Arbeitsmedizin und Arbeit 4.0
Arbeit 4.0 stellt auch die Arbeitsmedizin vor wichtige Fragen: Wie kann die Gesundheit der Beschäftigten in Zukunft geschützt und gefördert werden, wenn in der Arbeitswelt klassische Strukturen und Teams wegfallen oder wechseln und Menschen in virtuellen Netzwerken zusammenarbeiten müssen? Wenn beispielsweise neue Phänomene wie Telearbeit oder permanente Erreichbarkeit präventivmedizinisch bewertet werden müssen, wird auch die Arbeitsmedizin kreativ werden müssen. Denn ohne Arbeitsmedizin ist betriebliche Gesundheitsförderung und Prävention nicht denkbar, ohne Gesundheitsförderung und Prävention kein gesunder Betrieb.
Betriebsärzte als Lotsen im Gesundheitsmanagement 4.0
Für das Gesundheitsmanagement der Zukunft leisten Betriebsärzte einen wichtigen Beitrag. Sie kennen die Wechselwirkungen von Arbeit und Gesundheit und beraten in Unternehmen qualifiziert zu neuen Gesundheitsschutzkonzepten. In Pilotprojekten können sie arbeitswissenschaftlich die Einführung neuer Technologien am Arbeitsplatz begleiten und die Ergebnisse medizinisch beurteilen. Das ermöglicht eine ganzheitliche Anpassung neuer Schutzkonzepte im Unternehmen. Darüber hinaus beraten Betriebsärzte Beschäftigte beim Umgang mit digitalen Medien und können dabei auf individuelle Erwartungen und Befürchtungen eingehen. Dies ist umso wichtiger, als repräsentative Erhebungen zeigen, dass Beschäftigte neben vielen Chancen auch mögliche Risiken des digitalen Wandels sehen.
Digitale Lösungen für die Arbeitsmedizin
Laut Experten wird der digitale Gesundheitsmarkt bis 2020 um 21% pro Jahr wachsen. Damit traditionelle Marktteilnehmer aber nicht von großen Technologiekonzernen mit innovativen Geschäftsmodellen verdrängt werden, muss die Arbeitsmedizin die Digitalisierung aktiv mitgestalten. Nach Einschätzung der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM) bestehen durch den Einsatz digitaler Strukturen künftig Chancen für Präventionsstrategien vor allem in kleinen und mittelständischen Organisationen (KMU). Konventionelle Betreuungsformen könnten ergänzt und die arbeitsmedizinische Versorgung in ländlichen Regionen bzw. Beschäftigte an speziellen Arbeitsplätzen verbessert werden. Mit dem „Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen (E-Health-Gesetz)„ stellt das Bundesministerium für Gesundheit bereits die Weichen für den Einstieg in eine elektronische Patientenakte sowie sinnvolle Anwendungen wie z.B. die Telemedizin.
Telemedizin – eine zukunftsorientierte Methode für Arbeitsmediziner?
In einzelnen medizinischen Fachdisziplinen (z. B. Dermatologie, Radiologie) ist die Telemedizin bereits fester Bestandteil. Mit entsprechenden Informations- und Kommunikationstechnologien kann der Arzt den Patienten auch über eine räumliche Entfernung oder über einen zeitlichen Versatz ärztlich versorgen. Telemedizin in der Arbeitsmedizin beinhaltet beispielsweise die Erfassung der Arbeitsplatzrisiken, die Bewertung potenzieller Gefährdungen bei der Tätigkeit (Gefährdungsbeurteilung), Diagnostik und ärztliche Entscheidungsberatung. In der Arbeitsmedizin sind telemedizinische Anwendungen noch relativ neu. Durch die Aufhebung des Verbots der ausschließlichen Fernbehandlung könnten sie nun aber einen Schub erhalten, weil rechtliche Grauzonen beseitigt werden und Ärzte mehr Handlungsspielräume erhalten. Ergebnisse einer 2017 durchgeführten Umfrage zeigen, dass ein Großteil der befragten Ärzte darin vielversprechende Chancen sieht. Etwa die Hälfte der Befragten plant, Telemedizin zukünftig im Rahmen der arbeitsmedizinischen Betreuung von Betrieben einzusetzen.