Zusammenfassung Beschäftigte in Pflegeberufen weisen ein erhöhtes Risiko für die Entstehung von muskuloskelettalen Beschwerden im Bereich des Rückens auf. Je nach Patientenklientel kann die körperliche Belastung für Pflegende unterschiedlich hoch sein. Pflegekräfte, die vorwiegend ältere und in ihrer Bewegungsfähigkeit eingeschränkte Menschen betreuen, sind körperlich besonders beansprucht, da beispielsweise beim Transfer von Patienten hohe Lasten oder Teillasten bewegt werden müssen. Aber auch statische Körperhaltungen, häufiges Beugen und Verdrehen des Oberkörpers werden in der Literatur als mögliche Risikofaktoren diskutiert. Mit dem personengebundenen CUELA-Messsystem wurden in der vorliegenden Untersuchung messtechnisch alle eingenommenen Körperhaltungen und Bewegungen einer examinierten Altenpflegerin auf einer geriatrischen Station im Rahmen von drei aufeinander folgenden Frühschichten untersucht, um das Auftreten von ungünstigen Körperhaltungen zu quantifizieren. Die Messergebnisse dieser Station wurden mit denen aus anderen Krankenhausstationen (chirurgische und internistische Abteilungen) verglichen. Die Pflegekraft auf der geriatrischen Station nahm pro Arbeitsschicht durchschnittlich 1.390-mal eine Oberkörperneigung über 20 Grad ein. Dies entspricht einem Mehranteil von 25% gegenüber den Probanden der chirurgischen und internistischen Stationen (1.116-mal). Auf der geriatrischen Station wurden fast 70% der starken Rumpfneigungen über 60 Grad durch Tätigkeiten am Patientenbett hervorgerufen im Vergleich zu 42% auf den anderen Stationen. Anhand dieser Messergebnisse liegt nahe, dass beispielsweise die konsequente Anpassung der Betthöhe dazu führen kann, die Häufigkeit und das Ausmaß von starken Rumpfneigungen zu reduzieren. Mit der Verringerung der körperlichen Belastung durch ungünstige Körperhaltungen kann ein weiterer Beitrag zum Gesundheitsschutz von Beschäftigten in Pflegeberufen geleistet werden. Schlüsselwörter: Altenpflege, Rückenbeschwerden, Körperhaltungen, Prävention, Feldstudie Abstract Employees in nursing professions are at increased risk of developing musculoskeletal symptoms of the back. The level of physical stress for the nurse may depend on the type of patient. Nurses who mostly care for older people of restricted mobility are exposed to particularly high physical stress, one reason being that they must transport heavy loads when transferring patients. In addition, static physical postures and frequent bending and rotation of the upper body have been discussed in the literature as possible risk factors. In the present study, the personal CUELA measurement system was used to measure all adopted trunk postures and the movements of a qualified geriatric nurse on a geriatric ward over the course of three successive early shifts, in order to quantify the occurrence of awkward postures. The measurement results from this ward were compared with those from other hospital wards (for surgery and internal medicine). The nurse on the geriatric ward adopted an inclination of the upper body of greater than 20 degrees for an average of 1,390 times per shift. This was 25% greater than the value found for the volunteers in the wards for surgery and internal medicine (1,116 times). In the geriatric ward, almost 70% of the major inclinations of the trunk (above 60 degrees) were linked to work at the patient”s bed, in comparison to 42% in the other wards. The results of these measurements suggest, for example, that consistent adjustment of the height of the bed could reduce the frequency and extent of major inclination of the trunk. Reduction in the physical stress from awkward postures can help to protect the health of employees in nursing professions. Key words: Geriatric nursing, back symptoms, postures, prevention, field study
Einleitung
Beschäftigte in Pflegeberufen weisen ein erhöhtes Risiko für die Entstehung von muskuloskelettalen Erkrankungen, insbesondere im Bereich des Rückens, auf1,2,3. In bisherigen Untersuchungen hat sich der Transfer von Patienten, bei dem oftmals hohe Lastgewichte bewegt werden müssen, als einer der Hauptfaktoren für die Entstehung von Rückenbeschwerden herauskristallisiert4,5,6. Aber auch statische Körperhaltungen, häufiges Beugen und Verdrehen des Oberkörpers wurden als mögliche Risikofaktoren diskutiert7,8,9.
Zu den täglichen Aufgaben einer Pflegekraft gehören eine Vielzahl unterschiedlicher Tätigkeiten der Transfer von Patienten ist nur eine davon. Nach Engels et al.10 verbringen Pflegekräfte in der Altenpflege 25% der Arbeitszeit in ungünstigen Körperhaltungen. In einer weiteren Untersuchung ermittelten Engels et al.9, dass neben den Transfertätigkeiten auch das Arbeiten in ungünstigen Körperhaltungen und häufiges Bücken von den Pflegekräften als stark belastend empfunden wird. Yip11 beschreibt das häufige Beugen des Oberkörpers während der Arbeit als einen unabhängigen Prädiktor für das Auftreten von neuen Rückenbeschwerden. Auch der hohe Anteil an statischen Oberkörperhaltungen, wie z. B. bei der Grundpflege von Patienten, stellt einen wichtigen Faktor für die Betrachtung der posturalen Gesamt-Exposition dar8,12,13.
Es lässt sich vermuten, dass die Pflege von immobilen und zum Teil aufgrund von Demenz in ihrer Kommunikationsfähigkeit eingeschränkten Patienten, für Beschäftigte in der Altenpflege mit besonders hohen körperlichen und psychischen Anforderungen verbunden ist. Der Anteil an pflegerischen Tätigkeiten, wie z. B. der Grundpflege, wird hier durchschnittlich höher liegen als in anderen Krankenhausabteilungen mit durchmischter Patientenklientel.
Zunehmender Bedarf an Altenpflegekräften
Infolge der Entwicklung in der Bevölkerungsstruktur steigt der prozentuale Anteil an alten und potenziell pflegebedürftigen Menschen an. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes waren im Dezember 2003 in Deutschland 2,08 Millionen Menschen im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes pflegebedürftig (davon 81% 65 Jahre und älter). Mit zunehmendem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit, pflegebedürftig zu werden, an. Während bei den 70- bis 75-Jährigen rund 5% pflegebedürftig sind, sind es ab 80 Lebensjahren rund 32% und bei den 90 bis 95-Jährigen 60%14.
Die Lebenserwartung der Bevölkerung in Deutschland nimmt jährlich zu. Im Jahr 2005 waren 16 Millionen (der 82,4 Millionen) Einwohner älter als 65 Jahre, bis Ende der 2030-er Jahre wird mit einer Steigerung um weitere 50% auf 24 Millionen gerechnet. Die Anzahl der über 80-Jährigen soll von aktuell 4 Millionen (2005) auf 10 Millionen im Jahr 2050 zunehmen15. Nach den Berechnungen des Deutschen Institutes für Wirtschaftsforschung (DIW) wird die Zahl der Pflegebedürftigen bis zum Jahr 2020 bis auf rund 3 Millionen Menschen ansteigen, für das Jahr 2050 rechnet das Institut sogar mit 4,5 Millionen pflegebedürftigen Menschen in Deutschland16. Entsprechend kalkuliert das DIW für den stationären Pflegesektor bis zum Jahr 2050 einen zusätzlichen Bedarf an Pflegefachkräften in Höhe von 130 bis 145% verglichen mit den Ausgangsdaten aus dem Jahr 2000.
Obwohl der Bedarf an qualifiziertem Pflegepersonal demnach in den nächsten Jahrzehnten zunimmt, wird bei den Pflegekräften eine relativ hohe Quote an Berufsaussteigern beschrieben17. Eine mögliche Ursache dafür ist die hohe körperliche Belastung, die sich in einem überdurchschnittlich hohen Krankenstand in Altenpflegeeinrichtungen widerspiegelt18. Mit einem Krankenstand von 5,8% liegen die Fehlzeiten in der Pflege um fast 2% höher als im allgemeinen Durchschnitt aller anderen bei der BGW versicherten Branchen.
Als Gründe für Arbeitsunfähigkeiten bei Altenpflegekräften stehen Erkrankungen des Muskel-Skelettsystems mit einem Anteil von 25% an erster Stelle. Gerade im Hinblick auf den steigenden Bedarf an Altenpflegekräften in den nächsten Jahrzehnten und nicht zuletzt durch die wahrscheinliche Heraufsetzung des Rentenalters ist die Reduzierung von Muskel-Skelett-Beschwerden für Beschäftigte in der Pflege von großer Bedeutung.
Analyse von Körperhaltungen
In der Literatur finden sich insgesamt nur wenige Feldstudien, in denen arbeitsbedingte Wirbelsäulenbelastungen bei Pflegekräften durch die Erfassung von Körperhaltungen untersucht wurden. Die bisher am häufigsten beschriebene methodische Herangehensweise ist der Einsatz von speziell geschulten Beobachtern, die den Probanden unter Praxisbedingungen begleiten und dabei die Körperhaltungen in festgelegten Zeitintervallen abschätzen19,20. Beobachtungsstudien ermöglichen jedoch keine kontinuierliche Messung der Körperhaltungen und die subjektive Einschätzung des Beobachters kann zusätzlich zu Ungenauigkeiten führen.
Mit der Entwicklung eines neuen personengebundenen Messsystems, das die Bewegungsmuster des Probanden unter realen Arbeitsbedingungen erfasst, ist es im Pflegebereich erstmalig möglich, eine objektive, kontinuierliche und detaillierte Erfassung der Körperhaltungen und Aktivitäten des Probanden unter Praxisbedingungen durchzuführen21. In der vorliegenden Arbeit werden das Messsystem und die Kriterien zur Bewertung ungünstiger Körperhaltungen vorgestellt.
Anschließend werden die Ergebnisse der Messungen auf einer geriatrischen Station mit denen der chirurgischen und internistischen Stationen verglichen. Anhand der Messergebnisse lassen sich Tätigkeitsbereiche identifizieren, bei denen es zu ungünstigen Körperhaltungen und Bewegungen kommt. Daraus werden Maßnahmen abgeleitet, die zur Reduzierung von ungünstigen Körperhaltungen in der Pflege und damit zum Gesundheitsschutz bei Pflegekräften beitragen können.
Beschreibung des Messsystems
Für die Erfassung der Körperhaltungen wurde das im Berufsgenossenschaftlichen Institut für Arbeitsschutz (BGIA) entwickelte personengebundene Messsystem CUELA (Computer-unterstützte Erfassung und Langzeitanalyse von Muskel-Skelett-Belastungen) eingesetzt22. Mit Hilfe von Sensoren werden sowohl Oberkörper- und Beinhaltungen als auch Bodenreaktionskräfte erfasst (Abb. 1). Die an den Gelenken und am Oberkörper angebrachten Sensoren liefern dabei die erforderlichen Lage- bzw. Winkelinformationen und ermöglichen so die kinematische Rekonstruktion der Bewegungen des Probanden. Parallel dazu werden über spezielle drucksensitive Einlegesohlen die Bodenreaktionskräfte gemessen, aus denen über ein bio-mechanisches Modell die gehandhabten Lastgewichte bestimmt werden können23.
Die Bewegungen des Oberkörpers werden mit Hilfe der entsprechenden Sensoren in drei Ebenen aufgezeichnet (Tab. 1). Die erste Ebene umfasst die Bewegung in sagittaler Richtung, damit ist die Rumpfneigung nach vorne gemeint. In der zweiten Ebene wird die seitliche Bewegung von der Mittelachse weg erfasst und als laterale Neigung oder Seitneigung bezeichnet. Die Verdrehung des Oberkörpers zwischen der Brustwirbelsäule und der Lendenwirbelsäule wird als Torsion definiert und stellt die dritte Bewegungsebene dar. Zur Erfassung der Beinbewegungen werden die Gelenkwinkelstellungen der Hüft- und Kniegelenke in sagittaler Richtung gemessen. Die Sensoren werden mit einer Frequenz von 50 Hz abgetastet, so dass auch dynamische Bewegungen realitätsgetreu abgebildet werden.
Alle erforderlichen Systemkomponenten befinden sich am Probanden und werden über Akkus betrieben, so dass keine Verbindung zu externen Komponenten erforderlich ist und der Proband sich frei in seinem gesamten Arbeitsfeld bewegen kann. Die Begleitung der Messungen mit einer Videokamera erlaubt später eine exakte Zuordnung der Messdaten zu den jeweilig durchgeführten Tätigkeiten. Eine speziell entwickelte Software ermöglicht mit Hilfe einer animierten Computerfigur die übersichtliche Darstellung aller Messwerte, die zudem in einem Winkel-Zeit-Diagramm veranschaulicht werden (Abb. 2). Durch Synchronisation des Videofilms mit den Messdaten kann zusätzlich zu jedem Zeitpunkt der Messung die entsprechende Arbeitssituation eingeblendet werden.
Beschreibung der untersuchten Stationen
In zwei Kliniken (ein Allgemeinkrankenhaus und ein Herzzentrum) wurden insgesamt 24 Arbeitsschichten in fünf unterschiedlichen Krankenhausabteilungen messtechnisch erfasst. Dazu zählten zwei internistische (INN) und zwei chirurgische (CH) Abteilungen sowie eine geriatrische (GER) Krankenpflegestation (Tab. 2). Es wurden auch Messungen auf zwei kardiologischen Wachstationen (KW) und in einem Operationsbereich (OP) durchgeführt. Aufgrund der nur bedingten Vergleichbarkeit der Arbeitsbereiche wurden die Messergebnisse der Letztgenannten in der vorliegenden Auswertung nicht berücksichtigt. Alle Stationen wurden unter der Annahme ausgewählt, dass das Pflegepersonal hier einer höheren physischen Belastung ausgesetzt ist als auf anderen Stationen.
Ablauf der Messungen
Alle Arbeitsschichtmessungen wurden jeweils im Frühdienst durchgeführt, weil davon ausgegangen werden kann, dass die Pflegekräfte hier einer höheren körperlichen Belastung als im Spät- oder Nachtdienst ausgesetzt sind. Ryden et al.24 bestätigen diese Vermutung, da sie eine signifikant höhere Belastung während des Frühdienstes ermittelten. Goncalves et al.25 konnten zeigen, dass das Arbeiten im Frühdienst auf Grund einer hohen Anzahl an Pflegetätigkeiten ein Risikofaktor für die Entstehung von Rückenbeschwerden ist. Pro Station hat jeweils eine Pflegekraft während drei aufeinander folgender Frühdienste das Messsystem getragen. Die Probanden (ein männlicher und vier weibliche) waren im Alter zwischen 24 und 50 Jahren und wiesen zum Zeitpunkt der Messung keine Rückenbeschwerden oder andere muskuloskelettale Einschränkungen auf. Vier Probanden hatten eine Ausbildung zur examinierten Krankenpflegekraft und eine Probandin war staatlich anerkannte Altenpflegerin.
Alle Probanden waren angewiesen, während der Messtage ihren üblichen Arbeitsablauf beizubehalten und nicht auf Grund der Messung bestimmte Tätigkeiten vermehrt oder gar nicht auszuführen. Den Probanden wurde direkt nach der Übergabe vom Nachtdienst das Messsystem angelegt und die Messung gestartet. Danach haben die Pflegekräfte mit ihrer Arbeit begonnen und alle Bewegungen und Tätigkeiten wurden kontinuierlich mit Ausnahme der Frühstückspause durch das Messsystem und ergänzend durch eine Videokamera erfasst. Die Messung wurde beendet, sobald die Probanden die Versorgung der Patienten abgeschlossen hatten. Dokumentationsarbeiten gegen Ende des Dienstes und die darauf folgende Übergabe an den Spätdienst wurden von der Messung nicht erfasst, da diese Tätigkeiten in der Regel im Sitzen ausgeführt werden.
Die Messungen wurden an aufeinander folgenden Tagen durchgeführt, so dass die Fluktuation der Patienten möglichst gering war und auch die Besetzung des Teams im Frühdienst kaum variierte. Die Pflegekräfte gaben an, dass sie nach dem erstmaligen Anlegen des Systems eine kurze Eingewöhnungsphase benötigten, danach aber das System problemlos zu tragen war und nicht bei der Ausführung der täglichen Arbeit behindert hat.
Ergonomische Bewertung
Für die ergonomische Bewertung bezogen auf den Bewegungsbereich des Oberkörpers werden auf der Grundlage unterschiedlicher Normen und der Literatur verschiedene Winkelklassen vorgeschlagen26,27,28,29,30. Da sich die Norm EN 1005427 auf Maschinen-Arbeitsplätze bezieht, werden die dort vorgeschlagenen Winkelklassen für die Seitneigung und die Torsion den dynamischen Bewegungsmustern des Pflegeberufs angepasst (Tab. 3). Seitneigungs- und Torsionsbewegungen im Winkelbereich zwischen 10 und 20 Grad, die von der Norm bereits als kritisch eingestuft werden, können schon beim zügigen Gehen auftreten und werden daher in der vorliegenden Studie als normale Alltagsbelastung dem akzeptablen Bereich zugeordnet.
Um eine Klassifizierung und Bewertung von Arbeitshaltungen durchführen zu können, wurden zur Beurteilung des möglichen Schädigungspotenzials des Bewegungsapparates im Bereich des Rückens die folgenden Kriterien untersucht:
· Abweichung der Gelenkwinkel von der Neutralstellung
In der vorliegenden Studie wurde untersucht, welche Oberkörperbewegungen innerhalb der einzelnen Winkelklassen eingenommen werden und mit welcher Häufigkeit pro Arbeitsschicht sie auftreten. Dabei ist eine Bewegung definiert als das Über- bzw. Unterschreiten des unteren Wertes der jeweiligen Winkelklasse. Abbildung 3 zeigt am Beispiel der sagittalen Neigung die Einteilung der einzelnen Winkelklassen.
· Statische Haltungen
Nach der Norm DIN EN 1005126 werden Körperhaltungen, die unter gleich bleibendem oder gering veränderlichem Kraftniveau länger als 4 Sekunden eingehalten werden, als statische Haltungen bezeichnet. Daher werden alle Oberkörperbewegungen außerhalb des Neutralbereichs dahin gehend untersucht, ob sie länger als vier Sekunden andauern und anschließend die Häufigkeit ermittelt.
· Hohe Bewegungsfrequenz
Die DIN EN 1005427 definiert eine Körperbewegung mit hoher Frequenz als eine Bewegung, die 2-mal oder öfter pro Minute über einen längeren Zeitraum ausgeführt wird. Die Bewegungsfrequenz wird als Zusatzbedingung herangezogen, wenn es um die Beurteilung eingenommener Körperhaltungen geht, die zwar nicht mehr der medizinischen Neutralstellung entsprechen, aber auch nicht prinzipiell einem hohen Gefährdungspotenzial zugeordnet werden. Ein Beispiel dafür ist die sagittale Neigung zwischen 20 und 60 Grad (Tab. 3), welche laut Norm einem bedingt akzeptablen Winkelbereich entspricht. Das bedeutet, dass diese Körperhaltung, wenn sie während einer Arbeitsschicht im Durchschnitt weniger als 2-mal pro Minute eingenommen wird, als akzeptabel eingestuft wird. Wird sie jedoch öfter als 2-mal pro Minute eingenommen, wird sie als nicht akzeptabel bewertet.
Um herauszufinden, welche Tätigkeiten überwiegend für die Entstehung von ungünstigen Körperhaltungen verantwortlich sind, wird bei jeder sagittalen Neigung, die den Wert von 60 Grad überschreitet, mit Hilfe der synchronisierten Videoaufnahmen die entsprechende Tätigkeit zugeordnet. Da die Arbeitsabläufe in der Pflege sehr komplex sind, wurden einzelne Tätigkeiten zu Tätigkeitsbereichen, wie Betten machen, Aufräumen/Putzen, Grundpflege oder Patienten-Mobilisation zusammengefasst.
Zusätzlich wird die Häufigkeit aller Tätigkeiten mit Lastentransfer ermittelt, bei denen eine hohe Druckbelastung der Bandscheibe L5/S1 nachgewiesen wurde31. Dazu gehören Tätigkeiten, bei denen Gegenstände (Wäschesäcke, Bettgitter, Geräte etc.) bewegt werden und auch der Transfer von Patienten, wie z. B. das Umsetzen von der Bettkante in den Rollstuhl oder das Aufrichten des Oberkörpers im Bett (Tab. 4). Für Transfervorgänge mit Patienten wurde eine durchschnittliche Zeitdauer von 7,5 Sekunden festgelegt32. Vor- und Nachbereitungen, die bei den meisten Patiententransfers erforderlich sind, sind in dieser Zeitspanne nicht enthalten, sondern lediglich die Dauer des eigentlichen Hebe- bzw. Tragevorgangs. Bei den Transfers von Materialien hingegen, wie z. B. Wäschesäcke oder Bettgitter, wird die Dauer individuell gemessen. Anschließend werden alle Transferzeiten aufsummiert und der resultierende Zeitanteil an der gesamten Arbeitsschicht ermittelt. Des Weiteren werden die Zeitanteile ausgewählter Körperhaltungen und Aktivitäten, wie Sitzen, Stehen, Hocken und Gehen, über eine gesamte Arbeitsschicht aufsummiert. Alle Oberkörperbewegungen, in denen sich der Proband außerhalb des Neutralbereichs befindet, werden in Abhängigkeit von der Winkelklasse ebenfalls zeitlich addiert.
Auswertung der geriatrischen Station
Die durchschnittliche Messzeit pro Arbeitsschicht betrug 5 Stunden und 17 Minuten. Davon verbrachte die Pflegekraft im Mittel 241 Minuten im Stehen, 65 Minuten im Gehen und 10 Minuten im Sitzen. Eine hockende Position wurde 2 Minuten lang eingenommen (Daten nicht gezeigt). Die Probandin verbrachte im Mittel 113 Minuten in einer vorgeneigten Haltung über 20 Grad (Tab. 5, Abb. 5), darin enthalten sind 6 Minuten in einer Neigungsposition über 60 Grad.
Bei der sagittalen Rumpfneigung wurde pro Arbeitsschicht im Mittel 1.390-mal der Wert von 20 Grad überschritten (Tab. 6, Abb. 4). Die durchschnittliche Frequenz, die sich daraus ergibt, liegt bei 4,4 Neigungsbewegungen pro Minute. Der Wert von 60 Grad wurde 203-mal pro Arbeitsschicht überschritten, was einer mittleren Frequenz von 0,6 Bewegungen pro Minute entspricht. Bei den Seitneigungen wurde der Wert von 20 Grad durchschnittlich 436-mal und bei den Torsionen 15-mal überschritten. Von den 1.390 sagittalen Neigungen über 20 Grad dauerten 348 länger als vier Sekunden (Tab. 5, Abb. 5). Neigungen über 60 Grad, die länger als vier Sekunden dauerten, wurden 20-mal eingenommen. Seitneigungs- bzw. Torsionsbewegungen über 20 Grad wurden 13-mal bzw. gar nicht über eine Dauer von mehr als vier Sekunden ausgeführt (Daten nicht gezeigt).
Im Mittel wurden 22 Lastentransfers pro Arbeitsschicht durchgeführt (Tab. 7). Dabei handelte es sich durchschnittlich bei 19,7 Vorgängen um das Bewegen von Patienten und bei 2,3 Vorgängen wurden Materialien, wie z. B. Wasserkisten oder Wäschesäcke, transportiert. Alle Transfervorgänge zusammen nahmen eine Dauer von durchschnittlich etwa 3 Minuten pro Arbeitsschicht ein.
Sagittale Neigungen über 60 Grad (Tab. 8) wurden durch die Tätigkeitsbereiche Bett machen (39,1%), Aufräumen/Putzen (13,4%) und Grundpflege (21,4%) am häufigsten hervorgerufen. Auch die sagittalen Neigungen über 20 Grad, die zusätzlich länger als vier Sekunden dauerten, wurden überwiegend durch diese drei Tätigkeitsbereiche verursacht (Daten nicht gezeigt). Die Kategorie Unbekannt enthält Tätigkeiten, die nicht zugeordnet werden konnten, da die Tätigkeiten nicht eindeutig zu erkennen waren oder zu den entsprechenden Zeitpunkten die Videokamera ausgeschaltet werden musste.
Auswertung der chirurgischen und internistischen Stationen
Die durchschnittliche Messzeit pro Arbeitsschicht betrug 5 Stunden und 8 Minuten. Davon verbrachten die Pflegekräfte im Mittel 206 Minuten im Stehen, 66 Minuten im Gehen und 29 Minuten im Sitzen. Eine hockende Position wurde 7 Minuten lang eingenommen (Daten nicht gezeigt). Die Probanden verbrachten im Mittel 83 Minuten in einer vorgeneigten Haltung über 20 Grad (Tab. 5, Abb. 5), darin enthalten waren 8 Minuten in einer Neigungsposition über 60 Grad.
Bei der sagittalen Rumpfneigung wurde pro Arbeitsschicht durchschnittlich 1.116-mal der Wert von 20 Grad überschritten (Tab. 6, Abb. 4). Die durchschnittliche Frequenz, die sich daraus ergibt, liegt bei 3,6 Neigungsbewegungen pro Minute. Der Wert von 60 Grad wurde 202-mal pro Arbeitsschicht überschritten, was einer mittleren Frequenz von 0,7 Bewegungen pro Minute entspricht. Bei den Seitneigungen wurde der Wert von 20 Grad durchschnittlich 407-mal und bei den Torsionen 76-mal überschritten. Von den 1.116 sagittalen Neigungen über 20 Grad dauerten durchschnittlich 280 länger als vier Sekunden (Tab. 5, Abb. 5). Neigungen über 60 Grad, die länger als vier Sekunden dauerten, wurden 33-mal eingenommen. Seitneigungs- bzw. Torsionsbewegungen über 20 Grad wurden 12-mal bzw. 3-mal über eine Dauer von mehr als vier Sekunden ausgeführt.
Im Mittel wurden insgesamt 20,8 Lastentransfers pro Arbeitsschicht ermittelt (Tab. 7). Dabei handelte es sich durchschnittlich bei 16,4 Vorgängen um das Bewegen von Patienten und bei 4,6 Vorgängen wurden Materialien, wie z. B. Wasserkisten oder Wäschesäcke, transportiert. Alle Transfervorgänge zusammen nahmen eine Dauer von durchschnittlich etwa 2,5 Minuten pro Arbeitsschicht ein.
Sagittale Neigungen über 60 Grad (Tab. 8) wurden durch die Tätigkeitsbereiche Bett machen (17,9%), Aufräumen/Putzen (11,8%) und Grundpflege (20,9%) am häufigsten hervorgerufen. Auch die sagittalen Neigungen über 20 Grad, die zusätzlich länger als vier Sekunden dauern, wurden überwiegend durch diese drei Tätigkeitsbereiche verursacht (Daten nicht gezeigt).
Eine grafische Gegenüberstellung der Messwerte zeigen die Abbildungen 4 bis 6.
Transfers
Die in der vorliegenden Arbeit untersuchten Stationen waren an allen drei Messtagen vollständig belegt und alle Probanden hatten bettlägerige und pflegebedürftige Patienten zu versorgen. Dennoch wurden im Mittel nicht mehr als 22 Transfervorgänge (Patienten + Material) pro Arbeitsschicht durchgeführt. Die Zeit, die für diese Transfervorgänge benötigt wurde, betrug im Mittel weniger als drei Minuten pro Arbeitsschicht. In diesen drei Minuten sind neben dem Transfer von Materialien ausschließlich die Phasen des Patiententransfers enthalten, in denen der Patient tatsächlich angehoben werden musste. Wesentlich mehr Zeit nahmen die Vor- und Nachbereitungsarbeiten in Anspruch, die mit den Patiententransfers in Verbindung standen. Würde man lediglich die reinen Hebevorgänge für eine Belastungsanalyse bei den an der Studie beteiligten Pflegekräften heranziehen, so blieben 99% der hier gemessenen Arbeitszeit unbewertet.
Körperhaltungen
Die Auswertung der gemessenen Körperhaltungen zeigt, dass die Probanden im Laufe einer Arbeitsschicht eine Vielzahl von ungünstigen Körperhaltungen eingenommen haben, die anhand der beschriebenen Normen als kritisch bewertet werden können. In den Normen wird dafür vorausgesetzt, dass diese Körperhaltungen regelmäßig und über einen längeren Zeitraum ausgeführt werden. Diese Regelmäßigkeit kann für die hier untersuchten Stationen angenommen werden, da die messtechnisch begleiteten Arbeitsschichten dem üblichen stationären Ablauf entsprachen. Sagittale Neigungen über 20 Grad werden in den Normen nicht grundsätzlich als kritisch bewertet. In DIN EN 1005427 werden Neigungen in diesem Winkelbereich erst als kritisch eingeschätzt, wenn die betreffende Haltung durchschnittlich mehr als 2-mal pro Minute während einer Arbeitsschicht eingenommen wird. Dieses Limit wurde auf allen untersuchten Stationen überschritten. Auf den chirurgischen und internistischen Stationen wurden insgesamt 1.116 sagittale Neigungen mit einem Winkel von mehr als 20 Grad erfasst, während es auf der geriatrischen Station 1.390 waren (dies entspricht einem Mehranteil von 25%). Die Probanden verbrachten durchschnittlich 113 Minuten (geriatrische Station) bzw. 83 Minuten (chirurgische und internistische Stationen) in einer vorgebeugten Haltung über 20 Grad, dies entspricht 36% bzw. 27% der untersuchten Arbeitszeit. Auch in anderen Studien wurde ein hoher Prozentanteil an Rumpfneigungen pro Arbeitsschicht festgestellt. Jansen et al.13 ermittelten mit einem im Lendenwirbelsäulenbereich angebrachten Winkelsensor, dass Pflegekräfte 16% ihrer Arbeitszeit in einer Vorneigehaltung über 20 Grad verbringen. Allerdings wurde hier nur die Neigung der Lendenwirbelsäule und nicht die mittlere Rumpfneigung gemessen. Auch Engels et al.10 konnten durch eine Untersuchung bei 36 Altenpflegekräften mittels des OWAS-Verfahrens33 zeigen, dass die Pflegekräfte 25% ihrer Arbeitszeit in ungünstigen Körperhaltungen verbrachten. Starke Rumpfneigungen, die einen Winkel von 60 Grad überschreiten, wurden von den Pflegekräften der vorliegenden Studie durchschnittlich ca. 200-mal pro Arbeitsschicht eingenommen. Wilke et al.34 fanden durch intradiskale Druckmessungen heraus, dass die Kompressionskraft, die auf die Bandscheibe L4/L5 wirkt, u. a. abhängig ist von der Oberkörperhaltung. In aufrechter Haltung ist der Druck besonders niedrig und steigt mit zunehmendem Vorneigungswinkel.
Statische Haltungen
Ein weiterer Faktor für die Bewertung von Oberkörperhaltungen ist die Dauer der einzelnen Bewegungen außerhalb des Neutralbereiches. Die Norm DIN EN 1005126 bezeichnet Körperhaltungen, die unter gleich bleibendem oder gering veränderlichem Kraftniveau länger als 4 Sekunden eingehalten werden, als statische Haltungen. Streng genommen stellt die länger anhaltende Neigung des Oberkörpers, beispielsweise bei der Grundpflege von bettlägerigen Patienten, keine statische Haltung dar, da der Neigungswinkel während dieser Tätigkeit stark variieren kann. Jedoch findet oftmals über einen längeren Zeitraum keine Erholungsphase durch Aufrichten des Oberkörpers in die Neutralstellung statt, so dass in diesem Fall von einem vergleichbaren Schädigungspotenzial ausgegangen werden kann. Das Schädigungspotenzial statischer Körperhaltungen wird vorrangig in der Verursachung von Muskelermüdung erkannt. Hui et al.35 fanden mit Hilfe von Herzfrequenz- und EMG-Messungen heraus, dass die Rückenmuskulatur bei Pflegekräften gegen Ende der Arbeitsschicht stark ermüdet und daher das Verletzungsrisiko im Verlauf der Schicht zunimmt.
Von den Probanden der chirurgischen und internistischen Stationen wurden Neigungen über 20 Grad, die länger als vier Sekunden andauerten, im Durchschnitt 280-mal eingenommen. Bei der Probandin der geriatrischen Station hingegen wurden diese Neigungen im Mittel 348-mal (das entspricht einem Mehranteil von 24%) gemessen. Auch Harber et al.36 und Lee und Chiou12 fanden heraus, dass Pflegekräfte häufig Belastungen infolge von statischen Körperhaltungen ausgesetzt sind. Knibbe und Friele8 zeigten, dass die statische Belastung einen wichtigen Faktor in der Beurteilung der Gesamt-Exposition bei Pflegekräften darstellt und die Pflegekräfte selbst statische Haltungen als einen der Haupt-Belastungsfaktoren empfinden.
Analyse der Tätigkeiten
Die Untersuchung der Tätigkeiten, die vorrangig zur Entstehung von ungünstigen Körperhaltungen beitragen, ist ein wichtiger Faktor für die Entwicklung von Präventionskonzepten. Nur mit der Kenntnis, welche Tätigkeiten ungünstige Körperhaltungen hervorrufen und vor allem wie häufig diese während einer Arbeitsschicht vorkommen, können gezielt Maßnahmen zur Verbesserung der kritischen Körperhaltungen entwickelt werden. Die vorliegende Studie zeigt, dass neben den Tätigkeitsbereichen Betten machen und Grundpflege auch der Bereich Aufräumen/Putzen zu den Tätigkeitsbereichen gehört, bei denen sowohl die starken Rumpfneigungen als auch die statischen Haltungen am häufigsten eingenommen werden.
Caboor et al.37 fanden in Laboruntersuchungen heraus, dass die Anpassung der Betthöhe zu einer deutlichen Reduktion der Beanspruchung führt, da die Pflegekräfte so einen höheren Zeitanteil in einer neutralen Oberkörperposition verbringen. Die vorliegende Studie zeigt, dass insgesamt fast 42% der starken Rumpfneigungen auf den chirurgischen und internistischen Stationen durch Tätigkeiten am Patientenbett hervorgerufen werden (Behandlungspflege, Betten machen, Grundpflege). Auf der geriatrischen Station liegt der Anteil sogar bei 69%. Durch eine konsequente Anpassung der Betthöhe kann die Pflegekraft dafür sorgen, dass sie so lange wie möglich in einer neutralen Oberkörperposition arbeitet, was zu einer deutlichen Reduzierung der Belastung führen würde.
Auch Tätigkeiten, die nicht am Patienten ausgeführt werden, wie z. B. das Aufräumen und Putzen, können das Auftreten von ungünstigen Körperhaltungen hervorrufen. Bei den hier untersuchten Stationen liegen diese Tätigkeiten mit 13,4% bzw. 11,8% an dritter Stelle bei der Verursachung von starken Rumpfneigungen über 60 Grad. Harber et al.36 und Lee und Chiou12 ermittelten in ihrer Studie, dass die Pflegekräfte einen hohen Anteil an nicht-patienten-nahen Tätigkeiten verrichten. Engels et al.10 beschreiben in ihrer Studie, dass Pflegekräfte 60% der Arbeitszeit mit nicht-Patientennahen Tätigkeiten verbringen und neben der Patientenpflege vorbereitende Tätigkeiten sowie Aufräum- und Putzarbeiten mit am häufigsten zu ungünstigen Oberkörperhaltungen führen. Engels schließt daraus, dass eine Fokussierung allein auf patientennahe Tätigkeiten zur Bewertung muskuloskelettaler Belastungen zu einer Unterschätzung der Gesamtbelastung bei Pflegekräften führt.
Bei der Probandin auf der geriatrischen Station wurden im Vergleich mit den chirurgischen und internistischen Stationen 25% mehr sagittale Neigungen über 20 Grad ermittelt. Auch der Anteil der statischen Neigungen lag hier um 24% höher. Trotz dieses relativ hohen prozentualen Unterschiedes konnte eine statistische Signifikanz nicht nachgewiesen werden. Dies steht vermutlich im Zusammenhang mit der geringen Anzahl an Messungen auf der geriatrischen Station. Im Sinne einer besseren Vergleichbarkeit wären deshalb weitere Messungen auf Stationen mit ausschließlich älteren Patienten erforderlich.
Schlussfolgerung
Viele Studien wurden durchgeführt, um die muskuloskelettalen Belastungen bei Pflegekräften zu untersuchen. Dabei konnte ein deutlicher Zusammenhang zwischen häufig durchgeführten Patiententransfers und einem erhöhten Risiko für die Entstehung von Rückenbeschwerden vor allem im Bereich der Lendenwirbelsäule nachgewiesen werden. Die vorliegende Untersuchung zeigt auf, dass solche Transfertätigkeiten nur einen sehr geringen Zeitanteil an der Arbeitsschicht ausmachen, hingegen die Pflegekräfte sehr häufig ungünstige Körperhaltungen einnehmen, die anhand von entsprechenden Normen als kritisch bewertet werden können. Besonders die Pflege älterer Patienten scheint mit einer höheren körperlichen Belastung infolge von vermehrt auftretenden ungünstigen Körperhaltungen für die Pflegekraft verbunden zu sein. Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung legen daher nahe, das Bewusstsein im Hinblick auf solche Belastungen zu schärfen, die täglich und sehr häufig während einer Arbeitsschicht auftreten, von den Pflegekräften jedoch als weniger auffällig empfunden werden. Wir vermuten, dass Maßnahmen wie die konsequente Anpassung der Höhe des Patientenbettes und die Schaffung von geeigneten Ablagen in Verbindung mit der Verwendung von Hilfsmitteln beim Patiententransfer maßgeblich dazu beitragen können, die Vielzahl von belastenden Körperhaltungen und Bewegungen auf ein notwendiges Maß zu reduzieren und damit die Entstehung von Rückenbeschwerden zu verringern.
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