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Erwische Menschen, wenn sie gut sind!

Die Auflösung lieferte Moderator Reinhard R. Lenz (Institut Input GmbH). Menschen gehen in den Zirkus und holen den Trapez-Akrobaten, der gerade den vierfachen Salto vorführt, nicht aus der Zirkuskuppel. Das Publikum staunt und applaudiert. Warum greift im Betrieb selten jemand ein, wenn ein Kollege risikoreich arbeitet?

Im Kongresssaal 1 hatten sich ca. 300 Sicherheitsbeauftragte eingefunden. Warum das Eingreifen im betrieblichen Alltag genauso schwierig ist, beruht im Wesentlichen auf drei Gründen:

  1. Jede Teilnehmerin bzw. jeder Teilnehmer empfindet lediglich 1/300 Verantwortung (Verantwortungsdiffusion). Das individuelle Empfinden von Verantwortlichkeit ist geschwächt.
  2. Situationen sind nicht immer eindeutig. Da 299 andere Besucher nicht reagieren, scheint der eigene Eindruck einer hohen Gefahr falsch zu sein. Das Zögern aller führt zu dem möglichen Irrtum, dass die Situation ungefährlich ist (pluralistische Ignoranz).
  3. Eingreifen kann auf unterschiedlichste Art und Weise geschehen. Es besteht aber schnell eine Unsicherheit, ob die Art des eigenen Eingreifens von allen anderen mitgetragen wird (Bewertungsangst).

Es ist also nicht immer die Ellenbogengesellschaft, Herzlosigkeit oder das Volk von „abgebrühten Egoisten“, sondern es gibt gute Gründe, warum eine Gruppe von Personen in Erstarrung verfällt. Ist eine einzelne Person allein unterwegs und beobachtet eine Gefährdung, greift sie eher ein, als wenn sie Teil einer größeren Gruppe ist. In einer größeren Gruppe braucht es jemanden, der die Erstarrung auflöst und Initiative ergreift. Ein Trick liegt darin, kleine Aufgaben auf mehrere Schultern zu verteilen. Setzen sich die ersten Teilnehmer in Bewegung, können die Aufgaben schwieriger werden. Viele warten darauf und freuen sich darüber, wenn jemand kommt und ihnen sagt, was sie tun sollen.

Mit dem Wunsch zur Weiterentwicklung einer vorhandenen Sicherheitskultur geht die Vorstellung einher, dass Gruppen sich selbst verbessern und Kolleginnen und Kollegen sich gegenseitig auf Gefahren hinweisen bzw. sicherheitswidrige Verhaltensweisen korrigieren. Diese Absicht funktioniert bei hoch ausgebildeter Sozialkompetenz oder bei Kolleginnen und Kollegen, die sich sehr gut verstehen.

Einerseits braucht es jemanden, der einen Drang zur Korrektur verspürt (Sendungsbewusstsein) und auf der anderen Seite braucht es jemanden, der sich korrigieren lässt. Nicht selten steckt ein Widerspruch innerhalb einer Person. Man möchte gern anderen etwas sagen aber wenn man selbst angesprochen wird, greift ein Abwehrreflex. Das Signal „Warn mich!“ hilft, nicht an den Falschen zu geraten. Die Kennzeichnung mit dem Symbol kann nur freiwillig sein. Die Bedeutung des Signets muss breit kommuniziert werden (s. www.institut-input.de/ warn-mich!.html).

Das dieses Anliegen bei 100, 1.000 oder mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht mal eben auf Anweisung gelingt, dürfte klar sein. Es empfiehlt sich, klein anzufangen, Erfahrungen zu sammeln und dann auszuweiten. In der Eröffnungsveranstaltung zum Tag der Sicherheitsbeauftragten wurde das Symbol „Warn mich!“ Erstmalig verteilt. Die anwesenden Sicherheitsbeauftragten, deren hoheitliche Aufgabe darin besteht, Kolleginnen und Kollegen zu sicherem Arbeiten zu motivieren, wurden aktiviert. Diese Gruppe wurde gleichzeitig animiert, sternförmig über die Bedeutung des Zeichens zu reden und für die Verbreitung zu werben. Es unterstützt den Prozess, wenn parallel alle Führungskräfte informiert werden (und sich natürlich beteiligen dürfen).

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