Auch in den kommenden Wochen bleiben Lebensmittelgeschäfte und Drogeriemärkte vermutlich geöffnet, um die Bevölkerung zu versorgen. Jedoch könnte häufiger Kundenkontakt das Infektionsrisiko für diese Beschäftigten erhöhen. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) hat jetzt „Eine Risikoschätzung zur Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 bei Beschäftigten im Einzelhandel für Lebensmittel und Drogeriewaren“ veröffentlicht. Darin kommen die Fachleute zu dem Schluss, dass es aufgrund der Kurzzeitkontakte auch bei COVID-19-Ausbrüchen nicht unweigerlich zu Hochrisikokontakten kommt. Zudem können Schutzmaßnahmen, wie Mund-Nase-Bedeckungen oder organisatorische und technische Abstandsregelungen, das Infektionsrisiko für die Beschäftigten wirksam senken.
Etwa 780.000 Beschäftigte sind in Deutschland im Einzelhandel für Lebensmittel und Drogeriewaren tätig. Diese Branche bleibt wegen ihrer systemrelevanten Bedeutung weitgehend von Schließungen als Infektionsschutzmaßnahme gegenüber SARS-CoV-2 ausgenommen. Häufiger Kundenkontakt kann Infektionsrisiken für die dort Beschäftigten bergen – vor allem beim Bezahlvorgang an der Kasse. Mit epidemiologischen Daten, die außerhalb des Einzelhandels erhoben wurden, schätzten Fachleute der BAuA das Risiko einer SARS-CoV-2-Infektion für diese Beschäftigtengruppe. Dies ermöglicht eine erste Gefährdungsbeurteilung unter pandemischen Bedingungen, obwohl keine Daten zum Infektionsrisiko vor Ort vorliegen.
Das Infektionsrisiko der Beschäftigten hängt dabei vor allem vom Anteil aktuell infizierter Personen unter den Kunden ab. Zudem spielen Anzahl und Dauer der Kundenkontakte eine bedeutende Rolle. So haben Beschäftigte im Lebensmitteleinzelhandel pro Arbeitstag durchschnittlich 84 Kundenkontakte und im Soft-Discounter 131, die durchschnittlich jeweils zwei Minuten dauern. Unter diesen Bedingungen kommt es selbst bei Erkrankungshäufigkeiten, die bei COVID-19-Ausbrüchen gemessen wurden, nicht unweigerlich zu Hochrisikokontakten von mindestens 15 Minuten Dauer. Jedoch weisen die Autoren darauf hin, dass auch unabhängig von der Krankheitshäufigkeit hohe Infektionsrisiken entstehen können, beispielsweise durch enge räumliche Nähe zu infizierten Personen.
Umso wichtiger ist es, die verfügbaren Schutzmaßnahmen in den Geschäften umzusetzen. Dazu gehören im Einzelhandel vor allem Abstandsregelungen, Mund-Nase-Bedeckungen bei Kunden und Beschäftigten, verbesserte Luft- und Oberflächenhygiene, Beschränkungen der Anzahl an Kunden im Geschäft und Schutzschilde im Kassenbereich. Die Kombination solcher Maßnahmen trägt wirksam dazu bei, das Risiko einer SARS-CoV-2-Infektion für Beschäftigte und Kunden im Einzelhandel für Lebensmittel und Drogeriewaren wirkungsvoll zu senken.
baua: Fokus „Eine Risikoschätzung zur Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 bei Beschäftigten im Einzelhandel für Lebensmittel und Drogeriewaren“; Filiz M. Özcan, Frank Dieterich; Dortmund; Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin 2020; 11 Seiten; DOI: 10.21934/baua:fokus20201012. Den baua: Fokus gibt es im PDF-Format im Internetangebot der BAuA unter
www.baua.de/publikationen.
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