Arbeitsschutz

Auswirkungen von Einfluss- und Entwicklungsmöglichkeiten bei der Arbeit auf das Wohlbefinden der Einsatzkräfte (der Hilfsorganisationen und der Berufsfeuerwehr) im Rettungsdienst

Zusammenfassung Die vorliegende Studie untersucht Gesundheit im Rettungsdienst innerhalb und zwischen den Organisationen der Berufsfeuerwehr und den Hilfsorganisationen bezogen auf die Unterschiede der beruflichen Skalenmerkmale Anforderungen, Kontrollmöglichkeiten, gesundheitliche Beschwerden und Wohlbefinden. In einer Querschnittsstudie wurden die Ergebnisse einer Befragung mittels standardisiertem Fragebogen (COPSOQ, dt. Version, WHO-5) von 204 Einsatzkräften im Rettungsdienst der Hilfsorganisationen (RD HIO) mit denen der Gruppe des Rettungsdienstes der Berufsfeuerwehr (BFW) verglichen. Wie die Ergebnisse zeigen, führen weitreichende Handlungsspielräume sowie Einfluss- und Entwicklungsmöglichkeiten der Einsatzkräfte zu einem besseren Gesundheitszustand, höherem Wohlbefinden verbunden mit geringeren Stress- und Burnout-Ausprägungen. Vor diesem Hintergrund gilt zu beachten, dass die Faktoren Lebensalter und Dienstjahre von Einsatzkräften eine gewichtige determinierende Variable darstellen. Es zeigten sich signifikante Zusammenhänge zwischen Gesundheitszustand und Wohlbefinden und Beschwerden wie Stress und Burnout ebenso zu Einfluss- und Entwicklungsmöglichkeiten in Abhängigkeit vom Lebens- und auch Dienstalter. Die Ergebnisse verdeutlichen den Handlungsbedarf im Rettungsdienst, der sich sowohl aus der Betrachtung der individuellen Ressourcen (u. a. Gesundheit, Wohlbefinden) als auch der organisationsbezogenen Ressourcen (insbesondere Einfluss- und Entwicklungsmöglichkeiten) ergibt. Die Kompetenzerhöhung des Rettungsfachpersonals ist vor diesem Hintergrund eine ernstzunehmende und dringend umzusetzende Aufgabe der Organisationen im Rettungsdienst. Schlüsselwörter

· Rettungsdienst

· Berufsfeuerwehr

· Wohlbefinden

· Gesundheit

· COPSOQ

· Rescue service & fire department

· well-being

· state of health

· COPSOQ

Einleitung
Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels und damit verbundener Zunahme der älteren Erwerbstätigen – auch im Rettungsdienst – sind sowohl die Arbeitgeber als auch die Mitarbeiter selbst gefordert, die psychische und physische Gesundheit der Rettungsdienstmitarbeiter zu erhalten.1 In der Bundesrepublik Deutschland sind ca. 56.000 Personen im Rettungsdienst beschäftigt.2 Die durchschnittliche Verweildauer im Rettungsdienst beträgt 10,5 Jahre, da die Berufserwartungen oft nicht mit der Berufswirklichkeit korrelieren.3

Der Arbeitsalltag in der Notfallrettung ist durch den Einfluss physischer und psychischer Anforderungen und Belastungen geprägt, deren Intensität so in anderen Berufen kaum zu beobachten ist.4,5 Ein facettenreiches Anforderungs- und Kompetenzprofil kennzeichnet den Beruf des Rettungsassistenten, wechselnde Arbeitsbedingungen und Arbeitsanforderungen beeinflussen die psychische Stabilität, die Arbeitszufriedenheit sowie die Gesundheit unterschiedlich.6 Die Beteiligung an Entscheidungsprozessen ist ein weiteres Kriterium für die Arbeitszufriedenheit. Eine fehlende Partizipation ist der Auslöser für Unzufriedenheit und Fehlbeanspruchungen am Arbeitsplatz mit Folgeerscheinungen.7 Kreislaufstörungen, Magen-Darm-Erkrankungen, Fehlernährung und Übergewicht sind häufig Folgen der ungünstigen Arbeitszeitbedingungen.8

Zu den Belastungsmerkmalen zählen somit neben der Aufgabenstruktur, der Arbeitsumgebung, den psychologischen und den technischen Anforderungen auch das Arbeitsaufkommen, das Zeitmanagement, die Mehrfachbelastungen sowie die Rollen- und Interaktionsformen der Organisationsstruktur.9 Die Auswirkungen von Belastungen spiegeln sich sowohl in einer Minderung der Arbeitsqualität, einer schwankenden Leistungsfähigkeit, einer Beeinträchtigung von Wohlbefinden und Gesundheit als auch des Burnouts wider.10 Extreme Situationen sowie der Umgang mit schweren Erkrankungen oder Verletzungen sind ständige Begleiter der Einsatzkräfte und beeinflussen die Gesundheitsvariablen wie Burnout und psychisches Wohlbefinden.11

In Querschnittserhebungen zeigt sich, dass das Phänomen Burnout weniger mit potentiell traumatisierten Einsatzmerkmalen als vielmehr mit tätigkeitsbezogenen und arbeitsorganisatorischen Belastungen zusammenhängt.12, 13, 14

Gruppen mit einer günstigeren Ressourcenausstattung haben gesündere Einsatzkräfte mit einer höheren Verbundenheit zu ihrer Organisation.15 Bedeutende Einflussfaktoren dazu sind Commitment (Ausmaß der Identifikation bzw. Bekenntnis einer Person zu seiner Organisation), Alter, Ausbildungstand, Kompetenzen, Arbeitsbedingungen, Entscheidungsfreiheit, Herausforderungen der Arbeit, Führungsstil und Merkmale der Organisation.15

Job-Demand-Control- (Support)-Model (DCSM)
Zu den bedeutendsten arbeits- und organisationspsychologischen Anforderungs- und Ressourcenmodellen gehört das Job-Demand-Control-Model (JDCM) von Karasek und Theorell.16 Anhand des JDCM kann der Zusammenhang zwischen gesundheitlich relevanten Anforderungen, Belastungen sowie Belastungsfolgen abgebildet werden.17, 18 Das JDCM setzt sich mit den Themen der Arbeitsbelastung, der arbeitsbezogenen Gesundheit sowie der Organisationsentwicklung auseinander. Es bezieht sich auf Zusammenhänge zwischen Arbeitsanforderungen (job demand) und Handlungsspielraum/Kontrolle (control). Umfangreiche Handlungsspielräume und soziale Unterstützung wirken den negativen Berufsanforderungen protektiv entgegen.19 Johnson, Hall & Theorell20 erweiterten das Modell von Karasek um den Faktor der sozialen Unterstützung in Organisationen (social support) (DCSM). Die Einflussnahme und Kontrolle über die Ausführung der Arbeit sowie die an die Arbeit gestellten Anforderungen beeinflussen den Gesundheitszustand der Beschäftigten.21 Der in der vorliegenden Studie untersuchte Rettungsdienst ist durch eine Merkmalsliste hoher Anforderungen gekennzeichnet. Hohe Belastungen und Beanspruchungen, wie sie im Rettungsdienst vorkommen, sind zunächst wertneutral zu definieren und lassen sich nicht kausal mit einer Beeinträchtigung von Wohlbefinden verbinden.22

Zusammengefasst spiegelt das DCSM das gesundheitliche Risiko, resultierend aus den Arbeitsbelastungen (z. B. Zeit- und Leistungsdruck), den Kontrollmöglichkeiten (Handlungsspielräume) und der sozialen Unterstützung (z. B. durch Vorgesetzte) wider. Das Modell wird dem Anspruch gerecht, Gesundheit in der Form transparenter Vernetzung komplexer Bestandteile zu beschreiben. Damit ist eine Plausibilität geschaffen, die für Menschen unter hohen Anforderungen und Belastungen nutzbar wird, um nachvollziehbare Veränderungsprozesse für eine Gesundheitsorientierung einzuleiten.

Methode
Die Datenerhebung dieser quantitativen Querschnittsstudie erfolgte im Zeitraum Oktober 2010 bis Juni 2011 unter 475 Einsatzkräften aus den Rettungsdiensten der Hilfsorganisationen und den Berufsfeuerwehren. Befragt wurden Einsatzkräfte aus Sachsen Anhalt, Sachsen, Niedersachsen, Berlin und Brandenburg. Die Befragung erfolgte schriftlich mittels der standardisierten Erhebungsinstruments (Fragebogen) Copenhagen Psychosocial Questionnaire (COPSOQ)19 und dem Well-Being-Index der World Health Organization (WHO-fünf).23 Die Teilnahme an der Studie erfolgte freiwillig und anonym. Grundlage für die Auswahl dieser Stichprobe war eine mindestens einjährige, hauptamtliche, aktive Zugehörigkeit zum Rettungsdienst oder zur Feuerwehr. Die Rücklaufquote der Fragebögen betrug 42,9 % (N=204). Die Daten der externen Vergleichsgruppen (Tabelle 1) sind ein Auszug aus der COPSOQ-Datenbank der Freiburger Forschungsstelle für Arbeits- und Sozialmedizin (FFAS).24 Die Vergleichbarkeit der Daten untereinander ist durch die Verwendung des standardisierten COPSPOQ-Fragebogens gegeben.

Stichprobenbeschreibung
Von den befragten 204 hauptamtlichen Einsatzkräften (EK) beteiligten sich insgesamt 153 (75 %) Rettungsdienstfachkräfte (RD) der Hilfsorganisationen (HIO) und der Berufsfeuerwehr (BFW) und 51 (25 %) Berufsfeuerwehrfachkräfte (BFW ohne RD) an der Studie. Die Stichprobe setzte sich aus den folgenden Gruppen zusammen: 84 (41,2 %) EK der HIO, 120 (58,8 %) EK der Berufsfeuerwehr, von denen 69 (33,8 %) über eine zusätzliche Rettungsdienstausbildung verfügen. 197 (96,6 %) Einsatzkräfte waren männlichen Geschlechts, 7 (3,4 %) weiblichen Geschlechts. Das Durchschnittsalter der Rettungsdiensteinsatzkräfte (N=153) betrug 34,1 ± 7,14 Jahre, der BFW mit RD 36,0 ± 5,51 Jahre, der HIO 32,6 ± 7,94 Jahre.

Der Großteil der 153 befragten Einsatzkräfte aus dem Rettungsdienst war zum Erhebungszeitpunkt bereits länger als vier Jahre im Rettungsdienst. Die größte Anzahl der Einsatzkräfte war im Zeitraum zwischen dem 4. und 8. Dienstjahr zu finden, danach sank die Anzahl der Einsatzkräfte kontinuierlich.

Von den 153 Einsatzkräften arbeiteten 123 im 24-Stunden-, 17 im 12-Stunden- und 13 im 8-Stundenschichtmodell. Besonders zu beachten ist die Gruppe des Rettungsdienstes der Berufsfeuerwehr. Diese Gruppe fährt in einem 24-Stundenschichtmodell sowohl 12 Stunden Rettungsdienst als auch 12 Stunden Feuerwehr. Unter Berücksichtigung dieser Besonderheit kommt es zu einer Mehrheitsverschiebung des Schichtmodells, 54 EK im 24-Stunden- und 86 EK in den 12-Stundenschichtmodellen. Die Wochenarbeitszeit lag im Mittelwert bei 50,1 ± 7,19 Stunden, d. h. ca. 10 Stunden über der Regelarbeitszeit laut Arbeitszeitgesetz in Deutschland.

In Abhängigkeit des Einsatzgebietes fuhren 22,2 % EK in sehr dünn oder dünn besiedelten Wohngebieten und 77,8 % EK in dicht bis sehr dicht besiedelten Wohngebieten. Die durchschnittliche Einsatzfrequenz im RD variierte zwischen einem und zwölf Einsätzen in 12 Stunden, der Mittelwert der Einsatzfrequenz betrug 6,1 ± 2,3 Einsätze. In 12 Stunden fuhren Rettungsdiensteinsatzkräfte zu 13,1 % zwischen einem und drei Einsätze, ca. die Hälfte (49,00 %) zwischen vier und sieben Einsätze und mehr als ein Drittel (37,90 %) zwischen acht und zwölf Einsätze.

Messinstrumente
Die Untersuchung erfolgte mit der standardisierten Fragebogenbatterie, die auf der Grundlage bestehender Messinstrumente COPSOQ (Copenhagen Psychosocial Questionnaire) in der verkürzten deutschen Standardversion19 zur Verfügung stand. Erfasst wurden 25 Skalen und 87 Items sowie der WHO-Fünf23 der World Health Organization mit fünf Items zum Wohlbefinden. Die erste COPSOQ-Version wurde am dänischen National Institute for Occupational Health (NIOH) entwickelt und mit dem Ziel validiert, psychosoziale Arbeitsbelastungen in der berufstätigen Bevölkerung, in verschiedenen Berufsgruppen und für unterschiedliche Arbeitsbereiche zu messen.25 Nübling et al.19 validierten den deutschen COPSOQ als Screening-Instrument zur Erfassung psychischer Belastungen und Beanspruchungen für Deutschland. Die Zusammensetzung der Fragebogenbatterie des verkürzten deutschen COPSOQ-Fragebogens integriert Skalen und Fragen bereits vorhandener validierter Messinstrumente: Work-family-conflict26, Gedanke an die Berufsaufgabe aus der NEXT-Studie27, allgemeiner Gesundheitszustand in Anlehnung an den EQ-5D28 und der Personal burnout als Subskala aus dem Copenhagen Burnout Inventory (CBI).29

Folgende Skalen wurden für die Untersuchung der Einsatzkräfte eingesetzt: Anforderungen, Einfluss- und Entwicklungsmöglichkeiten, soziale Beziehungen und Führung sowie Beschwerden und Outcomes (vgl. Tabelle 2 und 3).

Die Reliabilität wird durch den Wert Cronbachs alpha dargestellt, die interne Konsistenz der Faktoren ist mit Ausnahme der Einzelitems Mobbing, Berufsaufgabe und Gesundheitszustand als ausreichend zu betrachten. Die Werte für Cronbachs alpha stammen aus der vorliegenden Studie (Tabelle 2 und 3).

Auswertungsinstrument der Erhebung
Die Auswertung erfolgte mit dem Statistikprogramm SPSS 18®. Errechnet wurden Mittelwerte und Standardabweichungen. Es wurden t-Tests, Varianzanalysen (ANOVA) für unabhängige Stichproben sowie Korrelationsanalysen nach Pearson durchgeführt. Um signifikante Gruppenunterschiede der Untergruppen darzustellen, wurden Post-Hoc-Analysen (Scheffé Test) erforderlich. Für die Berechnungen der Ergebnisse der vorliegenden Studie wurde die Gruppe der Berufsfeuerwehrleute ohne Rettungsdienst eliminiert.

Einfluss und Entwicklungsmöglichkeiten
Der Einfluss bei der Arbeit (p # 0,001), der Entscheidungsspielraum (p # 0,001) und die Entwicklungsmöglichkeiten (p # 0,05) wurden von Einsatzkräften der Hilfsorganisationen signifikant stärker wahrgenommen als in der Vergleichsgruppe des RD der BFW. Auch die Bedeutung der Arbeit hatte für Einsatzkräfte der Hilfsorganisationen einen höheren Stellenwert, hingegen war die Verbundenheit mit dem Arbeitsplatz geringer als bei Einsatzkräften der BFW im RD (vgl. Abbildung 1 und Abbildung 2).

Skalen soziale Beziehungen und Führung
Die Skala Vorhersehbarkeit (p # 0,001) mit Informationen über Veränderungen am Arbeitsplatz, die Rollenklarheit (p # 0,001) (beschreibt Befugnisse, Ziele und den Verantwortungsbereich), die Führungsqualität als ein Indikator für Entwicklungsmöglichkeiten, Arbeitszufriedenheit und Konfliktmanagement, die soziale Unterstützung und Beziehung sowie das Feedback wurden von den Einsatzkräften der HIO höher eingestuft als von Einsatzkräften des RD der BFW.

Den Rollenkonflikt und Mobbing haben Einsatzkräfte der BFW im RD höher als ihre Kollegen aus den Hilfsorganisationen empfunden. Das Gemeinschaftsgefühl bestehend aus Arbeitsatmosphäre und Zusammenarbeit unter den Arbeitskollegen wurde vom RD der BFW höher eingestuft. Die Skalen Rollenklarheit und Rollenkonflikt sind Prädiktorenfür die psychische Gesundheit, Bedeutung der Arbeit und Arbeitszufriedenheit1 (vgl. Abbildung 3, 4, 5 und 6).

Der WHO 5 zum Wohlbefinden korrelierte negativ mit Burnout (r = –0,521***), Stress (r = –0,434***), Work-Privacy (Family) Conflict (WFC) (r = –0,231**) und positiv mit dem Gesundheitszustand (r = 0,423***) (vgl. Tabelle 4). Es zeigte sich, dass hohe Werte zum Gesundheitszustand und zum Wohlbefinden mit geringeren Burnout-, Stress- sowie WFC-Werten verbunden sind. Weiterhin bestand ein negativer Zusammenhang zwischen dem WHO 5 zum Wohlbefinden und dem Alter (r = –0,158*) sowie den Dienstjahren im Rettungsdienst (r = –0,176*).

Bei der Gesamtbetrachtung des Rettungsdienstes zum Wohlbefinden wird deutlich, dass mit steigendem Alter das Wohlbefinden sinkt. Eine differenzierte Betrachtung der zu vergleichenden Gruppen im Rettungsdienst führt zu beachtenswerten Ergebnissen. Bei den HIO im RD ist mit zunehmendem Alter ein steigendes Wohlbefinden zu beobachten, bei der BFW im RD ist dieses umgekehrt zu beobachten, hier sinkt mit zunehmendem Alter das Wohlbefinden deutlich (Abbildung 7).

Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse
In der Gesamtbetrachtung der erzielten Ergebnisse zwischen den untersuchten Gruppen des Rettungsdienstes der Hilfsorganisationen und der Berufsfeuerwehr fielen besonders die signifikanten Unterschiede zwischen den beiden untersuchten Stichproben für die Skalen Work-(Family)-Privacy-Conflict, Einfluss bei der Arbeit, Entscheidungsspielraum, Entwicklungsmöglichkeiten, Vorhersehbarkeit, Rollenklarheit und Arbeitsplatzunsicherheit auf. Von den 25 erhobenen Skalenmerkmalen (Quantitative Anforderungen bis Beschwerden und Outcomes) werden 19 Merkmale durch die Hilfsorganisationen positiver bewertet als von der Berufsfeuerwehr.

Zu vermuten ist, dass geringere quantitative und emotionale Anforderungen, verbunden mit hohen Werten zu Einfluss- und Entwicklungsmöglichkeiten, Soziale Beziehung und Führung zu einer höheren Arbeitszufriedenheit, Lebenszufriedenheit und Gesundheitszustand bei den Einsatzkräften der Hilfsorganisationen im Rettungsdienst führen. Es ist denkbar, dass hier Probleme in der Organisationsstruktur und dem Organisationsklima ausschlaggebend für die schlechtere Bewertung der Skalenmerkmale sind. So werden Berufsfeuerwehrleute universell ausgebildet, d. h. zu einer Feuerwehrausbildung kommen viele Ausbildungen und Qualifikationen hinzu (Rettungssanitäter, Rettungsassistent, Höhenretter, Rettungstaucher, Strahlenschutz, Gefahrgut u. v. m). Es ist offensichtlich, dass hier sehr hohe Anforderungen an die Einsatzkräfte der BFW im RD gestellt werden, da ein ständiger Wechsel zwischen den Spezialisierungen stattfindet. Geringe Einfluss- und Entwicklungsmöglichkeiten bei der Arbeit sowie geringere Soziale Beziehung und Führung führen zu einer geringeren Arbeitszufriedenheit, Lebenszufriedenheit und subjektiv geringer eingeschätztem Gesundheitszustand der BFW im RD.

In der Untersuchung korrelierte Wohlbefinden signifikant mit Stress-, Burnoutsymptomen sowie dem Gesundheitszustand und wurde negativ determiniert durch die demographischen Parameter Alter und Dienstjahre.

Bemerkenswert ist der Verlauf des Wohlbefindens in Bezug auf das Alter. Bis zum 34. Lebensjahr sind kaum Unterschiede in den Werten zu Wohlbefinden zwischen Organisationen zu erkennen. Ab dem 35. Lebensjahr ist die Entwicklung bei der Berufsfeuerwehr im Rettungsdienst komplett gegenläufig, d. h. mit Zunahme der Dienstjahre und steigendem Alter sinken die Werte zu Wohlbefinden. Unter dem Gesichtspunkt des maximalen Einstellungsalters der Berufsfeuerwehr bis zum 35. Lebensjahr bekommt diese Entwicklung zusätzlich eine außerordentliche Bedeutung, da hier davon auszugehen ist, dass trotz geregeltem, weit im Voraus planbarem Dienstsystem, tarifrechtlicher Besoldung, niedrigem Work-Family.Conflict, hohem subjektiven Gesundheitszustand und hohem sozialen Status ein hoher Organisationskonflikt besteht, der zu einem negativen Wohlbefinden führt. Dies wird auch, wie oben beschrieben, durch die Bewertung der Skalenmerkmale deutlich. Hohe Anforderungen, geringer Einfluss bei der Arbeitsorganisation und –gestaltung sowie geringer Entscheidungsspielraum, geringe Information über Abläufe bei der Arbeit, eine geringe Arbeitszufriedenheit, Konflikte mit den Vorgesetzten, geringe Wertschätzung, fehlendes Commitment führen zu einem Wohlbefinden, das sich mit jedem Jahr weiter verschlechtert. Für die Einsatzkräfte der BFW stellt sich die Frage, ob diese Bewertung einzig den Spezialbereich des Rettungsdienstes betrifft oder ob hier alle Bereiche der BFW ausschlaggebend für die Bewertungen sind. Bei den HIO im RD stellt sich ein komplett anderes Bild dar, das zu Beginn der Untersuchung so nicht erwartet wurde. Mit zunehmendem Alter steigt bei den HIO im RD das Wohlbefinden. Der Grund hierfür könnte ein großer Einfluss bei der Arbeitsorganisation und –gestaltung sowie ein hoher Entscheidungsspielraum, rechtzeitige Information über Abläufe bei der Arbeit, eine hohe Arbeitszufriedenheit, Wertschätzung sowie Commitment sein. Diese Faktoren führen zu einem deutlich höheren Wohlbefinden der HIO, trotz geringerer sozialer Absicherung, ungünstigerem Arbeitzeit- und Schichtdienstmodell und geringerer finanzieller Anerkennung sowie höherem Work-Family-Conflict.

Zwischen Wohlbefinden und Alter sowie den Dienstjahren im Rettungsdienst besteht zwar ein signifikanter Zusammenhang, jedoch wird deutlich, dass sich mit steigendem Alter sich nicht zwangsläufig auch das Wohlbefinden verschlechtert.

Die Ergebnisse der COPSOQ-Skala Einfluss- und Entwicklungsmöglichkeiten zeigen im RD signifikante Unterschiede zwischen den Organisationen der BFW und den HIO. So werden die Skalenmerkmale Einfluss bei der Arbeit, Entscheidungsspielraum und Entwicklungsmöglichkeiten von den HIO deutlich höher bewertet als von der BFW. Einsatzkräfte der HIO arbeiten in einem sogenannten flachen hierarchischen System, sie sind mit einer hohen Autonomie sowie geringeren Anforderungen ausgestattet, d. h. sie haben größere Entwicklungsmöglichkeiten sowie einen größeren Handlungs- und Entscheidungsspielraum als ihre Kollegen der BFW. Des Weiteren arbeiten sie meist mit festen Teampartnern und haben damit den Vorteil, dass Stärken und Schwächen des Teampartners bekannt sind und die Strukturierung und Organisation auf der Rettungswache und im Einsatz erleichtert werden. Bei der Gestaltung des Dienstablaufes auf der Rettungswache wird den Einsatzkräften der HIO ein hoher Handlungs- und Entscheidungsspielraum eingeräumt, da es möglich ist, Einfluss auf die Dienstplangestaltung zunehmen und Dienstplanwünsche kurzfristig umzusetzen sowie Dienste mit Kollegen zu tauschen. Die BFW im RD besitzt eine hohe hierarchische Struktur mit hohen sich ständig ändernden Anforderungen und geringer Autonomie. So besteht für Einsatzkräfte im RD der BFW ein Rahmendienstplan, der den Dienstablauf während der einsatzfreien Zeit definiert. Die Einflussmöglichkeiten sind aufgrund der Organisationsstruktur und fehlender Organisationsentwicklungskultur begrenzt. Die Freizeitgestaltung muss dem Dienstplanmodell, das im Vorraus festgeschrieben ist, angepasst werden, die Urlaubsplanung wird durch Planung der Wachabteilung vorgegeben und unterliegt einer festen, unflexiblen Planung. Eine aktive Mitgestaltung an der Dienstplanung und -gestaltung sowie der Urlaubsplanung besteht in der Regel nicht. Die berufsbezogenen Entwicklungsmöglichkeiten sind aufgrund fest vorgegebener, klar strukturierter Zuordnungen der Aufgaben und Aufgabenbereiche begrenzt.

Fazit und Ausblick
Nach statistischer Auswertung der hier erhobenen Daten im deutschen Rettungsdienst kann belegt werden, dass zwischen den Gruppen der Einsatzkräfte der BFW und der HIO bedeutsame Unterschiede bestehen. Es ist davon auszugehen, dass die Tätigkeit als Einsatzkraft im RD einer HIO gesundheitsbezogen insgesamt günstigere Auswirkungen aufzeigt.

Die hier vorliegenden Ergebnisse bestätigen die Notwendigkeit von Maßnahmen der Gesundheitsförderung und Prävention als auch nachhaltiger Verhältnis- und Verhaltensprävention im Rettungsdienst und verweisen auf die Bedeutung des Organisationsklimas und der Organisationskultur bezogen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden.1, 6, 12, 21, 30 Ziel der Organisationen im Rettungsdienst muss sein, die individuelle Arbeits- und Leistungsfähigkeit der Einsatzkräfte zu erhalten. Die Basis hierfür wird durch einen optimalen Gesundheitszustand gebildet, der sich den Vorstellungen und den Bedürfnissen der Einsatzkräfte anpasst und nicht umgekehrt. Der aktuellen Diskussion um die Bedeutung der Handlungskompetenzerhöhung des Rettungsfachpersonals in Organisationen und Ausbildungseinrichtungen ist aus Sicht des Autors deutlich zuzustimmen. Dies ist umso mehr bedeutsam, gelingt eine Vermittlung der grundsätzlichen Betrachtung von Gesundheit als lebenslang gestaltbaren Prozess sowohl sozial als auch auf die Organisationen selbst bezogen.

Gesundheitspolitisch besteht die Notwendigkeit, das Rettungsassistentengesetz von 1989 zu novellieren und eine inhaltliche Neuausrichtung für die Konzepte der Gesundheitsförderung und Prävention in der Ausbildung von Rettungsdienstfachkräften anzuregen.

Die hier durchgeführte Fragebogenstudie bezieht sich auf den Rettungsdienst Mitteldeutschlands. Eine bundesweite Datenerhebung ist empfehlenswert.

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