Im Jahr 2015 wurden knapp 1,1 Mio. Flüchtlinge in Deutschland registriert und auch 2016 werden wieder viele Menschen Asyl beantragen. Viele dieser Menschen, denen wir humanitären Schutz vor Krieg, Vertreibung und politischer Verfolgung gewähren, werden für längere Zeit oder für immer bleiben. Klar ist aber auch, dass man den wirklich Verfolgten nur dann wirksam Schutz geben und sie nur dann erfolgreich integrieren kann, wenn nicht gleichzeitig die Kräfte überstrapaziert werden, weil Menschen zu uns strömen, die keine Chance auf Anerkennung als Verfolgte haben.
Dauerhafte Lösung nur
gesamteuropäisch möglich
Deutschland wird in den nächsten Jahren vor immensen Herausforderungen stehen, die es nur gemeinsam mit seinen europäischen Nachbarn schultern kann. Ein abgestimmtes Vorgehen innerhalb der Europäischen Union (EU) für eine gerechte Lastenteilung zwischen den Mitgliedstaaten, eine wirksame Sicherung der EU-Außengrenzen, finanzielle Unterstützung für die Staaten in den Flüchtlingsregionen, wohin die mit Abstand meisten Menschen geflohen sind, sowie eine effektive Bekämpfung der Fluchtursachen sind absolut notwendig für die Bewältigung der anstehenden Herausforderungen. Gleichzeitig müssen die abgelehnten Asylbewerber konsequent zurückgeführt und der weitere Zustrom von Flüchtlingen nach Europa muss reduziert werden.
Asylsystem nicht überfordern
Das Asylsystem in Deutschland darf nicht überfordert werden. Es ist wichtig, dass die Verantwortlichen in Bund und Ländern Entscheidungen über Asylanträge insgesamt und insbesondere bei Personen ohne Aussichten auf Anerkennung des Schutzstatus weiter beschleunigen wollen. Abgelehnte, ausreisepflichtige Asylbewerber müssen möglichst schnell in ihre Herkunftsländer zurückgeführt und Arbeitsmigration über das Asylsystem verhindert werden. Die zuständigen Bundesländer sind aufgerufen, die möglichen und notwendigen Rückführungen ausnahmslos, unverzüglich und konsequent durchzuführen.
Integration von Flüchtlingen mit
Bleibeperspektive verbessern
Asylbewerber mit hoher Bleibeperspektive, Geduldete ohne Arbeitsverbot und anerkannte Flüchtlinge müssen schnellstmöglich in Schulbildung, Ausbildung und Beschäftigung kommen. Das ist eine wesentliche Voraussetzung zur dauerhaften Integration und zügigen Beendigung des Bezugs von Sozialleistungen. Entscheidend ist eine frühestmögliche Vermittlung der deutschen Sprache. Die stärkere Öffnung der Integrationskurse durch das Integrationsgesetz und die Stärkung der Wertevermittlung sind positiv zu bewerten. Auch Asylbewerber mit hoher Bleibeperspektive und Geduldete ohne Arbeitsverbot sollten jedoch zur Teilnahme verpflichtet werden. Zudem ist sicherzustellen, dass ausreichende Kapazitäten für die Integrationskurse geschaffen und die Teilnehmer zu den Kursen zugewiesen werden können. Kinder und Jugendliche gilt es, frühzeitig in Schulen zu integrieren. Kitas, Schulen, Berufsschulen und Bildungszentren müssen mit den nötigen Ressourcen, Erziehern und Lehrkräften ausgestattet werden. Notwendig ist zudem eine bundesweite Schulpflicht nach drei Monaten Aufenthalt und eine Sprachförderung bereits in den Erstaufnahmeeinrichtungen. Integration ist keine Einbahnstraße. Daher ist über das Erlernen der deutschen Sprache hinaus unabdingbar, dass Flüchtlinge die Werte der demokratischen Gesellschaft und die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit, Gleichberechtigung und Toleranz kennenlernen und anerkennen.
Aktives Engagement der Wirtschaft
für die Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt
Die Arbeitgeber engagieren sich vielfältig für die erfolgreiche Integration von Flüchtlingen. Die Aktivitäten reichen vom sozialen Engagement bis zur Bereitstellung von Praktikums-, Arbeits- und Ausbildungsplätzen. Um die vielfältigen Aktivitäten transparent zu machen, zu bündeln und insbesondere Herausforderungen und Erfolgsfaktoren zu identifizieren, haben BDA, BDI, ZDH und BA die gemeinsame Initiative „Integration von Flüchtlingen“ gestartet. Ziel ist es, Hürden bei der Integration von Flüchtlingen mit Bleibeperspektive in den Arbeitsmarkt deutlich zu machen, den Erfahrungsaustausch zu verbessern und Handlungsansätze zu erarbeiten.
Praxisnahe Kompetenzerfassung
sicherstellen
Die Integration von Flüchtlingen in Ausbildung und Beschäftigung ist eine enorme Herausforderung. Viele Flüchtlinge sind kaum oder gar nicht für die Ausbildung oder Beschäftigung in Deutschland qualifiziert. Selbst gut bis exzellent qualifizierte Flüchtlinge haben in der Regel keine deutschen Sprachkenntnisse. Zugleich ist die Einordnung der Abschlüsse und Kompetenzen von Flüchtlingen oftmals schwierig. Wichtig ist daher, dass zügig flächendeckend praxisnahe Verfahren zur Erfassung der informellen und formellen Kompetenzen zur Verfügung stehen. Nur so kann schnell Klarheit darüber erlangt werden, welche Fähigkeiten Flüchtlinge mitbringen und welche Nachqualifizierungen erforderlich sind und gezielt angeboten werden sollten.
Planungssicherheit in der Ausbildung verbessert Integrationschancen –
weitere Öffnung der
Ausbildungsförderung erforderlich
Die mit dem Integrationsgesetz im August 2016 auf den Weg gebrachte Schaffung eines rechtssicheren Aufenthalts für Geduldete für die gesamte Dauer der Ausbildung und zwei weitere Jahre bei Beschäftigungsaufnahme bzw. sechs Monate zur Arbeitsplatzsuche nach der Ausbildung verbessern die Integrationschancen in Ausbildung deutlich. Dasselbe gilt für den Wegfall der bisherigen Altersgrenze von 21 Jahren zur Aufnahme einer Berufsausbildung.
Die gleichsam erfolgte teilweise Öffnung der Instrumente der Ausbildungsförderung für Asylbewerber und Geduldete ist zwar ein wichtiger Schritt, geht aber nicht weit genug. Die Förderinstrumente der Arbeitsagenturen und Jobcenter müssen allen Flüchtlingen mit guter Bleibeperspektive und Geduldeten ohne Arbeitsverbot ab Abschluss eines Ausbildungsvertrags zugänglich gemacht werden. Dies gilt insbesondere für Förderleistungen der Berufsausbildung, wie zum Beispiel die assistierte Ausbildung und ausbildungsbegleitende Hilfen, um den Abschluss der Berufsausbildung gezielt zu unterstützen.
Zugang zu Beschäftigung erleichtern
Die befristete, auf bestimmte Arbeitsagenturbezirke begrenzte Aussetzung der Vorrangprüfung ist kompliziert, bürokratisch und intransparent. Es besteht die Gefahr, dass dies in der Praxis zu einer Verlangsamung der Prozesse führt. Eine flächendeckende Abschaffung der Vorrangprüfung für Asylbewerber mit hoher Bleibeperspektive und Geduldete ohne Arbeitsverbot ist notwendig und sinnvoll. Zudem muss das Beschäftigungsverbot in der Zeitarbeit für Drittstaatsangehörige insgesamt vollständig abgeschafft werden.