Wenn Menschen ihrer Arbeit nicht nachgehen können, weil sie krank sind, können Gründe in der Arbeit liegen. Deshalb ist Prävention am Arbeitsplatz gefragt, um Fehlzeiten zu vermeiden. In unserem jährlichen Fehlzeiten-Report haben wir daher diesmal den Schwerpunkt auf das Betriebliche Gesundheitsmanagement gelegt und zwar genauer: wie Angebote auf einzelne Zielgruppen zugeschnitten werden können. Denn die Belastungen von zum Beispiel Führungskräften sind andere als die von Auszubildenden und diejenigen von Büroangestellten andere als die von Handwerkern.
Wenn sich eine Unternehmensleitung für Betriebliches Gesundheitsmanagement entscheidet, helfen wir, den Bedarf zu erheben, Abläufe zu optimieren und Mitarbeiterbeteiligung einzurichten, in denen Mitarbeiter Kritik und Vorschläge einbringen können und dann Unterstützung angeboten wird. Dazu gehören regelmäßige Gesundheitsberichte, in denen ein Betrieb seine Fehlzeiten auswertet, Befragungen der Belegschaft oder Interviews mit einzelnen Mitarbeitern. In Gesundheitszirkeln werden dann mit dem Betriebsrat, dem Betriebsarzt, Abteilungsleitern und Mitarbeitern Verbesserungsvorschläge erarbeitet. Das können gesundheitsfördernde Angebote sein wie Seminare zum Stressabbau oder auch Veränderungen am Arbeitsplatz, um etwa eine günstigere Körperhaltung zu erreichen, die Rückenschmerzen vermeidet. Solche Zyklen von Analyse, Maßnahme und Evaluation werden mehrfach durchlaufen und Ergebnisse durch Aushänge im Haus bekannt gemacht.
Es geht beim Gesundheitsmanagement in Unternehmen also nicht nur um Fitnesskurse, die derzeit in den Medien oft als Negativbeispiele angeführt werden. Diese sind allenfalls niedrigschwellige Angebote, um einen ersten Einstieg zu schaffen. Gesundheitsmanagement ist viel mehr: Es werden nachhaltige Prozesse eingeführt, um von der Arbeitsplatzgestaltung über Mitarbeiterführung bis hin zu gesunden Pausenzeiten die Arbeit so verträglich wie möglich einzurichten.
In die Gesundheit der Mitarbeiter zu investieren, ist kein Luxus, sondern eine Investition in die Zukunft, die im Wettbewerb der Unternehmen eine immer größere Bedeutung erlangt. Die Belegschaften werden älter, multikultureller, in manchen Branchen auch immer weiblicher. Jüngere Generationen schätzen zudem eine gute Work-Life-Balance als immer wichtiger ein. Gerade in Zeiten, in denen es an vielen Fachkräften mangelt, gilt es für die Unternehmen, gute Arbeitskräfte zu binden.
Eine wichtige Zielgruppe beim Betrieblichen Gesundheitsmanagement sind für die AOK die Auszubildenden. Die Hälfe aller 1,4 Millionen Auszubildenden ist bei der AOK versichert, und rund zwei Drittel aller Auszubildenden, die überhaupt mit Gesundheitsmanagement in Berührung kamen, waren an AOK-Projekten beteiligt. Auszubildende stehen am Anfang ihrer beruflichen Laufbahn, sie müssen sich neu orientieren, gleichzeitig wird hier ein Grundstein für ein mehr oder weniger gesundheitsbewusstes Verhalten im Arbeitsleben gelegt.
Eine Befragung unseres Wissenschaftlichen Institutes zeigt, dass ein Fünftel der Auszubildenden in Deutschland durch sein Verhalten überdurchschnittlich gefährdet ist, bei einem Zehntel trifft dieses Verhalten sogar bereits mit körperlichen und psychischen Beschwerden zusammen. Die gute Nachricht ist: Auszubildende sind gegenüber Angeboten durch den Betrieb sehr aufgeschlossen. Fast drei Viertel fänden Angebote gut, fast zwei Drittel von ihnen wünschen sich speziell auf Auszubildende zugeschnittene betriebliche Angebote.
Außerdem nutzen Auszubildende intensiv digitale Medien und sind oft online, wie die Befragung zeigt. Online-Angebote sind damit eine gute Möglichkeit, diese Gruppe zu erreichen und Interesse an Prävention zu wecken.
Der Gesetzgeber hat mit dem Präventionsgesetz, das im Juli in wesentlichen Teilen in Kraft getreten ist, deutlich gemacht, dass er sich bei Prävention insgesamt, aber auch in Betrieben mehr Engagement der gesamten Gesellschaft wünscht. Insbesondere hat er die Krankenkassen in die Pflicht genommen und Mindestausgaben je Versicherten festgelegt. Für uns als Gesundheitskasse hat Prävention schon seit langem einen hohen Stellenwert und wir werden unsere Vorreiterrolle und unser Engagement nun konsequent ausbauen.
Mit 4,61 Euro je Versichertem für Prävention insgesamt nahm die AOK wie auch in den vergangenen Jahren die Spitzenposition unter allen gesetzlichen Krankenkassen ein. Der gesetzliche Orientierungswert lag bisher bei 3,01 Euro. Durch das Präventionsgesetz steigt er ab 2016 auf 7 Euro.
Die grundsätzliche Stoßrichtung des Gesetzes, die Prävention in den sogenannten Lebenswelten in KiTas, Schulen oder Stadtteilen (Settings) auszubauen, begrüßen wir. Hier investieren wir mit ca. einem Euro je Versicherten fast sechsmal so viel wie die übrigen Kassenarten. Nur im Alltag schafft man Voraussetzungen für einen gesunden Lebensstil und faire Gesundheitschancen.
Zukünftig werden mindestens zwei Euro je Versicherten in das Betriebliche Gesundheitsmanagement fließen. Schon jetzt geben wir dafür fast so viel aus, wie alle anderen Kassen zusammen, und begleiten die Betriebe mit Gesundheitsprojekten langfristig, im Durchschnitt fast viereinhalb Jahre.
Wichtig ist uns, dass das Geld vor Ort bei den Menschen ankommt, wo es gebraucht wird. Im Vorfeld des neuen Gesetzes haben wir daher angemahnt, die vorhandenen Strukturen zu nutzen und auszubauen, der Gesetzgeber hat allerdings entschieden, noch zusätzliche Strukturen zu schaffen. Als Beispiel möchte ich die regionalen Koordinierungsstellen für Betriebliche Gesundheitsförderung nennen. Über diese sollen die Krankenkassen den Unternehmen in Zusammenarbeit mit Industrie- und Handelskammern sowie Innungen und Handwerkskammern Beratung und Unterstützung anbieten. Insbesondere Unternehmen, die bislang noch nicht über Betriebliche Gesundheitsförderung nachgedacht haben oder keinen Kooperationspartner finden konnten, sollen über die Koordinierungsstellen Unterstützung finden. Wir sind bisher schon engagiert auf die Unternehmen zugegangen, haben den Austausch zwischen ihnen untereinander angeregt und haben versucht, mehr von ihnen für Projekte zu gewinnen. Das werden wir in den regionalen Koordinierungsstellen fortsetzen.
Mit dem Präventionsgesetz hat die Gesetzliche Krankenversicherung den Auftrag erhalten, Prävention und Gesundheitsförderung zu gestalten. Den fehlenden politischen Willen, Prävention und Gesundheitsförderung als gesamtgesellschaftliche Querschnittsaufgabe gesetzlich zu verankern, werden wir als gesetzliche Krankenkassen versuchen, im Rahmen der nationalen Präventionskonferenz auszugleichen. Wir werden auf Bundes- und Landesebene die Ministerien einladen Bildung, Jugend, Arbeit und Soziales , mit uns gemeinsam eine nationale Präventionsstrategie zu entwickeln, in der sich jeder seiner Verantwortung stellt, um ein gesundes Leben für alle zu organisieren. In Zukunft werden wir außerdem prüfen, an welchen Stellen wir die guten Ergebnisse, die wir gemeinsam mit den Unternehmern und Belegschaften in den Betrieben erreichen, auf andere Lebenswelten übertragen können. Denn hier wie dort gilt, dass wir gesunde Lebensverhältnisse gemeinsam mit den Verantwortlichen in den Lebenswelten und den Menschen vor Ort organisieren müssen.