Sonstiges

Berufsethik – Berufstätige auf dem Gebiet der Arbeitsmedizin

Der “Internationale Ethikkodex für Berufstätige auf dem Gebiet Arbeit und Gesundheit” (ICOH) schließt alle Berufsgruppen und alle Berufstätigen ein, die auf dem Gebiet der Arbeitsmedizin tätig sind. Somit alle diejenigen, die als Spezialisten verschiedener Berufe in komplexer und konkurrierender Verantwortlichkeit unter interdisziplinärem Ansatz auf dem Gebiet Arbeit und Gesundheit Dienstleistung erbringen wie auch diejenigen Berufsgruppen und Personen, die auf dem Gebiet der Arbeitsmedizin Verantwortlichkeit haben und Aufträge ausführen. Eingeschlossen sind hier insbesondere u.a. Arbeitsmediziner und auch ihr zugehöriges Pflegepersonal.

Ethik ist hier kein Thema festgesteckter Grenzen, sondern ein sich entwickelnder stetiger wichtiger dynamischer Prozess zwischen vielen Partnern in Interaktionen, Zusammenarbeit, Beratung, im Defizite Aufzeigen, im Sich-Einbringen und Einsetzen.

Bewusst wird eine große Zielgruppe verschiedener Berufe auf eine gemeinsame Aufgabe festgelegt, die bei der Durchführung ihrer Aufgaben hinsichtlich beruflicher Handlungsweisen regelbare Vorgehensweisen und die ethische Einstellung der Angehörigen arbeitsmedizinischer Berufe beeinflussen soll.

Mit diesem Rahmenwerk ist auf dem Gebiet der Arbeitsmedizin für Verantwortliche und Mitarbeiter eine orientierende Bezugsebene geschaffen, bei der sie selbst – jeder in seiner Rolle – in der praktischen Durchführung durch Anregungen, Vorschläge und Debatten ihren aktiven Part einnehmen sollen.

Ziel der Tätigkeit ist, die Gesundheit zu schützen und zu fördern und die Arbeitsfähigkeit aufrechtzuerhalten, für ein sicheres und gesundes Arbeitsumfeld zu sorgen sowie die Anpassung der Arbeit an die Fähigkeiten der Betroffenen unter Berücksichtigung ihres Gesundheitszustandes zu fördern. Wobei die zentrale Zielsetzung jeglicher Tätigkeit die Primärprävention von Berufskrankheiten und Arbeitsunfällen ist im Sinne der Festlegung des gemeinsamen Arbeitskomitees der ILO und WHO.

Mit dieser Aufgabe befasst sich eine Vielzahl von Fachdisziplinen, da Arbeit und Gesundheit eine Schnittstelle zwischen Technologie und Gesundheit bildet und somit technische, medizinische, gesellschaftliche und rechtliche Aspekte miteinander verbindet.

Jeder Beruf hat seine eigenen Verantwortlichkeiten; eindeutige Sichtweisen ethischer Zusammenhänge sind daher für alle unabdingbar.

Elementare Anforderungen für einwandfreie Verfahren im Bereich “Arbeit und Gesundheit” sind u.a. abhängig von beruflicher Unabhängigkeit. Berufstätige auf dem Gebiet der Arbeitsmedizin müssen in der Ausführung ihrer Tätigkeiten absolute berufliche Unabhängigkeit genießen. Sie müssen sich die nötigen Kompetenzen aneignen und diese erhalten, um sicherzustellen, dass sie ihrer Tätigkeit in guter Praxis und nach höchstem ethischen Standard nachgehen können.

Bei der Ausübung der Tätigkeit sind Beurteilungen vorzunehmen und Empfehlungen auszusprechen nach bestem Wissen und Gewissen. Dies bedarf höchster beruflicher Standards, ausreichende personelle Besetzung, Schulungen, Fortbildungen, Kenntnis der rechtlichen Gegebenheiten, uneingeschränkter Zugang zu den Arbeitsplätzen (Arbeitsumfeld, Arbeitsplatzanalysen) und Zugang zu allen verantwortlich agierenden Gesprächspartnern.

Zu den Pflichten und Aufgaben gehören u.a.: Validierte Methoden der Risikoeinschätzung und effektive Präventionsmaßnahmen evaluativ anzuwenden, fachkundigen und ehrlichen Rat geben zu können, steten Kontakt zu allen relevanten inner- und außerbetrieblichen Stellen zu pflegen, gut unterrichtet und mit der Arbeit und dem Arbeitsumfeld vertraut zu bleiben, routinemäßig Arbeitsplätze zu inspizieren, an Programmen der beruflichen Sicherheits- und Gesundheitsstrategien mitzuwirken, die an den Bedürfnissen des Unternehmens und der Arbeitsplätze angepasst sind, um bei Störfällen mögliche Konsequenzen zu minimieren;

Wo Unsicherheiten sind, müssen diese kenntlich gemacht und mit anderen Experten und mit den Betroffenen beratschlagt werden.

Berufsgeheimnisse dürfen nicht preisgegeben werden, jedoch dürfen Schutzinformationen für die Sicherheit und Gesundheit niemals zurückgehalten werden; der persönliche Datenschutz und die Aufrechterhaltung des Arztgeheimnisses müssen gewährleistet und der Missbrauch verhindert werden; beurteilte Methoden und Verfahren zur Gesundheitsüberwachung sollten festgelegt und den Betroffenen mitgeteilt werden; über gefährdeten Gesundheitszustand betr. Arbeitssituationen – auch dritter – muss aufgeklärt werden.

Kommunikation und eine intakte Wahrnehmungsfähigkeit sind Vorbedingungen für eine kooperative Verhaltensweise beim Informationsaustausch, sie fördern die Sozialkompetenz, auf Mitmenschen in einer konstruktiven Weise und situationsangemessen eingehen zu können, immer mit dem Ziel, die Sachebene nicht zu überschreiten. Aber das muss gelernt sein: Bewusstsein kommt von Wissen. Die positive “Selbstdarstellung” hierbei ist kein eitler Selbstzweck, sondern gehört zum Grundhandwerk der Argumentationskunst. Die Inhalte des knappen Gutes “Wahrnehmung” in einer informations- und reizüberflutenden Gesellschaft werden auch durch “Spindoctors” und “PowerPoint” nicht glaubwürdiger; es gilt immer noch der Satz: “Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen.”

Um sich den steten Aufgaben stellen zu können, Gefahren identifizieren, beurteilen und mitteilen zu können, sich der Verantwortung bewusst zu sein und einen Beitrag leisten zu können, bedarf es einer fundierten Aus- und Weiterbildung, gilt es doch auch, in beruflicher Unabhängigkeit negativer Beeinflussung zu entgehen und Interessenskonflikte aller Art zu vermeiden. Das fängt beim Arbeitsvertrag an und hört mitnichten bei der medizinischen Diskretion auf. Ziel sollte auch sein, mit geeigneten Standards kontinuierlich die berufliche Praxis zu verbessern.

Stellung beziehen können nur gut ausgebildete Menschen in einer positiven Grundstimmung ohne Hemmnisse. Zur Grundlagenausbildung gehört die Epidemiologie als wichtigstes Merkmal der Erkenntnisgewinnung über den arbeitenden Menschen. Es darf nicht heißen: “wir brauchen kein Fachpersonal, Aktionen sind gefragt, egal, in welchem Bereich.”

Ein “Public-Health-Experte” ist nicht nur einer, der andere – sog. unwissende Weisungsempfänger, herausgeholt aus der Schweigekammer – besser schieben kann nach dem Motto, ein Schoßhündchen steckt man nicht in die Abendrobe.

Das Europäische Parlament weist in seiner “Entschließung zur Förderung von Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz” (2004/2205 (INI)) darauf hin, dass die Präventionskultur durch eine stärkere Einbeziehung von Fragen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz in die Grundausbildung, Programme für Auszubildende und die Weiterbildung gestärkt werden muss. Es fordert die Kommission auf, den sozialen Dialog über Sicherheit und Gesundheitsschutz zwischen den Sozialpartnern zu fördern und fordert die Mitgliedstaaten auf, den sozialen Dialog am Arbeitsplatz betreffend die Arbeitsumwelt zu fördern, wobei der Information der Arbeitnehmer Priorität einzuräumen ist.

Wenn in Deutschland die Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenschwester so ist, wie sie in den 60er- und 70er- Jahren in Schweden war (Deutsches Ärzteblatt/Jg. 101/Heft 45/ vom 05.11.04), dann ist nicht durchsichtig, ob Deutschland z.Zt. in diesen internationalen Ethikkodex für alle Berufstätigen auf dem Gebiet Arbeit und Gesundheit mit einbezogen ist.

Auf Gänsegeschnatter von Kleinstadtbürgern wird nicht viel gegeben, Leuchttürme nur für die Wirtschaft? Ein sich Zurückziehen auf “Medizinische Hilfs- und Verwaltungskräfte” allein, und vom Fach keine Ahnung? Diese Traditionsrituale erhellen keine Zukunft.

Die Grundlage der Unwissenheit wird in der Schule gelernt. Dafür ist die Gesellschaft verantwortlich.

VAF e.V.

Vorstand

Auf Wunsch schicken wir Ihnen gerne eine aktualisierte Fassung des “Internationalen Ethikkodex für Berufstätige auf dem Gebiet Arbeit und Gesundheit” (ICOH) zu.

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