Die Corona-Pandemie hat dazu geführt, dass die Digitalisierung in der deutschen Wirtschaft stark an Bedeutung gewonnen hat. Zugleich wurden aber vielen Unternehmen auch die eigenen Defizite bei den bisherigen Digitalisierungsbemühungen vor Augen geführt. Und es besteht die Gefahr, dass die digitale Spaltung in der Wirtschaft weiter zunimmt, da nicht alle Unternehmen gleichermaßen in der Lage sind, ihre Digitalisierungsanstrengungen zu intensivieren. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage unter 605 Unternehmen mit 20 oder mehr Mitarbeitern aller Branchen im Auftrag des Digitalverbands Bitkom. „Die Corona-Pandemie ist eindeutig ein Digitalisierungstreiber für die deutsche Wirtschaft“, sagte Bitkom-Präsident Achim Berg bei der Vorstellung der Studie. „Die gute Nachricht ist: Die Unternehmen wollen etwas tun und die Digitalisierung vorantreiben. Die schlechte Nachricht: Längst nicht alle sind dazu in der Lage.“
Digitalisierte Unternehmen kommen besser durch die Krise
Mehr als 8 von 10 Unternehmen (84 Prozent) geben an, dass durch die Corona-Pandemie die Digitalisierung für das eigene Unternehmen an Bedeutung gewonnen hat. 86 Prozent sagen dies für die gesamte Wirtschaft. Zugleich glaubt keiner der Befragten, dass die Digitalisierung für das eigene Unternehmen oder die Wirtschaft durch die Pandemie an Bedeutung verloren hat. Ein Rekordwert von 97 Prozent der Unternehmen sieht im November die Digitalisierung vor allem als Chance für das eigene Unternehmen, im April lag der Wert mit 90 Prozent noch deutlich darunter. Und 7 von 10 (70 Prozent) meinen, dass Unternehmen, deren Geschäftsmodell bereits digitalisiert ist, besser durch die Corona-Pandemie kommen. „Unternehmen lassen sich über Corona hinaus gegen Krisen immunisieren, indem sie konsequent digital aufgestellt werden“, so Berg. 54 Prozent der Unternehmen geben an, dass ihnen digitale Technologien helfen, die Pandemie zu bewältigen.
Insgesamt hat die Corona-Pandemie die deutsche Wirtschaft hart getroffen.
Zwei Drittel (69 Prozent) der Unternehmen sind nach eigenen Angaben bisher „sehr schlecht“ (40 Prozent) oder „eher schlecht“ (29 Prozent) durch die Krise gekommen. Nur 29 Prozent sind mit Blick auf Corona hingegen „eher gut“ (20 Prozent) oder „sehr gut“ (9 Prozent) unterwegs. 6 von 10 (61 Prozent) Unternehmen erwarten, am Ende „eher geschwächt“ (32 Prozent) oder „deutlich geschwächt“ (29 Prozent) dazustehen. Gerade einmal 11 Prozent erwarten „eher gestärkt“ (7 Prozent) oder „deutlich gestärkt“ (4 Prozent) aus der Krise hervorzugehen. Und rund jedes dritte Unternehmen (32 Prozent) hält es sogar für „eher wahrscheinlich“ (20 Prozent) oder „sehr wahrscheinlich“ (12 Prozent), dass es in direkter Folge der Corona-Pandemie Insolvenz anmelden muss.
Jeder Vierte sieht sich als Vorreiter bei der Digitalisierung
Die verstärkte Beschäftigung mit der Digitalisierung im Zuge der Corona-Pandemie hat aber zugleich dazu geführt, dass deren Stand im eigenen Unternehmen deutlich kritischer eingeschätzt wird. So sieht sich nur noch rund jeder Vierte (27 Prozent) als Vorreiter bei der Digitalisierung. Im April lag der Wert noch bei 36 Prozent, 2019 sogar bei 39 Prozent. Umgekehrt räumen aktuell 71 Prozent ein, zu den Nachzüglern zu gehören – verglichen mit 60 Prozent im April und 55 Prozent vor einem Jahr. Gefragt nach einer Bewertung des Digitalisierungs-Standes auf einer Schulnoten-Skala geben die Manager ihrem Unternehmen gerade einmal ein „befriedigend“ (3,4). Berg: „Beim Blick auf die Digitalisierung gibt es viel Selbstkritik. Daraus darf jetzt aber auf keinen Fall Resignation folgen, wir müssen an die Arbeit gehen.“
Aus Bitkom-Sicht ist ermutigend, dass Corona die Digitalisierung in den Unternehmen voranbringen wird. 61 Prozent erwarten ganz allgemein einen Innovationsschub. Etwas mehr als die Hälfte (54 Prozent) rechnet damit, dass die Corona-Pandemie die Digitalisierung im Unternehmen langfristig vorantreiben wird.
Viele konkrete Digitalisierungsmaßnahmen
Konkret ergreifen die Unternehmen in drei Bereichen Digitalisierungsmaßnahmen aufgrund der Corona-Pandemie: Bei der Technologie, bei Geschäftsprozessen und bei den Mitarbeitern. 75 Prozent haben neue Software angeschafft oder planen dies, 70 Prozent haben Hardware wie Laptops oder Smartphones gekauft oder haben dies vor und 58 Prozent haben eine digitale Infrastruktur wie VPN-Zugänge oder ein Intranet aufgebaut oder planen dies. Ziel dieser Investitionen ist es, die Prozesse im Unternehmen zu digitalisieren. 81 Prozent der Unternehmen nutzen seit der Corona-Pandemie Videokonferenzen statt persönlicher Treffen oder planen dies, 79 Prozent digitale Kollaborationstools wie Microsoft Teams oder Slack. Jeweils 63 Prozent setzen auf digitale Dokumente statt Papier und digitale Signaturen, 38 Prozent haben Beratungsleistungen zur Digitalisierung in Anspruch genommen. Mit Blick auf die Mitarbeiter haben 70 Prozent Homeoffice eingeführt oder haben das noch vor, 43 Prozent geben dies für digitale Weiterbildung an, 35 Prozent für die Digitalisierung des Recruitings von neuen Mitarbeitern und 23 Prozent haben digitale Mitarbeiterevents durchgeführt oder haben das noch vor. 9 Prozent haben darüber hinaus Digitalisierungsexperten eingestellt oder wollen dies tun. „Alle befragten Unternehmen haben irgendetwas unternommen, um selbst digitaler zu werden“, so Berg. „Erfolg entsteht aus einer Kombination von der Einführung neuer Technologien, der Digitalisierung der eigenen Prozesse und insbesondere der Qualifizierung der Mitarbeiter.“
Wichtigste Ziele all dieser Maßnahmen sind der Studie zufolge gleichermaßen, die Arbeitsfähigkeit des eigenen Unternehmens in der Krise sicherzustellen (96 Prozent) und besser auf künftige Krisen vorbereitet zu sein (96 Prozent). Darüber hinaus wollen aber 6 von 10 Unternehmen (59 Prozent) die Krise auch nutzen, um Versäumnisse bei der Digitalisierung des Unternehmens aufzuholen. Und fast jedes Zweite (46 Prozent) plant, das eigene Unternehmen nachhaltig zu digitalisieren, um sich so neue Geschäftsfelder zu erschließen.