Ob die erforderliche A1-Bescheinigung bei grenzüberschreitender Erwerbstätigkeit vorliegt, wird aktuell verstärkt kontrolliert. Die geänderte Verwaltungspraxis ist auf neue nationale Vorschriften zur Bekämpfung von Schwarzarbeit und Lohndumping zurückzuführen. In einem Fragen- und Antworten-Katalog hat die DRV die wichtigsten Informationen zusammengefasst:
Was ist eine A1-Bescheinigung und warum wird sie gebraucht?
Grundsätzlich gelten für alle Personen die Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem sie arbeiten. Sind Arbeitnehmer*innen nur vorübergehend in einem anderen EU-Mitgliedsland tätig (sogenannte Entsendung), gilt jedoch ausnahmsweise weiterhin das Recht des Entsendestaats. Mit einer A1-Bescheinigung können Arbeitnehmer*innen und andere Erwerbstätige nachweisen, ob für sie das Recht des Wohnstaates (Entsendestaates) oder die Vorschriften eines ausländischen Staates maßgebend sind. Die A1-Bescheinigung dokumentiert in diesen Fällen, dass die im Ausland erwerbstätige Person weiter dem deutschen Recht unterliegt.
Wer in mehreren Mitgliedstaaten arbeitet, benötigt die A1-Bescheinigung ebenfalls. Der Vorteil: Eine gleichzeitige Beitragszahlung in mehreren Mitgliedstaaten und ein Wechsel zwischen den Sozialversicherungssystemen werden dadurch vermieden.
Wer braucht eine A1-Bescheinigung?
Arbeitnehmer*innen, verbeamtete Personen und Selbständige brauchen regelmäßig eine A1-Bescheinigung, wenn sie grenzüberschreitend innerhalb der EU oder in Island, Liechtenstein, Norwegen oder der Schweiz arbeiten.
Für die Entsendung in Staaten, mit denen Deutschland ein bilaterales Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen hat, sind andere Entsendebescheinigungen als das A1-Formular nötig. Für das sogenannte „vertragslose Ausland“ (z. B. Mexiko oder Indonesien) gibt es generell keine Entsendebescheinigungen.
Wird eine A1-Bescheinigung bei kurzzeitigen oder kurzfristigen Dienst- oder Geschäftsreisen benötigt?
Bei kurzfristigen oder kurzzeitigen (bis zu sieben Tagen) Dienst- oder Geschäftsreisen kann die A1-Bescheinigung im Bedarfsfall nachträglich beantragt werden. Dies ist rechtlich zulässig und wird von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bestätigt, worauf das BMAS hinweist:
Handhabung der Bescheinigung A 1 bei kurzfristig anberaumten und kurzzeitigen Tätigkeiten im EU-Ausland, den EWR-Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen sowie der Schweiz.
Wir empfehlen jedoch, die Kontrollpraxis des Staates, in den die Dienst- oder Geschäftsreise unternommen wird, zu beachten und eine A1-Bescheinigung ggf. im Voraus zu beantragen. Verstärkte Kontrollen werden derzeit insbesondere in Frankreich und Österreich durchgeführt.
Wie wird eine A1-Bescheinigung beantragt?
Die A1-Bescheinigung gibt es in elektronischer Form und in Papierform. So wird sie beantragt:
- Elektronisch: Für Arbeitnehmer*innen ist seit dem 1. Juli 2019 das elektronische Antragsverfahren ohne Ausnahmen verpflichtend.
- Papieranträge für den Personenkreis der Arbeitnehmer*innen werden daher nicht mehr entgegengenommen. Soweit Sie als Arbeitgeber nicht über ein entsprechendes systemgeprüftes Entgeltabrechnungsprogramm verfügen, können Sie den elektronischen Antrag mittels einer Ausfüllhilfe aus SV.net stellen.
Informationen zu sv.net:
Kurzanleitung für die A1-Bescheinigung
(www.itsg.de/wp-content/uploads/ 2017/03/kurzanleitung.pdf)
Für verbeamtete Personen nehmen
die Rentenversicherungsträger ebenfalls elektronische Anträge entgegen.
In Papierform: Selbständige und Personen, die gewöhnlich in mehreren Mitgliedstaaten der EU, des EWR und der Schweiz beschäftigt sind, stellen den Antrag in Papierform. Außerdem gilt: Anträge auf eine A1-Bescheinigung dürfen – auch aus datenschutzrechtlichen Gründen – nicht per E-Mail gesendet werden, auch nicht an den Firmenservice der Deutschen Rentenversicherung.
A1-Bescheinigungen für verbeamtete Personen, die nicht im elektronischen Verfahren beantragt werden, können
folgendermaßen beantragt werden:
Fragebögen für Selbständige finden Sie auf der Seite der DVKA:
- Vorübergehende Erwerbstätigkeit eines Selbständigen in einem anderen Mitgliedsstaat (www.dvka.de/de/arbeitgeber_arbeitnehmer/antraege_finden/entsendung_ausland/entsendung_ins_ausland.html)
Die übrigen Fragebögen finden Sie ebenfalls auf der Seite der DVKA:
- Anträge und Fragebögen des DVKA (www.dvka.de/de/arbeitgeber_arbeitnehmer/antraege_finden/antraege _finden.html)
Wo wird die A1-Bescheinigung beantragt?
Das hängt davon ab, wie die betroffene Person krankenversichert ist.
Bei der Krankenkasse: Sie ist für alle Personen zuständig, die in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig, familien- oder pflichtversichert sind. Gleiches gilt für Personen, die in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind und über eine private Zusatzversicherung verfügen.
Bei der Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen (ABV): Personen mit einer berufsständischen Versorgung stellen hier ihren Antrag. Dies gilt auch, wenn Sie ausschließlich über eine private Krankenversicherung verfügen.
Beim zuständigen Rentenversicherungsträger: Wer nicht gesetzlich krankenversichert und auch nicht berufsständisch versorgt ist, beantragt die A1-Bescheinigung bei seinem Rentenversicherungsträger. Dies gilt also für die Personen, die ausschließlich über eine private Krankenversicherung verfügen.
Beim GKV-Spitzenverband: Für Personen, die gewöhnlich in mehr als einem Mitgliedstaat beruflich tätig sind (so genannte „Gewöhnliche Mehrfacherwerbstätigkeit“ 1) wird der Antrag beim zuständigen Träger des Wohnstaats gestellt. In Deutschland ist das der GKV-Spitzenverband (Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland, DVKA). Auf das Krankenversicherungsverhältnis kommt es bei Mehrfacherwerbstätigen nicht an.
Was tun, wenn die A1-Bescheinigung bei dringenden kurzfrisitgen Dienstreisen noch nicht vorliegt?
Dann sollte eine Kopie des aktuellen Antrags auf Ausstellung der A1-Bescheinigung mitgeführt werden. Bei einer Entsendung nach Österreich empfiehlt es sich, zusätzlich einen Nachweis über die Anmeldung zur Sozialversicherung in Deutschland mitzunehmen. Das kann auch eine frühere A1-Bescheinigung sein.
Wer beantragt die A1-Bescheinigung?
Für Arbeitnehmer*innen und verbeamtete Personen ist der Antrag vom Arbeitgeber bzw. Dienstherrn zu stellen. Selbständige müssen sich direkt an die für den Antrag zuständige Stelle wenden.
Ich bin beruflich auf Dauer mindestens einmal im Monat sowohl in Deutschland als auch in einem oder mehreren Mitgliedsstaaten tätig. Muss ich denn für jeden einzelnen Auslandseinsatz eine gesonderte A1-Bescheinigung beantragen?
Nein.
Für Personen, die gewöhnlich in mehr als einem Mitgliedstaat beruflich tätig sind (so genannte „Gewöhnliche Mehrfacherwerbstätigkeit“ 2), kann eine A1-Bescheinigung für die Dauer von bis zu 5 Jahren für alle Mitgliedstaaten ausgestellt werden, in denen die Erwerbstätigkeit gewöhnlich ausgeübt wird.
Der typische Fall sind Fernfahrer, die regelmäßig in mehreren Mitgliedstaaten Güter transportieren. Aber auch Beschäftigte, die regelmäßig in anderen Mitgliedstaaten an Vorstandssitzungen, Verbandsmeetings o. Ä. teilnehmen, können von der Vorschrift erfasst werden.
Sind diese Kriterien erfüllt, ist der Antrag bei Wohnsitz im Inland bei der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland (DVKA) zu stellen.
Muss eine A1-Bescheinigung auch für ein Transitland beantragt werden?
Entscheidend ist, ob die berufliche Tätigkeit bei Durchreisen durch Transitländer tatsächlich ausgeübt wird. Ist dies nicht der Fall, wird keine A1-Bescheinigung für den betreffenden Staat benötigt. Dienstliche Telefongespräche oder E-Mails während des Transits sind marginal und bleiben außer Betracht.
Beispiel:
Wenn ein Monteur, der seine Beschäftigung in Deutschland ausübt, einen Auftrag oder eine befristete Tätigkeit in Italien übernimmt und hierfür mit dem Auto von München über Österreich zu seinem Zielort in Mailand fährt, benötigt er für Österreich keine A1-Bescheinigung, weil er seine Tätigkeit dort nicht ausübt.
Ein LKW-Fahrer, der von Deutschland über Österreich nach Italien fährt, um dort Ware auszuliefern, übt hingegen seine Tätigkeit, den Transport von Gütern, auch während der Durchfahrt durch Österreich aus. Er benötigt die A1-Bescheinigung deshalb nicht nur für Italien, sondern auch für Österreich.
Wo gibt es weitere Informationen?
Weitere Informationen zur A1-Bescheinigung bieten das Info-Portal der Datenstelle der gesetzlichen Rentenversicherung oder der GKV-Spitzenverband, DVKA in Bonn.
1 Von einer „gewöhnlichen“ Tätigkeit in mehreren Mitgliedstaaten ist auszugehen, wenn die Tätigkeit mindestens an einem Tag pro Monat oder fünf Tagen pro Quartal auch in mindestens einem anderen Mitgliedstaat ausgeübt wird.
2 Von einer „gewöhnlichen“ Tätigkeit in mehreren Mitgliedstaaten ist auszugehen, wenn die Tätigkeit mindestens an einem Tag pro Monat oder fünf Tagen pro Quartal auch in mindestens einem anderen Mitgliedstaat ausgeübt wird.
Viele Arbeitgeber haben bislang in der Regel keine A1-Bescheingung beantragt, dies betraf insbesondere kurzfristige und kurzzeitige Dienstreisen in das EU-Ausland.
Auch bei kurzen Entsendungen ins EU-Ausland ist eine A1-Bescheinigung erforderlich. Eine zeitliche Toleranzgrenze sehen die Rahmenbedingungen nicht vor. Eine Entsendung liegt nicht nur vor, wenn der Mitarbeiter im Rahmen eines Auftrags für z.B. 12 Monate ins Ausland geht. Auch jedes Meeting im EU-Ausland erfordert nach den gesetzlichen Rahmenbedingungen grundsätzlich eine A1-Bescheinigung. Andernfalls können bei Kontrollen Probleme drohen.
Was ist eigentlich eine A1-Bescheinigung?
Die A1-Bescheinigung über die anzuwendenden Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit gilt als Nachweis, dass für eine Person bei Entsendungen weiterhin die Rechtsvorschriften des Entsendestaates gelten. Somit werden die Rechtsvorschriften des Beschäftigungsstaates nicht angewandt. Die A1-Bescheinigung (Entsendebescheinigung) gilt als Nachweis für die
Kranken-, Pflege-, Renten- und Unfallversicherung.
Datenaustausch-Verfahren nach
§ 106 SGB IV – Elektronischer Antrag auf Ausstellung einer Bescheinigung über die anzuwendenden Rechtsvorschriften bei Beschäftigung nach Artikel 12 Absatz 1 der Verordnung (EG)
Nr. 883/2004 und bei Ausnahmevereinbarungen nach Artikel 16 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004
A1-Bescheinigungen: Neuerungen in der Sozialversicherung
Im elektronischen Antragsverfahren zur A1-Bescheinigung bei Entsendungen innerhalb der EU haben die Sozialversicherungsträger einige Nachbesserungen vorgenommen.
Ab dem 1. Januar 2020 gelten unter anderem folgende Änderungen:
Antragsnachweis
Künftig wird nach Absenden des Antrags vom Entgeltabrechnungsprogramm ein Antragsnachweis erstellt. Dieser dient als Beleg dafür, dass der Arbeitgeber vor Beginn der Auslandsbeschäftigung einen Antrag auf Ausstellung einer A1-Bescheinigung gestellt hat.
Beginn und Ende der Entsendung
Die Angaben „Beginn der Entsendung“ und „Ende der Entsendung“ werden
im Antrag künftig als verpflichtende Angaben ausgestaltet. Dafür entfällt die Angabe, ob es sich um eine befristete Entsendung handelt.
Angaben zum Wohnstaat
Die Angabe der Wohnanschrift des Arbeitnehmers im Antrag war bisher freiwillig. Da insbesondere von Drittstaatsangehörigen verlangt wird, dass sie einen rechtmäßigen Wohnsitz in einem der Mitgliedstaaten haben, werden die Angaben zum Wohnstaat künftig verpflichtend. Die Nennung der Anschrift im Beschäftigungsstaat ist weiterhin freiwillig.
Angabe des Unternehmens
Die derzeit maximal 30 Zeichen für die Angabe des Unternehmens inklusive Rechtsform werden auf 50 erhöht.
Anzahl Beschäftigungsstellen
Künftig können elf anstatt bisher vier Beschäftigungsstellen angegeben werden.
Beginn Beschäftigungsverhältnis
Die bisher benötigte Angabe, seit wann das Beschäftigungsverhältnis mit dem entsandten Mitarbeiter besteht, wird gestrichen.
Deutsche Rentenversicherung (DRV)