlzeiten wiesen dagegen die Berufe in der Landwirtschaft (1.489 je 100.000 AOK-Mitglieder), der Gastronomie (2.486 je 100.000 AOK-Mitglieder) und der Hotellerie (2.996 je 100.000 AOK-Mitglieder) auf.

Vorläufiger Höhepunkt der Covid-19-bedingten Krankmeldungen im Dezember 2021

Der wellenartige Verlauf der Prävalenz von Covid-19-Infektionen in der Bevölkerung spiegelt sich auch in den krankheitsbedingten Fehlzeiten der AOK-versicherten Beschäftigten wider. Nach mehreren Auf- und Abwärtsbewegungen seit Beginn der Pandemie erreichte die Covid-19-Pandemie ihren vorläufigen Höhepunkt im Dezember 2021 (1.097 Erkrankte je 100.000 Beschäftigte).

Krankenstand im Jahr 2021 auf gleichem Niveau wie im Vorjahr

Insgesamt ist der Krankenstand mit 5,4 Prozent im Jahr 2021 im Vergleich zu den beiden Vorjahren auf gleichem Niveau geblieben. Damit hat jeder AOK-versicherte Beschäftigte im Jahr 2021 im Durchschnitt 19,7 Tage mit einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gefehlt. Häufigkeit und Dauer der Krankheitsarten unterscheiden sich dabei deutlich: Die meisten Arbeitsunfähigkeitsfälle betreffen Atemwegserkrankungen (36,3 Arbeitsunfähigkeitsfälle je 100 AOK-Mitglieder), die aber deutlich unter dem Niveau der Vorjahre liegen. Die durchschnittlich längste Falldauer haben mit 29,8 Fehltagen pro Fall psychische Erkrankungen. Ein durchschnittlicher Arbeitsunfähigkeitsfall aufgrund einer Muskel-Skelett-Erkrankung dauerte im Jahr 2021 17,6 Tage.

Der Analyse des WIdO liegen die Daten von knapp 14,6 Millionen AOK-versicherten Arbeitnehmern zugrunde, die 2021 in mehr als 1,6 Millionen Betrieben beschäftigt waren. Auch die im ersten Corona-Pandemiejahr 2020 eingeführten Regelungen zur Inanspruchnahme von Kinderkrankengeld, die aufgrund der hohen Belastung von Beschäftigten mit Kindern angepasst wurden, finden Eingang in die Arbeitsunfähigkeitsdaten. Im Jahr 2020 wurde der gesetzliche Anspruch je Kind und Elternteil von 10 auf 15 Tage erhöht, der Maximalanspruch je Elternteil stieg von 25 auf 35 Tage. Im Jahr 2021 wurde erneut nachjustiert: Der Anspruch auf Kinderkrankengeld pro Elternteil und Kind verlängerte sich auf 30 Tage und damit für Elternpaare pro Kind auf 60 Tage. Auch für Alleinerziehende verdoppelte er sich pro Kind von 30 auf nun 60 Tage. Bei mehreren Kindern wurden maximal 65 Tage (Alleinerziehende: maximal 130 Tage) festgelegt. Eltern konnten im Jahr 2021 zudem Kinderkrankengeld auch dann nutzen, wenn ihr Kind ohne direkte Erkrankung pandemiebedingt zu Hause betreut werden musste.

Fast ein Drittel fühlt sich in der Lebensfreude beeinträchtigt

Knapp ein Drittel der Menschen in Deutschland (30,7 Prozent) gibt an, dass ihre Lebensfreude durch die Pandemie stark oder sehr stark beeinträchtigt worden sei. Diese Beeinträchtigung wird von jüngeren Menschen unter 30 Jahren mit 39,7 Prozent noch stärker erlebt. Das ist ein zentrales Ergebnis des aktuellen „WIdOmonitors“, einer heute veröffentlichten repräsentativen Online-Befragung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) zum Gesundheitsverhalten und zum Erleben der ambulanten medizinischen Versorgung in der Pandemie, die zum Befragungszeitpunkt im Sommer 2021 die Erfahrungen von 17 Monaten Pandemie reflektiert. Dieses Ergebnis spiegelt die Auswirkungen der einschränkenden Maßnahmen und der damit verbundenen sozialen und wirtschaftlichen Konsequenzen auf die psychische Gesundheit der erwachsenen Bevölkerung wider.

Jede zehnte befragte Person (9,9 Prozent) vertritt die Auffassung, dass sich ihr Gesundheitszustand durch die Pandemie „stark“ oder „sehr stark“ verschlechtert habe. Fast jede fünfte Person (18,5 Prozent) ist laut der Befragung seit Beginn der Pandemie im März 2020 weniger zum Arzt gegangen. Auf die Frage nach der eigenen gesundheitlichen Belastung durch die Covid-19-Pandemie erklärten 26,5 Prozent der Teilnehmenden, sich insgesamt stark oder sehr stark belastet gefühlt zu haben. 53 Prozent fühlten sich eher wenig oder wenig und 20,5 Prozent überhaupt nicht belastet. Auch hier zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den Altersgruppen. Jüngere Menschen unter 30 fühlten sich mit 34,7 Prozent deutlich häufiger stark oder sehr stark belastet als Ältere über 70 mit 16,0 Prozent. Unterschiede gibt es auch zwischen den Geschlechtern: Frauen fühlten sich mit 30,0 Prozent häufiger stark oder sehr stark gesundheitlich belastet als Männer mit 22,5 Prozent.

Ein Drittel der Erwachsenen
hat beim Gewicht zugelegt

Gefragt wurde auch nach Veränderungen des eigenen Gesundheitsverhaltens seit dem Beginn der Pandemie. Hier zeigen sich die deutlichsten Effekte bei der Mediennutzung: So gaben 26,7 Prozent der Befragten an, dass ihr Konsum von Fernsehen, Filmen und Videos seit Beginn der Pandemie zugenommen habe. Entsprechendes gilt für Computerspiele sowie generell für die Nutzung des Internets. Eine leichte Zunahme zeigt die Befragung auch beim Rauchen und beim Konsum von Cannabis-Produkten. Intensiviert hat sich auch die Einnahme von leistungssteigernden oder beruhigenden Arzneimitteln. Beim Alkoholkonsum sind hingegen eher gegenläufige Tendenzen zu beobachten: Von den 82,6 Prozent, die Alkohol trinken, gaben 10,2 Prozent einen erhöhten Konsum seit Beginn der Pandemie an – aber gleichzeitig 20,0 Prozent einen Rückgang. Mehr als ein Drittel der Erwachsenen (35,3 Prozent) erklärten, seit Beginn der Pandemie beim Gewicht zugelegt zu haben. Bei diesen Personen gab es nach deren Angaben eine deutliche Gewichtszunahme von durchschnittlich 6,9 Kilogramm.

Absage von Arztterminen bei
einem Fünftel der Patientinnen
und Patienten

Ein weiteres Thema im Rahmen des WIdOmonitors war, wie die Befragten die ambulante ärztliche Versorgung seit Beginn der Pandemie wahrnehmen. 21 Prozent von ihnen haben seit März 2020 Terminverschiebungen oder Absagen von Arztterminen durch die Leistungserbringer erlebt.

Für die deutliche Mehrheit der befragten Patientinnen und Patienten ist die Qualität der ärztlichen Beratung und Behandlung seit Beginn der Pandemie gleich geblieben. Wenn Menschen Verschlechterungen benennen, betrifft dies neben der Wartezeit auf den Arzttermin (25,6 Prozent der Befragten) die Zeit, die Arzt oder Ärztin aufwenden (15,5 Prozent), sowie die erfahrene Aufmerksamkeit und Gründlichkeit der Untersuchung (jeweils etwa 12 Prozent). „Verschlechterungen werden häufiger wahrgenommen als Verbesserungen – insbesondere dann, wenn die eigene Gesundheit als mittelmäßig bis sehr schlecht eingestuft wird. Insgesamt beurteilen die Befragten die ambulante Gesundheitsversorgung während der Pandemie aber eher positiv. Die Befragungsergebnisse dokumentieren zudem eine gewisse Zunahme bei der Nutzung digitaler Möglichkeiten wie Videosprechstunden oder elektronischen Verordnungen in der Pandemie. Ein Teil der Befragten wünscht sich den Ausbau dieser digitalen Kommunikationsformen“. Ganz oben auf der Liste der Wünsche der Befragten stehen allerdings der Infektionsschutz in der Arztpraxis und die pünktliche Behandlung ohne Wartezeiten.

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