Welches Datenschutzrecht ist auf
ambulante Arztpraxen anwendbar?
Sämtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer Arztpraxis unterliegen zunächst persönlich der beruflichen Schweigepflicht (Patientengeheimnis), sei es als Arzt oder als „ihre berufsmäßig tätigen Gehilfen“ bzw. Personen, „die bei ihnen zur Vorbereitung auf den Beruf tätig sind“ (§ 203 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 S. 2 Strafgesetzbuch). Die ärztliche Schweigepflicht ist zudem in den Berufsordnungen der Landes-Ärztekammern besonders geregelt. Außerdem unterliegen die Arztpraxen als private Stellen den Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes (1. und 3. Abschnitt, §§ 1–11, 27 ff. BDSG).
Was dürfen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einer Arztpraxis
untereinander an Informationen
austauschen?
Grundsätzlich gilt das Patientengeheimnis auch innerhalb einer Arztpraxis. Gegenüber den „Gehilfen“, also z.B. der Sprechstundenhilfe oder der Laborassistentin, darf die Ärztin oder der Arzt aber alles mitteilen, was zur Aufgabenerfüllung, also zur Behandlung erforderlich ist. Aus diesem Grund unterliegt auch dieser Personenkreis der beruflichen Schweigepflicht.
Gibt es bzgl. des internen
Datenaustausches einen Unterschied zwischen einer Gemeinschaftspraxis und einer Praxisgemeinschaft?
Ja! In einer Gemeinschaftspraxis dürfen sich die Ärztinnen und Ärzte gegenseitig vertreten. Sie gehören alle einem Behandlungsteam an. Dies bedeutet auch, dass sie sich gegenseitig über Patientinnen und Patienten austauschen dürfen. Es wird jeweils nur eine gemeinsame Patientenakte geführt. In einer Praxisgemeinschaft besteht der Behandlungsvertrag nur mit einem Arzt. Dieser darf sich nicht mit seinen Kollegen austauschen, es sei denn, vom Patienten liegt eine Einwilligung hierzu vor. Haben die Ärzte in einer Gemeinschaftspraxis gemeinsam Hilfspersonen (Sprechstundenhilfe, Labor), so sind diese befugt, soweit erforderlich, Informationen von sämtlichen Patientinnen und Patienten zu erfahren.
Darf mein behandelnder Facharzt
meinen Hausarzt über einen Befund unterrichten, ohne mich zuvor gefragt zu haben?
Ja. In allen Berufsordnungen der Ärztekammern ist ausdrücklich geregelt, dass Ärzte, ,,die gleichzeitig oder nacheinander denselben Patienten untersuchen und behandeln“, insoweit von der Schweigepflicht befreit sind, als das Einverständnis des Patienten besteht oder anzunehmen ist. Wenn ein Patient ausdrücklich einer Weitergabe widerspricht, darf auch keine Mitteilung erfolgen. Auch wenn eine Behandlung im Rahmen der so genannten „integrierten Versorgung“ oder nach dem „Hausarztmodell“ erfolgt, ist eine ausdrückliche Einwilligung erforderlich.
Teilweise werde ich als Patient schon vor der ersten Untersuchung
aufgefordert, einen umfangreichen Anamnesebogen auszufüllen mit
vielen, teilweise intimen Fragen.
Muss ich diesen Bogen ausfüllen?
Zweck des Anamnesebogens ist Zeitersparnis und ein effektiver Betriebsablauf. Kein Patient ist verpflichtet, gegenüber dem Arzt irgendwelche bestimmten Angaben zu machen. Erhält aber ein Arzt nicht genügend Informationen, um seine Behandlung durchzuführen, so kann er, abgesehen von Notfällen, die Behandlung verweigern. Da Anamnesebögen standardisierte Fragen für alle Patientinnen und Patienten enthalten, sollten die Bögen nur Fragen enthalten, die für die meisten Behandlungen erforderlich sind. Außerdem sollte jeder Fragebogen einen Hinweis darauf enthalten, dass eine Beantwortung der Fragen freiwillig ist.
Ich bin Privatpatient und erhalte die Arztrechnung immer von einer
ärztlichen Verrechnungsstelle, ohne dass ich hierzu meine Einwilligung
erteilt habe. Ist das in Ordnung?
Nein! Mit der Einschaltung einer externen Verrechnungsstelle ist eine Offenbarung von Patientengeheimnissen verbunden. Diese Offenbarung ist nur zulässig, wenn vom Patienten zuvor eine Einwilligung hierzu erteilt worden ist. Ein Schild mit einem Hinweis oder eine kurze mündliche Information genügen nicht. Vielmehr muss die Einwilligung in die externe Abrechnung i.d.R. schriftlich erfolgen. Sie ist nur dann wirksam, wenn zuvor eine umfassende Information erfolgt ist, z.B. durch ein Merkblatt.
Mein Arzt verlangt von mir eine Einwilligung zur Datenweitergabe an einer ärztliche Verrechnungsstelle/zur
Nutzung der Daten für
Forschungszwecke. Kann ich durch
eine Verweigerung der Einwilligung Nachteile haben?
Nur in Notfällen ist ein Arzt zur Behandlung verpflichtet, auch wenn eine erbetene Einwilligung verweigert wird. Dessen ungeachtet ist es aber unbillig, eine Behandlung davon abhängig zumachen, dass bestimmte Einwilligungen erteilt werden. Im Konfliktfall kann ein Patient nach der Behandlung seine Einwilligung widerrufen. Eine solche Rücknahme der Einwilligung ist für den Arzt verbindlich und darf nicht zu Nachteilen führen.
Habe ich als Patient Anspruch auf
Einblick in meine Patientenakte?
Ja! Jede Patientin bzw. jeder Patient darf die zur eigenen Person geführte Patientenakte einsehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bezieht sich dieses Recht auf sämtliche dokumentationspflichtigen objektiven Sachverhalte und medizinischen Feststellungen, nicht aber auf subjektive persönliche Bemerkungen des Arztes. Sind in den Unterlagen Angaben über Dritte enthalten, so kann insofern die Einsicht eingeschränkt werden. Die Akteneinsicht darf grds. nicht aus Gründen der Gesundheitsfürsorge verweigert werden. Das Recht geht vom informierten und mündigen Patienten aus, dessen Behandlung nur dann erfolgreich sein kann, wenn er bei Bedarf umfassend über Diagnose und Therapie informiert ist. Soweit Patientendaten in Dateien gespeichert sind, besteht nach § 34 BDSG ein uneingeschränkter Auskunftsanspruch gegen den Arzt.
Wie lange dürfen bzw. müssen
Patientenakten aufbewahrt werden?
Nach ärztlichem Standesrecht müssen medizinische Dokumente mindestens 10 Jahre aufbewahrt bleiben. Sie müssen danach vernichtet werden, wenn sie nicht mehr benötigt werden. Dies ist spätestens nach 30 Jahren der Fall, da nach dieser Zeitspanne gegenüber dem Arzt keine zivilrechtlichen Ansprüche mehr erhoben werden können. Bei dateimäßiger Datenverarbeitung sind die medizinischen Angaben zu sperren, sobald sie für den ursprünglichen Behandlungszweck nicht mehr benötigt werden (§ 35 Abs. 3 BDSG).
Beim Besuch einer Arztpraxis erfahren die anderen Patienten ohnehin
allerhand über mich. Ist das in Ordnung?
Nein! Eine Arztpraxis muss so organisiert sein, dass während des Betriebs keine Patientengeheimnisse an Unbefugte bekannt werden. Dies beginnt damit, dass Empfangs-, Warte- und Behandlungsbereiche so voneinander getrennt sein müssen, dass andere Personen medizinische Gespräche nicht mithören können. Die ärztlichen Unterlagen und auch die Computer sind so unterzubringen, dass daraus keine – auch nicht zufällig – Informationen von Dritten in Erfahrung gebracht werden können. Insbesondere bei der Behandlung ist sicherzustellen, dass sich andere unbeteiligte Patientinnen oder Patienten nicht im gleichen Raum befinden.