02-Mensch_und_Umwelt

Artensterben, Trockenheit und Hitzewellen – wie kann sich Deutschland anpassen?

Die Klimawirkungs- und Risikoanalyse 2021 für Deutschland hat Anpassungspotenziale untersucht und Handlungserfordernisse identifiziert. Expertinnen und Experten aus 25 Bundesbehörden und -institutionen aus neun Ressorts, die im Behördennetzwerks „Klimawandel und Anpassung“ zusammenarbeiten, haben die Studie im Auftrag der Bundesregierung als Teil der Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel (DAS) erarbeitet.

Mit der Deutschen Klimaanpassungsstrategie (DAS) hat die Bundesregierung 2008 den strategischen Rahmen gesetzt, um den Folgen des Klimawandels zu begegnen. Ein Netzwerk aus allen Bundesressorts und von 28 Bundesoberbehörden soll dabei helfen, unsere Gesellschaft langfristig und sozial verträglich gegen die Folgen des Klimawandels zu wappnen.

1,6 Grad Celsius wärmer als vor der Industrialisierung

In der Studie wurden zwei Szenarien erarbeitet: Ein pessimistischer Fall mit starker Erderwärmung bei einem Temperaturanstieg von +3 Grad Celsius im Jahresmittel in Deutschland und ein optimistischer Fall mit schwächerer Erwärmung bei einem Temperaturanstieg von +2,4 Grad Celsius. Derzeit liegen die Temperaturen in Deutschland bereits 1,6 Grad Celsius über dem Referenzwert aus der vorindustriellen Zeit.

Zwei zentrale Aussagen ziehen sich durch alle Bereiche: Die von der Erderwärmung betroffene Öko-, soziale und Wirtschaftssysteme beeinflussen sich gegenseitig und benötigen für die Anpassung an den Klimawandel die gleichen Ressourcen (wie etwa Wasser oder Fläche). Der Wandel beginnt fast immer in den Ökosystemen und am Ende betroffen ist in vielen Wirkungsketten die menschliche Gesundheit.

Klimarisiken und -wirkungen

Die wichtigsten Risiken gehen unter anderem von folgenden Wirkungsketten aus:

  • Natürliche Lebensgrundlagen (Böden, Wälder, Gewässer) leiden besonders unter zunehmender Trockenheit. Die Existenz von auf diese Ressourcen angewiesenen Wirtschaftssystemen (Fischerei, Land- und Fortwirtschaft) ist bedroht.
  • Ökosysteme in Gebirgen oder im Wattenmeer sind bedroht, weil die Temperaturerhöhung dazu führt, dass Anbauregionen verschoben werden, neue Schädlinge auftreten und sich das Artenspektrum verändert.
  • Die biologische Vielfalt ist bedroht, weil Arten sich nicht mehr anpassen können und aussterben.
  • Die menschliche Gesundheit ist bedroht durch Hitzewellen, deren Häufigkeit, Dauer und Intensität wahrscheinlich zunehmen werden. Auch verstärktes Aufkommen von Allergien durch mehr Pollen, sowie Atembeschwerden durch schlechtere Luftqualität sind zu erwarten.
  • Gebäude, Anlagen und Verkehrswege sind durch Starkregen und Überschwemmungen einem Risiko ausgesetzt.
  • Der Meeresspiegelanstieg an den Küsten bedroht langfristig Öko-, soziale und Wirtschaftssysteme.
  • Der Klimawandel betrifft alle Länder der Erde und beeinflusst damit auch Wirtschaftssysteme, die von internationalen Lieferketten abhängig sind.

Ein Klimarisiko ist das Potenzial für nachteilige Folgen, die durch den Klimawandel verursacht werden oder mit ihm verbunden sind, weil sie aus der menschlichen Reaktion auf den Klimawandel entstehen. Eine Klimawirkung ist eine bereits beobachtete oder mögliche zukünftige, relevante Auswirkung des Klimawandels auf ein Öko-, Wirtschafts- oder soziales System in einem bestimmten Zeitraum.

Räumliche Verteilung

Die Studie zeigt eine klare Tendenz: Heute sind hierzulande nur wenige Regionen von Hitze, Starkregen oder Trockenheit betroffen. Dagegen wird bei einem starken Klimawandel Ende des Jahrhunderts ganz Deutschland zu einem Hotspot für Risiken des Klimawandels.

Maßnahmen brauchen Zeit,
bis sie wirken

Die Temperatur in Deutschland hat sich bereits um 1,6 Grad Celsius gesteigert – auch mit der von der Bundesregierung geplanten Minderung des Treibhausgasausstoßes sind Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel nötig.

Anlässlich der Veröffentlichung der Studie sagte Bundesumweltministerin Svenja Schulze: „Der Klimawandel bedroht die Lebensgrundlagen kommender Generationen und schränkt ihre Freiheiten ein. Die wichtigste Vorsorge ist entschlossener Klimaschutz. Doch auch für die bereits nicht mehr vermeidbaren Folgen des Klimawandels ist eine umfassende Vorsorge nötig: Deutschland braucht mehr Bäume in den Städten, mehr Grün auf den Dächern, mehr Raum für die Flüsse und vieles mehr. Und es muss schnell gehen, denn viele Maßnahmen brauchen Zeit, bis sie wirken.“

Böden schonend bewirtschaften, Küsten schützen

Um natürliche Lebensgrundlagen zu schützen, soll zusätzlich zu Klimaschutzmaßnahmen der Nutzungsdruck verringert werden. So können die Ökosysteme einen Teil ihrer Energie darauf verwenden, sich besser an das sich verändernde Klima anzupassen. Beispielsweise sollen Ökosysteme vor Überbeanspruchung geschützt werden und weniger Schadstoffe in Gewässer und Böden eingetragen werden.

Einige Anpassungsmaßnahmen wie Hochwasserschutzprogramme oder Waldumbau zu standortgerechten Mischwäldern wurden eingeleitet oder funktionieren bereits gut. Sie werden jedoch bei einem starken Klimawandel nicht ausreichen. Andere Maßnahmen sollten noch konsequenter umgesetzt werden. Dazu zählt etwa, Landwirtschaftsflächen zum Schutz vor Dürreperioden bodenschonend zu bewirtschaften, Gebäudeschutz vor Starkregen sowie Küstenschutz und Entwässerungsmaßnahmen zum Schutz vor dem ansteigenden Meeresspiegel. Weitere tiefgreifende Maßnahmen werden jedoch ebenso nötig sein. Hierzu zählen insbesondere die Begrünung in Städten und die wasserbewusste Siedlungsentwicklung.

Akzeptanz schaffen

Viele Anpassungsmaßnahmen brauchen sehr lange, um effektiv zum Klimaschutz beizutragen. Daher ist sehr schnelles Handeln gefragt: So benötigen neu angepflanzte klimaangepasste Stadtbäume viele Jahre, bis sie wirksam die Temperatur in Städten senken können. Menschen sollten umfassend zum Umgang mit Klimawandel und Erderwärmung geschult werden, um die Risiken bei allen staatlichen, unternehmerischen und privaten Planungen optimal zu berücksichtigen. Ebenfalls bedarf es vermehrter Motivation und Akzeptanz für Klimaanpassungsmaßnahmen.

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