Arbeitsschutz

Die neue Betriebssicherheitsverordnung 2015

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Die Bundesregierung hat am 6. Januar 2014 die „Verordnung zur Neuregelung der Anforderungen an den Arbeitsschutz bei der Verwendung von Arbeitsmitteln und Gefahrstoffen“ erlassen [BGBl. I Nr. 4–2015 vom 3. Februar 2015 S. 49]. Der Bundesrat hat der Verordnung nach Maßgabe von Änderungen am 27. November 2014 (Drucksache 400/14 [Beschluss]) zugestimmt. Mit Artikel 1 dieser Verordnung wird die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) neu gefasst. Artikel 2 ändert die Gefahrstoffverordnung, insbesondere im Hinblick auf die Neuordnung des betrieblichen Explosionsschutzes. Artikel 3 bestimmt das Inkrafttreten der neuen Regelungen zum 1. Juni 2015. Gleichzeitig tritt die bisherige Betriebssicherheitsverordnung außer Kraft.

1. Gründe für eine Neufassung der Betriebssicherheitsverordnung

Gründe für die jetzige Neufassung der BetrSichV waren insbesondere

· die Beseitigung rechtlicher, struktureller und fachlicher Mängel in der BetrSichV 2002,

· eine bessere Anwendbarkeit der Verordnung durch Arbeitgeber und Anlagenbetreiber,

· die Schaffung einer besseren Grundlage für die Erarbeitung von technischen Regeln im Ausschuss für Betriebssicherheit (ABS),

· die Beseitigung von Doppelregelungen insbesondere beim Explosionsschutz und bei der Prüfung von Arbeitsmitteln,

· eine bessere Anpassung an Schnittstellen zu anderen Rechtsvorschriften, insbesondere an das für die Bereitstellung von Arbeitsmitteln auf dem Markt geltende neue Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) und die darauf gestützten Rechtsverordnungen,

· eine bessere Ausrichtung auf das tatsächliche Unfallgeschehen und

· die Berücksichtigung älter werdender Belegschaften (ergonomische, alters- und alternsgerechte Gestaltung der Arbeit), insbesondere bei der Gefährdungsbeurteilung.

1. Die Neuregelung der Betriebssicherheitsverordnung 2015

Anwendungsbereich und Begriffe
Die BetrSichV gilt für die Verwendung von allen Arbeitsmitteln. Ziel der Verordnung ist es, die Sicherheit und den Schutz der Gesundheit von Beschäftigten bei der Verwendung von Arbeitsmitteln zu gewährleisten. Zu den Arbeitsmitteln gehören einfache Werkzeuge wie Hammer und Zangen, kraftbetätigte Arbeitsmittel wie Bohrmaschinen und Kettensägen, aber auch größere Arbeitsmittel wie Drehbänke, Pressen, Krane, verkettete Maschinen und Anlagen bis hin zu komplexen Chemieanlagen. Die Verwendung von Arbeitsmitteln umfasst jegliche Tätigkeit mit diesen. Hierzu gehören insbesondere das Montieren und Installieren, Bedienen, An- oder Abschalten oder Einstellen, Gebrauchen, Betreiben, Instandhalten, Reinigen, Prüfen, Umbauen, Erproben, Demontieren, Transportieren und Überwachen.

Mit der BetrSichV wird auch künftig die Richtlinie 2009/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Benutzung von Arbeitsmitteln durch Arbeitnehmer bei der Arbeit (Zweite Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG) in deutsches Recht umgesetzt.

Eine rein nationale Besonderheit hingegen stellen wie bisher die Regelungen zu den überwachungsbedürftigen Anlagen (z. B. Aufzugsanlagen, Druckgeräte einschließlich Dampfkessel, Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen sowie Lager und Füllstellen für Gase und brennbare Flüssigkeiten) dar. Bei diesen Anlagen dient die BetrSichV auch dem Schutz anderer Personen als Beschäftigter („Dritte“ im Sinne des § 34 Absatz 1 Satz 1 ProdSG) und ist diesbezüglich auch von gewerblichen (nicht aber privaten) Betreibern ohne Beschäftigte zu beachten. Um dies klarzustellen, wurden Betreiber überwachungsbedürftiger Anlagen grundsätzlich dem Arbeitgeber im Sinne der BetrSichV 2015 gleichgestellt (§ 2 Absatz 3). Die genaue Bezeichnung der überwachungsbedürftigen Anlagen, also deren gegenständliche Beschreibung, erfolgt nunmehr übersichtlich in anlagenbezogenen Abschnitten des neuen Anhangs 2. Nach wie vor erfolgt die Beschreibung jedoch über Rückgriffe auf entsprechendes EU-Binnenmarktrecht, zum Beispiel auf die Aufzugsrichtlinie (RL 2014/33/EU), die Richtlinie über Geräte, Schutzsysteme usw. für den Einsatz in Ex-Bereichen (RL 2014/34/EU) und die Druckgeräterichtlinien (RL 2014/68/EU, RL 2010/35/EG und 2014/29/EU).

Durch diesen Rückgriff ist es für die Rechtsunterworfenen allerdings nicht immer einfach herauszufinden, ob sie eine überwachungsbedürftige Anlage verwenden. Denn es ist zu beachten, dass durch die Verweisung auf die jeweiligen Richtlinien auch die darin enthaltenen Ausnahmen gelten, das heißt der Anwendungsbereich der Richtlinien bestimmt bezüglich der überwachungsbedürftigen Anlagen den Anwendungsbereich der Betriebssicherheitsverordnung mit.

Gefährdungsbeurteilung
Die Gefährdungsbeurteilung ist das zentrale Element im Arbeitsschutz. Sie richtet sich nach § 5 ArbSchG und wird in den Einzelverordnungen zum ArbSchG für den jeweiligen Anwendungsbereich konkretisiert. Die Gefährdungsbeurteilung ist die Basis für die Ableitung und die Durchführung der erforderlichen Schutzmaßnahmen. Die bei der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen Aspekte wurden in der BetrSichV 2015 wesentlich stärker herausgestellt. Erstmals sind bei der Gefährdungsbeurteilung auch ergonomische Zusammenhänge zwischen Arbeitsplatz, Arbeitsmittel, Arbeitsverfahren, Arbeitsorganisation, Arbeitsablauf, Arbeitszeit, Arbeitsaufgabe und Arbeitsgegenstand sowie psychische Belastungen der Beschäftigten bei der Verwendung von Arbeitsmitteln sowie die alters- und alternsgerechte Gestaltung der Arbeit zu berücksichtigen.

Schutzmaßnahmen bei der Verwendung von Arbeitsmitteln
Die bisherigen materiellen Anforderungen der BetrSichV 2002 wurden beibehalten. Neu hinzugetreten sind konkretere Anforderungen, die besonderen Unfallschwerpunkten Rechnung tragen sollen (z. B. Manipulation von Schutzeinrichtungen, Instandhaltung, besondere Betriebszustände, Betriebsstörungen, Unfälle und Zusammenarbeit verschiedener Arbeitgeber). Die allgemeinen, für alle Arbeitsmittel geltenden Anforderungen der Anhänge 1 und 2 der BetrSichV 2002 wurden in den Paragrafenteil (2. Abschnitt) der BetrSichV 2015 übernommen und dort als Schutzziele formuliert. Die Vorgabe von Schutzzielen ermöglicht es dem Arbeitgeber, flexible, an die betrieblichen Gegebenheiten angepasste Lösungen beim Arbeitsschutz zu finden. Die Schutzziele gelten gleichermaßen für alte und neue sowie auch für selbst hergestellte Arbeitsmittel.

Für die Verwendung bestimmter Arbeitsmittel (z. B. mobile Arbeitsmittel, Hebezeuge, Gerüste) gelten Spezial- und Detailregelungen gemäß Anhang 1. In diesem sind die entsprechenden Regelungen der Anhänge 1 und 2 der BetrSichV 2002 weitgehend inhaltsgleich zusammengeführt. Der neue Anhang 1 kann bei Bedarf, z. B. bei entsprechenden Erkenntnissen im ABS, um weitere Nummern mit besonderen Anforderungen für bestimmte Arbeitsmittel ergänzt werden. So wurden in den Anhang 1 der BetrSichV 2015 erstmals besondere Anforderungen für Aufzüge und Druckanlagen aufgenommen.

Die materiellen Anforderungen des Zweiten Abschnittes der BetrSichV 2015 und des Anhangs 1 gelten nunmehr für Arbeitsmittel und für überwachungsbedürftige Anlagen, bei denen ausschließlich andere Personen („Dritte“ im Sinne des § 34 Absatz 1 Satz 1 ProdSG) gefährdet sind, gleichermaßen. Damit gelten – unabhängig vom Schutzziel „Beschäftigte“ bzw. „andere Personen“ („Dritte“) – einheitliche Anforderungen für alle Arbeitsmittel und Anlagen. Hierdurch wird auch die Möglichkeit für eine einheitliche Regelsetzung im ABS eröffnet.

Der Arbeitgeber hat die Wirksamkeit der nach der Gefährdungsbeurteilung getroffenen Schutzmaßnahmen vor der erstmaligen Verwendung der Arbeitsmittel zu überprüfen, sofern für das Arbeitsmittel nicht ohnehin Prüfungen vor der ersten Inbetriebnahme konkret vorgeschrieben sind. Unabhängig von den nach der BetrSichV vorgeschriebenen Prüfungen hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass Arbeitsmittel vor ihrer jeweiligen Verwendung durch Inaugenscheinnahme auf offensichtliche Mängel kontrolliert und Schutz- und Sicherheitseinrichtungen einer regelmäßigen Funktionskontrolle unterzogen werden.

Schnittstelle zum Binnenmarktrecht und Bestandsschutz
Die Arbeitgeberpflichten bei der Bereitstellung und Prüfung binnenmarktkonformer Arbeitsmittel werden klarer gefasst (§ 5 Absatz 3). Die bisher unklare Unterscheidung zwischen Änderung und wesentlicher Veränderung von Arbeitsmitteln entfällt. Der Arbeitgeber darf nur solche Arbeitsmittel zur Verfügung stellen und verwenden lassen, die den für sie geltenden Rechtsvorschriften über Sicherheit und Gesundheitsschutz entsprechen. Zu diesen Rechtsvorschriften gehören neben den Vorschriften der BetrSichV insbesondere die zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Arbeitsmittels geltenden Rechtsvorschriften, mit denen Gemeinschaftsrichtlinien (z. B. EU-Maschinenrichtlinie) in deutsches Recht umgesetzt wurden (z. B. Produktsicherheitsgesetz, Maschinenverordnung, Medizinproduktegesetz). Der Arbeitgeber kann davon ausgehen, dass die erworbenen Arbeitsmittel dem für sie geltenden Binnenmarktrecht entsprechen und diesbezüglich sicher sind. Die auf diese Weise „mitgebrachte“ inhärente Sicherheit leistet einen grundlegenden Beitrag für die sichere Verwendung der Arbeitsmittel. Arbeitsmittel, die der Arbeitgeber für eigene Zwecke selbst hergestellt hat, müssen den grundlegenden Sicherheitsanforderungen der anzuwendenden Gemeinschaftsrichtlinien, nicht jedoch den formalen Anforderungen entsprechen, es sei denn, in der jeweiligen Richtlinie ist ausdrücklich etwas anderes bestimmt.

Auch wenn die beschafften Arbeitsmittel dem Binnenmarktrecht genügen und hierüber entsprechende Dokumente und Kennzeichnungen vorliegen, muss der Arbeitgeber eine Gefährdungsbeurteilung im Hinblick auf die von ihm vorgesehene Verwendung der Arbeitsmittel unter Berücksichtigung seiner betrieblichen Gegebenheiten durchführen. Die sichere Verwendung des Arbeitsmittels wird über die vom Binnenmarktrecht „mitgebrachte“ inhärente Sicherheit der Arbeitsmittel und zusätzlich über die nach der Gefährdungsbeurteilung erforderlichen zusätzlichen Schutzmaßnahmen erreicht. Über die Gefährdungsbeurteilung kann also die Einhaltung der Schutzziele und damit die sichere Verwendung auch bei älteren Arbeitsmitteln gewährleistet werden. Auf diese Weise wird auch das viel diskutierte Bestandsschutzproblem gelöst. Bei der Verwendung älterer, nicht mehr dem Stand der Technik entsprechender Arbeitsmitteln kann der Arbeitsschutz durch periphere Schutzmaßnahmen nach der Gefährdungsbeurteilung sichergestellt werden. Bei fortschreitendem Stand der Technik bei der Arbeitsmittelsicherheit muss der Arbeitgeber im Rahmen der Wiederholung der Gefährdungsbeurteilung eigenverantwortlich entscheiden, ob und welche Nachrüstmaßnahmen bei den peripheren Schutzmaßnahmen gegebenenfalls erforderlich sind, damit die Schutzziele der BetrSichV erreicht werden.

Vereinfachte Vorgehensweise bei einfachen Arbeitsmitteln
Neu in der BetrSichV 2015 ist auch eine vereinfachte Vorgehensweise, z. B. bei der Verwendung von einfachen Arbeitsmitteln, die bestimmungsgemäß verwendet werden. Sie soll dem Arbeitgeber die praktische Anwendung der Verordnung, vor allem auch in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), erleichtern und der Bedeutung des EU-Binnenmarktes Rechnung tragen. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 7 Absatz 1 BetrSichV kann der Arbeitgeber einige Erleichterungen in Anspruch nehmen. Das Konzept bedeutet keine Einschränkung der grundsätzlichen Arbeitgeberpflichten und keine Absenkung des Sicherheitsniveaus. Es setzt voraus, dass der Hersteller bei der Gestaltung des Arbeitsmittels alle Gefährdungen bei der bestimmungsgemäßen Verwendung berücksichtigt und entsprechende Schutzmaßnahmen vorgesehen hat. Die vereinfachte Vorgehensweise ist nicht möglich, wenn vom Hersteller des Arbeitsmittels nicht vermeidbare Restrisiken angegeben werden, z. B. in der Betriebsanleitung, oder wenn die Gefährdungsbeurteilung ergibt, dass zusätzliche Schutzmaßnahmen erforderlich sind. Wenn die in § 7 Absatz 1 Nummer 1 bis 4 genannten Bedingungen erfüllt sind, kann für die Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung eine Gebrauchs- oder Betriebsanleitung des Herstellers ausreichen. Mit der Regelung wird Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a Nummer ii der Richtlinie 2009/104/EG zur Anwendung gebracht. Typische Beispiele sind Werkzeuge und Geräte wie Handsägen, Zangen und Bolzenschneider, aber auch einfache kraftbetriebene Verbraucherprodukte wie Akkuschrauber und Bohrmaschinen.

Instandhaltung
Die Instandhaltung ist ein zentrales Anliegen der EG-Arbeitsmittelbenutzungsrichtlinie 2009/104/EG und hat im Hinblick auf eine bleibende Arbeitsmittelsicherheit sogar höhere Bedeutung als Prüfungen. Maßnahmen der Instandhaltung dienen dazu, ein Arbeitsmittel über die gesamte Zeit seiner Benutzung (Lebensdauer) in sicherem Zustand zu halten. Bei den Instandhaltungsarbeiten selbst treten häufig besondere Gefährdungen auf. Dem wird in der BetrSichV 2015 ebenfalls Rechnung getragen. Es wird gefordert, dass Instandhaltungsarbeiten sicher durchgeführt werden müssen. Insbesondere müssen Arbeitsbereiche mit Instandhaltungsarbeiten gesichert, geeignete Ausrüstung verwendet sowie Arbeitspläne aufgestellt und eingehalten werden. In Fällen, in denen vorhandene Schutzmaßnahmen bei Instandhaltungsarbeiten außer Kraft gesetzt werden müssen, muss die Sicherheit der mit den Instandhaltungsarbeiten Beschäftigten durch andere geeignete Maßnahmen gewährleistet werden. Mit den neuen Festlegungen zur Instandhaltung wird ein bisheriger Schwerpunkt des Unfallgeschehens stärker berücksichtigt.

Manipulationsverbot und Funktionsfähigkeit von Schutzeinrichtungen, Benutzung von PSA
Ausweislich der Unfallstatistik der DGUV wird ein beträchtlicher Teil der Unfälle durch unerlaubte Eingriffe in Schutz- und Sicherheitseinrichtungen verursacht. Eine Schutzeinrichtung kann beispielsweise dann manipuliert oder umgangen werden, wenn sie durch verfügbare Gegenstände oder Werkzeuge wie Büroklammer, Münzen, Klebeband, Draht, Schraubendreher usw. unwirksam gemacht werden kann (vgl. z. B. auch DIN EN 1088). Das auch in der Richtlinie 2009/104/EG enthaltene Manipulationsverbot wird daher in der BetrSichV 2015 besonders betont. Dem Arbeitgeber wird konkret vorgegeben dafür zu sorgen, dass Schutz- und Sicherheitseinrichtungen nicht manipuliert oder umgangen werden. Weiterhin hat er dafür zu sorgen, dass Schutz- und Sicherheitseinrichtungen funktionsfähig sind. Er hat weiterhin dafür zu sorgen, dass zur Verfügung gestellte persönliche Schutzausrüstungen benutzt und Informationen sowie Kennzeichnungen und Gefahrenhinweise beachtet werden. Die Einhaltung der Ver- und Gebote ist durch den Arbeitgeber durch regelmäßige Kontrollen zu überprüfen.

Besondere Betriebszustände und Betriebsstörungen
Besondere Betriebszustände wie z. B. An- und Abfahrvorgänge, Rüst-, Einrichtungs- und Erprobungsarbeiten und Fehlersuche stellen unfallträchtige betriebliche Situationen dar. Werden bei solchen Arbeiten die für den Normalbetrieb getroffenen technischen Schutzmaßnahmen ganz oder teilweise außer Betrieb gesetzt oder müssen solche Arbeiten unter Gefährdung durch Energie durchgeführt werden, so muss die Sicherheit der Beschäftigten während der Dauer dieser Arbeiten durch andere geeignete Maßnahmen gewährleistet werden. Ggf. sind besondere Gefahrenbereiche festzulegen. Ist ein Aufenthalt im Gefahrenbereich von Arbeitsmitteln erforderlich, sind auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung weitere Maßnahmen zu treffen, welche die Sicherheit der Beschäftigten gewährleisten. Weiterhin hat der Arbeitgeber Maßnahmen zu ergreifen, durch die Betriebsstörungen und andere unzulässige oder instabile Betriebszustände von Arbeitsmitteln verhindert werden. Können instabile Zustände nicht sicher verhindert werden, hat der Arbeitgeber Maßnahmen zu ihrer Beherrschung zu treffen.

Zusammenarbeit von Arbeitgebern
Auch die unkoordinierte Zusammenarbeit verschiedener Arbeitgeber, ggf. aus verschiedenen Gewerken, kann zu wechselseitiger Gefährdung der Beschäftigten führen. Arbeiten z. B. Lackierer und Schweißer ohne wechselseitige Abstimmung im selben Arbeitsbereich, kann es leicht zu Bränden oder Explosionen kommen, weil der eine für die gefährliche explosionsfähige Atmosphäre und der andere für die Zündquelle sorgt. Daher enthält § 13 BetrSichV in Anlehnung an die entsprechende Regelung in der Gefahrstoffverordnung notwendige Ergänzungen zu § 8 des Arbeitsschutzgesetzes. In der BetrSichV 2015 kann die Regelung im Gegensatz zu derjenigen im Arbeitsschutzgesetz durch den ABS konkretisiert werden.

Prüfung von Arbeitsmitteln
Die allgemeinen Prüfvorschriften für Arbeitsmittel bleiben gegenüber § 10 der BetrSichV 2002 unverändert. Die Arbeitsmittel sind wie bisher vor der erstmaligen Inbetriebnahme zu prüfen, wenn deren Sicherheit von den Montagebedingungen abhängt. Wiederkehrende Prüfungen sind erforderlich, wenn Arbeitsmittel Schäden verursachenden Einflüssen (z. B. Witterung, Verschleiß) ausgesetzt sind und die resultierenden Schäden zu Gefährdungen der Beschäftigten führen können. Weiterhin sind Prüfungen erforderlich, wenn Arbeitsmittel von Änderungen oder außergewöhnlichen Ereignissen betroffen waren, die schädigende Auswirkungen auf ihre Sicherheit haben können. Die Prüfungen sind von einer zur Prüfung befähigten Person durchzuführen. Über die Qualifikation der zur Prüfung befähigten Person sowie über Art, Umfang und Fristen der Prüfungen entscheidet der Arbeitgeber im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung. In der BetrSichV 2015 wurde nunmehr klargestellt, dass Prüfinhalte, die im Rahmen eines Konformitätsbewertungsverfahrens nach EU-Recht vor dem Inverkehrbringen geprüft und dokumentiert wurden, nicht erneut geprüft werden müssen. Es wurde weiterhin klargestellt, dass die genannten Prüfpflichten nicht gelten, soweit ein Arbeitsmittel gleichzeitig eine überwachungsbedürftige Anlage ist und die dafür vorgeschriebenen besonderen Prüfungen alle prüfrelevanten Aspekte abdecken. Für vom ABS identifizierte besonders gefährliche Arbeitsmittel wurden entsprechende Prüfpflichten konkretisiert. Diese im neuen Anhang 3 konkret benannten Arbeitsmittel hat der Arbeitgeber vor ihrer erstmaligen Inbetriebnahme, vor Wiederinbetriebnahme nach prüfpflichtigen Änderungen und wiederkehrend nach Maßgabe der in Anhang 3 genannten Vorgaben auf ihren sicheren Zustand und auf ihre sichere Funktion prüfen zu lassen. Die Vorgaben des Anhangs 3 betreffen insbesondere Prüffristen und die Qualifikation der Prüfer. Derzeit sind Krane, Flüssiggasverbrauchseinrichtungen und maschinentechnische Arbeitsmittel der Veranstaltungstechnik den besonderen Vorgaben des Anhangs 3 unterworfen. Mit dem neuen Anhang 3 wird zudem die Möglichkeit eröffnet, z. B. vom ABS neu identifizierte besonders prüfpflichtige Arbeitsmittel mit minimalem Aufwand in die Verordnung aufzunehmen.

Prüfung von überwachungsbedürftigen Anlagen
Die Anforderungen an die Prüfung von überwachungsbedürftigen Anlagen richten sich nach dem neuen Anhang 2. Die Anforderungen an die ZÜS finden gegenüber der BetrSichV 2002 unverändert in Anhang 2 Abschnitt 1. Die Möglichkeit der Zulassung von Zugelassenen Überwachungsstellen (ZÜS) als Prüfstellen von Unternehmen wurde auf Unternehmensgruppen erweitert.

Als Erleichterung für den Arbeitgeber wurden im neuen Anhang 2 die Prüfpflichten für überwachungsbedürftige Anlagen jeweils in besonderen anlagenbezogenen Abschnitten dargestellt. Für Aufzugsanlagen gilt Abschnitt 2, für Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen einschließlich Anlagen zur Lagerung und Abfüllung brennbarer Flüssigkeiten gilt Abschnitt 3 und für Druckanlagen einschließlich Dampfkessel Abschnitt 4.

Auch bei den Prüfungen von überwachungsbedürftigen Anlagen gilt, dass Prüfinhalte, die im Rahmen eines Konformitätsbewertungsverfahrens nach EU-Recht geprüft und dokumentiert wurden, nicht erneut geprüft werden müssen. Um Doppelprüfungen zu vermeiden, können weiterhin auch Ergebnisse von adäquaten Prüfungen, die nach anderen Rechtsgebieten (z. B. nach Gewässerschutzrecht bei Anlagen mit brennbaren Flüssigkeiten) durchgeführt wurden, bei den Prüfungen nach der BetrSichV 2015 berücksichtigt werden.

1. Neuregelung des Explosionsschutzes undder Zoneneinteilung

Die Umsetzung der Richtlinie 1999/92/EG zum betrieblichen Explosionsschutz in deutsches Recht erfolgt jetzt, mit Ausnahme der Prüfregelungen, in der Gefahrstoffverordnung. Damit wurde eine bisher bestehende Doppelregelung beseitigt. In diesem Zusammenhang wurden die Paragrafen 6 und 11 sowie Anhang 1 Nummer 1 der Gefahrstoffverordnung ergänzt. Das Explosionsschutzdokument ist nunmehr Bestandteil der Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung nach der Gefahrstoffverordnung. In dieser Dokumentation ist der Explosionsschutz gesondert auszuweisen. Auf diese Weise bleibt das bisherige Explosionsschutzdokument auch in der Gefahrstoffverordnung erhalten.

Eine wesentliche Änderung im Explosionsschutz gegenüber der bisherigen Regelung in der BetrSichV 2002 ist, dass eine Zoneneinteilung künftig nicht mehr obligatorisch durchgeführt werden muss. Die Zoneneinteilung ist für den Arbeitsschutz nicht erforderlich, sie ist ihm sogar abträglich. Denn sie relativiert das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung risikobezogen nach Häufigkeit und Dauer des Auftretens gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre und lässt gegenüber dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung abgeschwächte Maßnahmen zur Zündquellenvermeidung zu. Ohne Zoneneinteilung müsste stets maximaler Zündquellenschutz gewährleistet sein. Dem EU-Recht folgend lassen die neuen Anforderungen in der Gefahrstoffverordnung (Anhang 1 Nummer 1.6 Absatz 2) eine Zoneneinteilung jedoch optional zu. Dadurch kann der Arbeitgeber auf der Basis dieser Zoneneinteilung weiterhin Geräte und Schutzsysteme im Sinn der Richtlinie 2014/34/EU (früher: Richtlinie 94/9/EG) zuordnen und damit auf unnötig teure Geräte verzichten.

1. Ausblick

Mit der BetrSichV 2015 ist der Bundesregierung ein wesentlicher Schritt im Hinblick auf die Modernisierung des Arbeitsschutzrechts bei der Verwendung von Arbeitsmitteln gelungen. Dies gilt insbesondere für die vor dem Hintergrund des tatsächlichen Unfallgeschehens neu gestalteten Regelungen sowie für die Berücksichtigung ergonomischer Aspekte und psychischer Belastungen sowie der alters- und alternsgerechter Gestaltung der Arbeit bei der Verwendung von Arbeitsmitteln.

Kurzfristigen rechtsformalen Änderungsbedarf gibt es hinsichtlich einiger vom Bundesrat eingeführter Bußgeldbestimmungen und hinsichtlich der vom Bundesrat beschlossenen Prüfregelungen bei Aufzugsanlagen (Prüfung vor Inbetriebnahme und Zwischenprüfung). Hier ist insbesondere dem rechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz Rechnung zu tragen. Darüber hinaus besteht Modernisierungsbedarf bei den Regelungen zu den überwachungsbedürftigen Anlagen. Hierzu hat der Bundesrat eine Entschließung gefasst.

Hans-Peter Raths

Bundesministerium für Arbeit und Soziales

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