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Umfang und Grenzen des Versicherungsschutzes

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Wie können sich Arbeitsschutzakteure auf Haftungsrisiken
angemessen einstellen?

Wichtigstes Regelungsinstrument ist eine professionelle Gestaltung der Werkverträge mit den Projektbeteiligten. Klare Auftragsverhältnisse sind eine wesentliche Orientierungshilfe, wenn es zu klären gilt, welche Leistung versprochen wurde, wie sie geschuldet wird, ob eine mangelhafte Leistung vorliegt oder nicht. Die Arbeitsschutzexpertin bzw. der Arbeitsschutzexperte hat es also vor allem selbst in der Hand, mit ihren bzw. seinen Auftraggebern vertragliche Grundlagen zu vereinbaren, die ihr bzw. sein Haftungsrisiko in ihrem bzw. seinem Sinne beeinflussen. Es geht hier also um die aktive Gestaltung des Haftungsverhältnisses.

Einen ebenso wichtigen Beitrag zur Absicherung beruflicher Risiken leistet die Berufshaftpflichtversicherung, Deckungsverhältnis genannt. Ihre Aufgabe ist die Freistellung des Versicherungsnehmers von dem Risiko, von Dritten aufgrund gesetzlicher Anspruchsgrundlagen auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden. Die Leistung des Versicherers umfasst:

  • Regulierung von begründeten Schadensersatzansprüchen gegen den Arbeitsschutzexperten oder
  • Abwehr von unbegründet erhobenen Schadensersatzansprüchen gegen den Arbeitsschutzexperten

Welche dieser Versicherungsleistungen geschuldet wird, hängt davon ab, ob der behauptete Schadensersatzanspruch begründet ist oder nicht. Lässt sich aufgrund der Sach- und Rechtslage der behauptete Anspruch bestätigen, übernimmt der Versicherer die festgestellten Entschädigungsleistungen und begleicht sie direkt an den Anspruchsteller, anderenfalls werden die bereits erwähnten Abwehrkosten übernommen.
Voraussetzung ist natürlich, dass Versicherungsschutz besteht. Dessen Inhalt wird im Deckungsverhältnis durch den Versicherungsvertrag geregelt. Grenzenlosen Versicherungsschutz kann es jedoch nicht geben. Damit wird u.a. dem Umstand Rechnung getragen, dass der Versicherer keinen Einfluss auf die Gestaltung des Haftungsrisikos des Berufsträgers hat. Welche Grenzen des Versicherungsschutzes muss man also beachten?

1. Kein Versicherungsschutz für Nacherfüllungsansprüche

Bei den Anspruchsinhalten im Rechtsverhältnis zwischen Berufsträger und Anspruchsteller sind Schadensersatzansprüche von Vertragserfüllungsansprüchen gem. § 634 BGB abzugrenzen. Scha-densersatzansprüche als Folge eines beruflichen Fehlers sind versicherbar. Kosten, die dem Arbeitsschutzexperten selbst entstehen, weil er seine eigene Leistung wiederholen, korrigieren oder auf sonstige Weise nachbessern muss, die also gem. § 634 BGB auf Nacherfüllung gerichtet sind, können in der Berufshaftpflichtversicherung hingegen nicht versichert werden.

2. Kein Versicherungsschutz bei Überschreitung von Fristen und Terminen

Ähnliches gilt auch für die Versäumung eigener, die eigene Leistung betreffender Fristen und Termine. Werden mit ihm vereinbarte Termine oder Fristen bspw. bei der Fertigstellung eines Bauvorhabens nicht eingehalten, sind sämtliche hieraus resultierende Schäden nicht versichert.

3. Kein Versicherungsschutz bei „Berufsbildüberschreitungen“

Im Versicherungsschein wird das versicherte Risiko genau definiert. Wird bspw. der Arbeitsschutzexperte in einem anderen als im versicherten Berufsbild tätig, gefährdet er seinen Versicherungsschutz. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn ein als Brandschutzbeauftragter Versicherter Planungsleistungen als Brandschutzplaner erbringt und dabei einen Fehler macht.

4. Deckungssumme und
Selbstbehalt

Ein wichtiges Regulativ ist die Vereinbarung von Deckungssummen und Selbstbehalten. Deckungs-summen begrenzen die Leistungspflicht des Versicherers der Höhe nach. Vereinbarte Selbstbehalte legen die Eigenbeteiligung des Versicherungsnehmers an etwaigen Schadensersatzleistungen fest. Deckungssummen und Selbstbehalte sind verhandelbar. Zu beachten ist, dass die Deckungssummenvereinbarung nicht automatisch zu einer Haftungsbegrenzung auf der Haftungsebene führt. Übersteigen berechtigte Schadensersatzforderungen also die vereinbarte Deckungssumme, ändert dies nichts an der Verantwortlichkeit des Berufsträgers gegenüber dem Anspruchsteller auf der Haftungsebene.

5. Kein Versicherungsschutz bei bewusster Pflichtwidrigkeit

Bewusst gesetz-, vorschrifts- oder sonst pflichtwidriges Verhalten ist vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Dies kann in Fällen relevant werden, in denen sich ein Arbeitsschutzexperte bewusst über bautechnisch gesicherte Erkenntnisse hinwegsetzt, gesetzliche Vorschriften missachtet oder sich im Bewusstsein bestehender Gefahren über genormte oder vertraglich übernommene Pflichten hinwegsetzt und dadurch einen Schaden verursacht.

Zusammenfassung

Berufshaftpflichtversicherungen stellen eine wesentliche Grundlage der Absicherung des beruflichen Risikos dar. Eine sorgfältige Analyse des Geschäftsmodells des Sicherheitsingenieurs, der Sifa oder dem Sicherheits- und Gesundheitskoordinator ist eine entscheidende Voraussetzung für eine optimale Gestaltung des Versicherungsvertrages, in dem Umfang und Grenzen des Versicherungsschutzes für das Haftungsrisiko des Versicherungsnehmers festgelegt werden. Der Versicherer versteht sich dabei als Partner des Arbeitsschutzexperten. Alle dargestellten Sachverhalte gelten für Fachleute im Bereich Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz bei der Arbeit.

http://www.vdsi.de/40/19880/1


Autor:

Andreas Huth
Rechtsanwalt
Leiter Produktmanagement Haftpflicht Planung
HDI-Platz 1
30659 Hannover

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