Studie: Beruf und Familie nur schwer vereinbar
Jedes sechste Unternehmen ignoriert Familien
62 Prozent der Eltern in Deutschland sagen, dass Beruf und Familie bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber nur schwer zu vereinbaren sind. 16 Prozent der Frauen und Männer mit Kind müssen eingestehen, dass ihr Arbeitgeber gar keine einzige familienfreundliche Maßnahme anbietet. Das sind Ergebnisse der Umfrage Junge Familien 2015, für die im Auftrag der pronova BKK 1.000 Bundesbürger mit mindestens einem Kind unter 10 Jahren repräsentativ befragt wurden.
Allenorts wird eine neue Arbeitswelt propagiert, mit flexiblen Bürozeiten, Home-Office und Sabbaticals. Doch die Realität sieht noch anders aus. Obwohl oft gesagt wird, viele Jobs seien von überall aus möglich, erhalten nur 15 Prozent der Deutschen von ihrem Arbeitgeber die Möglichkeit zur Heimarbeit. Variable Arbeitszeiten fehlen in mehr als jedem zweiten Unternehmen. Selbst auf Teilzeitregelungen verzichten 59 Prozent der Arbeitgeber. Und 73 Prozent der befragten Bundesbürger vermissen es, beiden Dienstplänen mitreden zu dürfen, damit beispielsweise Schulferien und Kitazeiten berücksichtigt werden können. Ein Arbeitszeitkonto, auf dem beispielsweise Überstunden angesammelt werden, haben nur 28 Prozent der berufstätigen Eltern.
Darum geben auch nur 38 Prozent der Befragten an, bei ihnen seien Beruf und Familie gut zu vereinbaren. Oft mangelt es schon an den einfachsten Voraussetzungen im Job. Jede zweite Mutter oder jeder zweite Vater muss damit leben, dass nicht einmal familienfreundliches Verhalten unter Kollegen üblich ist. Der böse Blick, wenn der Sitznachbar das Kind von der Kita abholt oder die Diskussionen um Urlaub während der Schulferien sorgen für ein schlechtes Betriebsklima.
Deutsche Firmen sollten die Arbeitnehmer mit Kindern ernster nehmen, sagt Ulrich Rosendahl, Unternehmenssprecher der pronova BKK. Denn Studien besagen sogar, dass Eltern produktiver sind als ihre kinderlosen Kollegen. Zudem sind sie seltener krank. Gerade in Zeiten von zunehmendem Fachkräftemangel drohen diese effizienten Angestellten davonzulaufen, wenn ihnen nicht die passenden Rahmenbedingungen geboten werden.
Mit Betreuungsproblemen allein
Vor allem in Krisenfällen sind Arbeitnehmer mit Kindern dankbar für Hilfestellung ihres Unternehmens. Die Arbeitsniederlegung von Erziehern ging lange durch die Presse und stellte viele berufstätige Eltern vor ein Problem. Denn wenn in der Kita gestreikt wird, erhalten nur zehn Prozent der Eltern Verständnis vom Arbeitgeber. Auch die jährlichen Schulferien sind eine stete Herausforderung. Nur fünf Prozent der Eltern erhalten ein Ferienangebot für ihre Kinder. Nur neun Prozent haben einen Betriebskindergarten.
Jede sechste Familie in Deutschland bezeichnet ihren Arbeitgeber sogar als gar nicht familienfreundlich. Dort gibt es keine variablen Arbeitszeiten, keine Teilzeitmöglichkeit, keine Sonderregelung bei Kita-Streik und die Kollegen schauen böse, wenn Kollegen mit Kindern einmal früher gehen müssen.
Zur Studie
Die Umfrage Junge Familien 2015 wurde im September 2015 im Auftrag der pronova BKK online durchgeführt. Das Marktforschungsinstitut Toluna hat dafür 1.000 Bundesbürger mit mindestens einem Kind unter 10 Jahren im Haushalt repräsentativ befragt.
pronova BKK
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