Das Arbeitszeitgesetz, genauer der § 17 Absatz 4 ArbZG, berechtigt die Arbeitsschutzbehörde, vom Arbeitgeber die erforderlichen Auskünfte zu verlangen, insbesondere die Vorlage von Arbeitszeitnachweisen und Tarifverträgen oder Betriebs- oder Dienstvereinbarungen. Das Auskunftsverlangen bedarf keiner besonderen Form, muss aber hinreichend klar und bestimmt sein. Der Arbeitgeber muss eindeutig erkennen können, was die Behörde von ihm möchte, und dass er bindend zur Erteilung bestimmter Auskünfte verpflichtet werden soll. Kommt der Arbeitgeber dem berechtigten Verlangen der Aufsichtsbehörden nicht nach, handelt er ordnungswidrig und setzt sich dem Risiko einer Geldbuße in Höhe von bis zu 30.000 Euro aus. Er darf aber die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihn selbst oder einen nahen Angehörigen der Gefahr straf- oder bußgeldrechtlichen Verfolgung aussetzen würde. Dieses Verweigerungsrecht erstreckt sich jedoch nur auf Befragungen, hingegen nicht auf die Verpflichtung zur Vorlage von Unterlagen.
Vor diesem Hintergrund ist der vorliegende Fall zu betrachten, über den das Oberverwaltungsgericht (OVG) Magdeburg im November des vergangenen Jahres zu entscheiden hatte. Die Arbeitgeberin ist in der Pflegebranche tätig, ihr Pflegeteam besteht aus 21 Mitarbeitern. Im November 2018 führte die zuständige Arbeitsschutzbehörde eine Betriebsbesichtigung durch. Bei der Einsichtnahme in den Dienstplan für November 2018 stellte die Behörde unter anderem fest, dass die Mitarbeiter an Sonn- und Feiertagen arbeiteten, einige Dienste bereits in der Planung länger als acht Stunden dauerten und in der Legende zum Dienstplan keine Pausen ausgewiesen sowie sogar für einzelne Mitarbeiter mehrere Dienste an einem Arbeitstag vorgesehen waren. Die Behörde teilte der Arbeitgeberin schriftlich mit, aufgrund der Feststellungen bestehe der Verdacht von Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz, dies mache eine Überprüfung notwendig. Für die 21 Beschäftigten des Pflegeteams forderte die Behörde sodann Arbeitszeitnachweise für die Monate September bis November 2018 sowie die entsprechenden Dienstpläne an. Nach weiterem Schriftwechsel zwischen den Parteien erließ die Behörde im Juli 2019 eine Anordnung zur Vorlage der entsprechenden Unterlagen. Hiergegen klagte die Arbeitgeberin vor dem Verwaltungsgericht in Halle. Ihre Klage wurde jedoch abgewiesen. Dieses Urteil griff die Klägerin vor dem OVG Magdeburg an.
Die Entscheidung
Das OVG Magdeburg lehnte den Antrag auf Zulassung der Berufung ab. Das Vorbringen der Klägerin gebe keinen Anlass zu ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts Halle.
Die Klägerin machte geltend, die Pflicht zur Auskunft gemäß § 17 Abs. 4 ArbZG (s.o.) setze einen feststehenden Gesetzesverstoß, zumindest aber die konkrete Gefahr eines Verstoßes gegen das ArbZG voraus. Zudem müsse die Behörde bereits im Anhörungsverfahren eine detaillierte Schilderung der von ihr beanstandeten Mängel und Verstöße gegen das ArbZG abgeben. Das OVG entgegnete hierauf, das Auskunftsverlangen diene der Kontrolle der Regelungen des ArbZG, mithin erst der Aufklärung bzw. Überprüfung, ob tatsächlich Verstöße gegen arbeitszeitrechtliche Bestimmungen vorliegen. Daher könnten „detaillierte Schilderungen“ im Rahmen der Anhörung noch gar nicht benannt werden. Zudem verlange der Wortlaut des § 17 Abs. 4 ArbZG nicht, dass aus Sicht der Behörde konkrete Verstöße gegen Bestimmungen des ArbZG bereits feststehen oder zumindest ein konkreter Verdacht bestehe. Die Auskunft, auf welche sich das behördliche Verlangen bezieht, müsse für die Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des ArbZG nach dem Wortlaut der Vorschrift erforderlich sein. Dies schließe (lediglich) eine allgemeine, ungezielte Ausforschung des Arbeitgebers und damit anlasslose Auskunftsverlangen aus. Ausreichend, aber auch erforderlich sei, dass die Arbeitsschutzbehörde einen berechtigten Anlass habe zu prüfen, ob ein Arbeitgeber die Arbeitszeitvorschriften einhalte. Dies könne zum Beispiel der Fall sein, wenn eine Betriebsprüfung Anhaltspunkte für Verstöße gegen Arbeitszeitbestimmungen ergebe oder die Aufsichtsbehörde – auch anonyme – Hinweise auf solche Verstöße erhalte. Die beklagte Arbeitsschutzbehörde habe daher zu Recht angenommen, dass durch die Betriebsbesichtigung bei der Klägerin ausreichend Anlass für eine weitergehende Überprüfung der Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften gegeben war.
Dass die Klägerin das Vorliegen von Arbeitszeitverstößen generell bestreite, sei nach Ansicht des Gerichts zudem für die Rechtmäßigkeit des Auskunftsverlangens ohne Bedeutung. Denn die prüfende Behörde solle mittels der Aufforderung zur Vorlage der Arbeitszeitnachweise und Dienstpläne überhaupt erst einmal in die Lage versetzt werden, die Einhaltung der Arbeitszeitregelungen effektiv überwachen zu können. Ob die Klägerin tatsächlich gegen solche Regelungen verstößt oder verstoßen hat, sei dagegen (erst) Gegenstand dieser Prüfung.
Anders als die Klägerin meint, bedürfe es auch keiner näheren Ausführungen der Behörde im Anordnungsbescheid, weshalb die geforderten Auskünfte erforderlich seien. Es liege auf der Hand, dass sich anhand der angeforderten Arbeitszeitnachweise und Dienstpläne prüfen lasse, ob die Klägerin die geltenden Arbeitszeitbestimmungen im betreffenden Zeitraum tatsächlich eingehalten hat.
Schließlich sei das Auskunftsverlangen auch verhältnismäßig. Die Klägerin wende zu Unrecht ein, es sei keine sachgerechte Abwägung widerstreitender Interessen vorgenommen worden. Die Aufforderung zur Vorlage von Dienstplänen und Arbeitszeitnachweisen stelle zwar einen Eingriff in die Rechte der Arbeitgeberin dar, sei aber eine angemessene und milde Möglichkeit, die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes zu überprüfen und weitere mögliche Verstöße aufzudecken. Der Schutz der Beschäftigten und ihrer Gesundheit stünden im Vordergrund, weshalb es auch nicht als unangemessen bewertet werden könne, Nachweise für zwei weitere Monate (September und Oktober 2018) anzufordern; dies erscheine nicht nur legitim, sondern auch rechtlich geboten. Die Arbeitsschutzbehörde dürfe in den Grenzen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bei ihrem Auskunftsverlangen auch andere Zeiträume – hier die beiden vorausgehenden Monate – in den Blick nehmen. Das stelle eine stichprobenartige und damit zulässige Überprüfung dar. Etwas anderes könne nur gelten, wenn aufgrund der Umstände des Einzelfalls von vornherein auszuschließen sei, dass in anderen Zeiträumen (auch) gegen Arbeitszeitbestimmungen verstoßen worden sein könnte. Dies sei vorliegend aber nicht der Fall gewesen.
Fazit
Das OVG Magdeburg stellt klar, dass es für ein Auskunftsverlangen nach § 17 Abs. 4 ArbZG ausreichend ist, dass die Arbeitsschutzbehörde einen berechtigten Anlass zur Prüfung hat, ob ein Arbeitgeber die Arbeitszeitvorschriften einhält. Weder muss ein konkreter Verstoß gegen Bestimmungen des ArbZG bereits feststehen noch ein konkreter Verdacht gegeben sein. Zudem ermöglicht die Vorschrift auch eine stichprobenartige Kontrolle, die einen begrenzten Zeitraum vor und nach dem anlassbezogenen Prüfungszeitraum einbezieht. Das Gericht legt die gesetzliche Vorschrift zwar zugunsten der Arbeitsschutzbehörde aber insgesamt sachgerecht aus. Behördliche Auskunftsverlangen sind daher aus Arbeitgebersicht grundsätzlich ernst zu nehmen.