03_Exoskelette

Am Körper getragene Maschinen

Grundsätzlich sollen die am Körper getragenen Assistenzsysteme die physischen Belastungen am Arbeitsplatz reduzieren. „Über-Kopf- und Über-Schulter-Arbeiten – aber auch statisches Heben sowie Halten und Heben sind ergonomisch sehr ungünstig bewertet. Wenn sich trotz aller Technik solche Arbeiten nicht verhindern lassen, können Exoskelette eingesetzt werden“, erläutert Dr. Urs Schneider. Vorrangiges Ziel für deren Einsatz sei also, die
Zahl der Arbeitsunfähigkeits-Tage durch Muskel-Skelett-Erkrankungen zu reduzieren. Relativ kostengünstig sind passive Systeme.

Entlastung bei Lastenhandhabung

Eine Form des aktiven Exoskeletts ist das „Stuttgart Exo-Jacket 2.0“, das seine Träger bei der Handhabung von Lasten bis zu 20 kg unterstützt. Es lässt sich aber auch bei Überkopfarbeiten wie bei der Omnibushimmelmontage oder an schwer zugänglichen Stellen wie an PKW-Unterböden oder bei Über-Schulter-Arbeiten, etwa für Radkästen, einsetzen – ebenso bei Montageschritten, in denen das Auto nicht zum Werker rotiert werden kann. Die Technologie wird aber nicht exklusiv in der Automobil-Branche eingesetzt. Beschäftigte in der Haushaltsindustrie etwa werden ebenfalls beim Polieren schwerer Kochtöpfe durch ein Exoskelett unterstützt.

Auch bei einem großen deutschen Eisenbahnunternehmen ist die Technik im Bereich „Service“ derzeit im Test. Weitere Einsatzfelder finden sich in der Produktion von Hausgeräten und auf Flughäfen. „Wenn die Untersuchungen positiv verlaufen, koppeln wir entsprechende Produkte aus“, erklärt Dr. Urs Schneider. Dabei gilt es immer, den besten Leichtbau mit dem leichtesten Motor und dem stärksten Getriebe zu kombinieren. Für das „Stuttgart Exo-Jacket 2.0“ läuft derzeit die EMV-Prüfung.

In den Kinderschuhen

Dr. Urs Schneider ist überzeugt, dass
die Entwicklung der Exoskelette noch in den Kinderschuhen steckt. „Wir müssen uns klar machen, dass wir etwa so weit sind, wie beim Automobil im Jahr 1890“, sagt der Mediziner. Es gäbe zwar bereits kostengünstige passive Lösungen, diese seien aber nicht funktionsvariabel. Das An- und Ausziehen dauere noch lange – besonders in einem Notfall. „In fünf bis sieben Jahren sind wir sicher bedeutende Schritte weiter“, führt er aus.

Die Möglichkeiten cyber-physischer Systeme erweitern sich durch die Kommunikation via WLAN. Ein Anwendungsszenario ist etwa das Erkennen von Ermüdung des Mitarbeiters, um ihn frühzeitig zu entlasten. „Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung geht es darum, die Menschen technisch gestützt möglichst lange in der Produktion zu halten“, führt Dr. Urs Schneider aus.

Auch kommunizierende Exoskelette sind im Kommen. Der Mediziner berichtet: „Damit kann ich zum Beispiel von München aus meinem Kollegen in China ganz konkret den richtigen Bewegungsablauf beibringen.“ Dieser Bereich des „körperlichen Lernens“ werde angesichts des Wunsches nach kurzen Schulungszeiten immer gefragter.


Autorin

Dipl.-Ing. Andrea Stickel

Journalistin für Technik und
Wissenschaft (BJV)

andrea@stickel-online.net

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