Zusammenfassung Die Integration physiologischer Inhalte in die Instrumental- und Gesangsausbildung ist für die Prävention von Spiel- und Gesundheitsproblemen bei angehenden Musikern und Musikerinnen von großer Bedeutung. 26 Musiklehrkräfte nahmen an einer Interventionsstudie teil, 13 davon in der Interventionsgruppe (IG), 13 in der Kontrollgruppe. In der IG wurde ein spezielles musikphysiologisches Training zur Veränderung des Unterrichtsstils und Spielverhaltens durchgeführt und nach einem Semester von den Lehrkräften selbst und von ihren Schülern und Schülerinnen (N=66) evaluiert. Die Lehrkräfte der Interventionsgruppe beurteilten nach der Intervention fast alle Aspekte der eigenen musikphysiologischen Kompetenz deutlich besser als die Kontrollgruppe ohne Intervention. Auch die Schüler/innen der Lehrkräfte in der Interventionsgruppe bemerkten positive Veränderungen im Unterrichtsstil und am eigenen Spielverhalten für spezifische Kernbereiche des Trainings. Somit ergeben sich deutlich Hinweise auf eine positive direkte und indirekte (was bedeutet direkte und indirekte ) Wirksamkeit des Trainings. Die gewonnenen Ergebnisse sollten durch größere und längerfristig angelegte Studien abgesichert werden, was auf Grund der Realitäten mit kleinen Fallzahlen allerdings in der Praxis problematisch ist. Im Sinne verbesserter Prävention von Spiel- und Gesundheitsproblemen ermutigen die gewonnenen Ergebnisse zu weiteren musikphysiologischen Fortbildungsaktivitäten für Musikpädagogen an Musikhochschulen und Musikschulen. Schlagwörter: Musikphysiologie, Instrumentallehrkräfte, Evaluationsstudie, Musikermedizin, Prävention Summary The integration of musico-physiological aspects into the education of musicians and performing artists is of great importance for the prevention of work-related health and performance problems. 26 instrumental teachers were included in an interventional study; 13 in the intervention group (IG) and 13 in the control group (CG). The IG was offered a specific musico-physiological training in order to improve their teaching style and performing behaviour. After 6 months the course was evaluated by the teachers themselves and by their related pupils (N=66). For nearly all of the musico-physiological aspects teachers of the IG rated their competence significantly better than teachers of the CG. For some of the aspects the pupils of teachers in the IG noted an improvement or a significantly better performance than pupils of CG-teachers especially for the core aspects of the training. Both results present some evidence for positive direct and indirect effects of the training. The results of this small study should be controlled by further and bigger studies but this is somehow limited by the reality of small case numbers in this field. In the sense of an improvement of the prevention of work-related health problems for the performing arts the results support the maintenance and further development of musico-physiological training for artists at the university level and in music schools. Key words: musico-physiology, instrumental teachers, evaluation study, performing arts medicine, prevention
I. Hintergrund und Ziel der Studie
Der Bedarf an präventiven Maßnahmen und therapeutischen Angeboten im Rahmen der Musikhochschulen und Musikschulen ist in den letzten Jahren immer wieder thematisiert worden (1,2,3,4). Mit dem Ziel verbesserter Prävention von Spiel- und Gesundheitsproblemen wurde in den entsprechenden Studien übereinstimmend die Integration physiologischer Inhalte in die Musikausbildung empfohlen. Zur Epidemiologie von Spiel- und Gesundheitsproblemen bei den Musikpädagogen existieren bisher nur vereinzelte Studien (z.B. 5,6,7).
Arbeitsphysiologisch gesehen sind Musiker und Musikerinnen vor allem der Belastung Zwangshaltungen beim Üben und Spielen ausgesetzt. Eine detaillierte Darstellung des Standes der Forschung ist bei HILDEBRANDT & NÜBLING (8) dargelegt.
An der Musikhochschule Zürich wird seit etwa 10 Jahren ein Gesamtpaket von musikphysiologischen Lehrangeboten, Beratung, Trainings und Forschung zur Vorbeugung von Spiel- und Gesundheitsproblemen durchgeführt. In einer Längsschnittstudie bei Studienanfängern zeigte sich ein deutlicher Anstieg körperlicher und psychosomatischer Beschwerden (z.B. im Giessener Beschwerdebogen, GBB) im ersten Studienjahr (1). Zudem fanden sich in weiteren Studien deutliche Hinweise auf die Wirksamkeit präventiver Schulung bei Musikstudierenden in mittleren und höheren Semestern an der Musikhochschule Winterthur Zürich (1,9).
Um die Situation künftiger Studienanfänger im Sinne einer Primärprävention zu verbessern, rückt vor allem die Arbeitsweise derjenigen Lehrer in den Mittelpunkt des Interesses, die Schüler/-innen auf ein Musikstudium vorbereiten bzw. an Musikschulen und Musikhochschulen (d.h. im vorprofessionellen und professionellen Bereich) ausbilden.
Ziel der vorliegenden Interventionsstudie war es zu prüfen, ob ein bei Instrumentallehrerinnen und -lehrern durchgeführtes spezifisches Programm der musikphysiologischen Fortbildung zu messbaren positiven Effekten 1. bei ihnen selbst und 2. bei ihren Schülerinnen und Schülern führt. Hypothese war, dass die Fortbildung Veränderungen bezüglich des Anleitungsstils im Unterricht bei den Lehrkräften bewirkt und positive Veränderungen auch von deren Schülerinnen und Schülern im Unterricht und am eigenen Spielverhalten bemerkt werden.
II.1 Gegenstand der Fortbildung
Unter Einbeziehung der bisher veröffentlichten Empfehlungen sowie Präventionsprogramme und Curricula für Musikphysiologie (z.B. 1,10,11,12) wurde an der Musikhochschule Winterthur Zürich eine Fortbildung für Musikpädagogen mit wöchentlich zwei Stunden während 17 Semesterwochen durchgeführt. Typische Musikerkrankheiten manifestieren sich gemäß den zitierten epidemiologischen Studien (13,14) größtenteils im Bereich des Bewegungsapparates und im psychosomatischen Bereich. Da nur wenige Studien explizit nach psychischen und psychosomatischen Problemen fragen, ist zu vermuten, dass sich hinter Schmerzsyndromen, welche zunächst in den neurologischen oder orthopädischen Bereich fallen, häufig auch psychosomatische Beschwerdebilder verbergen (3). Das Lampenfieber, dessen große Bedeutung in einigen der Studien deutlich wird, gehört zu den typischen auch psychischen Stressfaktoren bei Musikern und ist vermutlich ebenfalls für die Entstehung von Verspannungen und Überlastungen des Bewegungsapparates von Bedeutung. Frauen sind von den Beschwerden häufiger betroffen als Männer. In denjenigen Studien, die auch die sportlichen Aktivitäten erfragen, zeigt sich, dass diejenigen Musiker, welche regelmäßig Sport treiben, seltener von Beschwerden des Bewegungsapparates betroffen sind (14). Von einigen Autoren werden anatomische Varianten und Hypermobilitäten des Bewegungsapparates als Risikofaktoren angesehen (4).
In der Studie von SEIDEL (14) wurden explizit auch Ängste im Zusammenhang mit dem Musizieren erfragt: Diese erreichten im Vergleich zu körperlichen Beschwerden des Bewegungsapparates sowohl bei Musikstudenten als auch bei Berufsmusikern die höchste Prävalenz: 85% bzw. 60% gegenüber 57% bzw. 50% für die körperlichen Beschwerden.
Auf der Basis der genannten Erkenntnisse wurde als Schwerpunkt der Fortbildung die Senso- und Psychomotorik bei Musikern und der bezüglich dieses Themenkomplexes realisierte Anleitungs- oder Instruktionsstil im Unterricht gewählt.
Der wöchentliche, zweistündige Blockkurs hatte jeweils drei Teile. Nach einem einführenden Referat zur Senso- und Psychomotorik fand jeweils ein Workshop statt, in dessen Rahmen ein/e Schüler/in vor dem Plenum unterrichtet wurde. In einem dritten Teil erfolgten dann praktische Übungen für alle Anwesenden zur Haltungs- und Bewegungsschulung. Diese Übungen stammten u.a. aus der Dispokinesis (15,16), einer speziell für Musiker und Bühnenkünstler entwickelte Schulungs- und Therapieform, welche sowohl in der Pädagogik und Prävention als auch in der Therapie und Rehabilitation eingesetzt werden kann.
Übungsbeispiel für eine tonusregulierende Übung zur Vorbereitung auf das Instrumentalspiel (nach 1 und 16):
In Rückenlage werden die Füße hüftgelenkbreit in einem Abstand vom Gesäß aufgestellt, der die Knie im rechten Winkel gebeugt sein lässt (vgl. 1. Woche). Bei möglichst sattem Bodenkontakt des unteren Rumpfes (der aber nicht mit Muskelkraft hergestellt werden soll) wird den Fußballen zwei Drittel der Energie des Bodenkontaktes gegeben, ohne jedoch die Zehen anzuspannen oder die Fersen abzuheben. Unter Wahrnehmung der Reaktionen im übrigen Körper auf diese Aktivität (z.B. im Bein-, Becken- und Schulterbereich) wird nun mit den Fingern einer Hand in der Körpermittellinie 45 cm unterhalb des Bauchnabels der Bauchmuskel-Tonus ertastet. Durch einen spitzen, kurzen Pfiff wird eine Aktivitätsänderung im Unterbauch erreicht und auch nach Ende des Pfiffes dosiert beibehalten, so dass die Bauchatmung nicht behindert wird. Die meist gleichzeitig und unwillkürlich Reaktion des Beckenbodens wird als dritte Komponente dieser basalen Stützfunktionseinheit wahrgenommen. Geübte können allein durch die Regulation des Bodenkontaktes der Füße diese Funktionseinheit aktivieren und in verschiedene Körperpositionen übertragen, mit Gewinn z.B. für die Spielhaltung und Leichtigkeit der Hände, Arme, Schultern und Atemführung.
Weiterhin wurden Übungen aus der Funktionellen Bewegungslehre (17,18) und aus verschiedenen mentalen Trainingsformen erarbeitet. Besonders ausführlich thematisiert wurden die Möglichkeiten, Haltungen und Bewegungsabläufe zu verändern und zu optimieren. Die meisten gesundheitsgefährdeten oder erkrankten Musiker sind mit der Suche nach günstigeren Selbstanweisungen bzw. mit der Verarbeitung und Korrektur erhaltener Anweisungen am Musikinstrument beschäftigt (19). So erfuhr eine Beispielsgruppe von Streichern mit Beschwerden in verschiedensten Regionen der rechten Hand und des rechten Unterarms in den ersten Stunden der Ausbildung, dass am Bogen der Daumen rund zu halten sei. Diese Regel galt ohne Differenzierung nach Daumenlänge und Bogenstelle. Auch fand durch viele Ausbildungs- und Berufsjahre hindurch keine grundsätzliche Infragestellung der genannten Anweisung statt. In dieser Gruppe war der Abschied von der genannten Anweisung jeweils ein entscheidender Schritt in der Therapie und führte zu einer Verbesserung des Körpergefühls.
Das genaue Erfragen von Anleitungserfahrungen ist häufig ein richtungsweisender Teil der Musikeranamnese sowohl nach einem Lehrerwechsel im Instrumental-Unterricht als auch in der Therapie.
In der musikphysiologischen Arbeit mit Fachsdidaktiklehrern und Studierenden wurden so genannte Qualitätsmerkmale von Anleitung am Musikinstrument erarbeitet (1,8,19,20), von denen vier beispielhaft in der folgenden Tabelle 1 skizziert werden. Sie können jeweils eine neu zu lernende oder zu korrigierende Spielaktion zum Thema haben. Insofern sind sie sowohl für die Prävention und Therapie als auch für die Pädagogik im Sinne der Leistungssteigerung bzw. Leistungsentwicklung von Interesse.
II.2 Studiendurchführung
Der Fortbildungskurs war für Lehrerinnen und Lehrer an der Musikhochschule und an der Musikschule (Konservatorium) Winterthur Zürich ausgeschrieben. Es war die erste Fortbildung dieser Art im Raum Zürich und galt mit der zugehörigen Evaluation als Pilotprojekt.
26 Instrumentallehrkräfte und deren 66 Schüler und Schülerinnen nahmen an einer Evaluations-Studie teil. Die Lehrkräfte wurden einer Interventionsgruppe (IG) und einer Warte-/Kontrollgruppe (KG) zugeteilt, wobei die KG der IG entsprechend besetzt werden sollte. Wie Tabelle 3 (s.u.) zeigt, war die Zusammensetzung der beiden Gruppen vergleichbar hinsichtlich Alter, Geschlecht und Instrument.
Die Lehrer-Testgruppe erhielt ein Semester lang wöchentlich zwei Stunden Fortbildung mit Schwerpunkt auf der Senso- und Psychomotorik bei Musikern (Dispokinesis, Inhalte: s.o.). Bei der Lehrer-Kontrollgruppe fand keine derartige Instruktion statt.
Die Lehrer-Testgruppe und Lehrer-Kontrollgruppe füllten vor Beginn (t1) und nach Ende (t2) der Fortbildung jeweils ein Fragebogenpaket aus. Die Evaluation des Kurses bei Lehrkräften wie Schüler/innen fand zum Ende der Fortbildung mit einer Fragebatterie aus 14 Einzelfragen (für Lehrkräfte 15 Fragen) statt (Tabelle 2).
Neben dem Evaluationsfragebogen wurden bei den Lehrkräften noch eine Vielzahl weiterer Instrumente eingesetzt, die aber nicht Thema dieser Kurs-Evaluation sind: z.B. die Kieler änderungssensitive Symptomliste (KASSL) zur psychischen Symptombelastung, die Hospital Anxiety and Depression Scale (HADS) zur Selbstbeurteilung bezüglich Angst und Depressivität und der Fragebogen zur Zufriedenheit und Belastung im Beruf (S-BUS).
II.3 Auswertung
Neben der Analyse als Einzelbewertungen wurden die 14 Einzelaussagen zur Qualität des Kurses mittels Faktorenanalyse zu thematischen Überbegriffen gruppiert; zudem wurde ein Gesamtindex aus allen 14 Bewertungen errechnet. Diese summarischen Kennziffern erlauben einen schnelleren Überblick über die Resultate.
Sowohl für die Lehrkräfte in Interventionsgruppe (IG) und Kontrollgruppe (KG) als auch für die zugehörigen Schüler wurde geprüft, ob sich signifikante Unterschiede der Bewertungen (Gruppenmittelwerte) im Vergleich von IG und KG ergaben.
Hierzu wurden einfaktorielle Varianzanalysen (ANOVA) durchgeführt.
Alle Analysen wurden mit SPSS12 durchgeführt, als signifikant wurden Unterschiede mit p< 0.05 (2-seitig) betrachtet. Trotz des Problems des multiplen Testens (bei vielen Tests steigt das Artefaktrisiko von zufälligen Signifikanzen) wurde auf eine Korrektur des Signifikanzniveaus verzichtet, da dann die kleine Fallzahl umgekehrt die Gefahr des Übersehens relevanter Unterschiede geborgen hätte. III.1 Beschreibung der Stichproben
In Tabelle 3 ist die Zusammensetzung der beiden Lehrkräftegruppen (je N=13) dargestellt. Durch die ausgewogene Zuteilung der Probanden zu Testgruppe und Kontrollgruppe sollten Verzerreffekte durch soziodemographische Merkmale verhindert werden dies ist zumindest für die geprüften Parameter Alter, Geschlecht und Instrumentenverteilung gelungen.
III.2 Kursevaluation durch Lehrkräfte
In der Selbst-Bewertung des Interventionstrainings durch die Lehrkräfte sind die Einschätzungen in der Interventionsgruppe für alle Aspekte besser als für die Kontrollgruppe (Abb. 1).
Besonders deutlich sind in die Unterschiede der Mittelwerte zwischen den beiden Gruppen bezüglich der Items: 2. Mein Unterrichtsstil bezüglich Haltung insgesamt hat sich verändert, 2a. Mein Unterrichtsstil bezüglich Instrumentalhaltung hat sich verändert, 4. Mein Unterrichtsstil bezüglich Bühnensituationen hat sich verändert, 5a. Ich unterscheide klarer zwischen Führ- und Folgebewegungen (betr. Initiativpunkte kinetischer Ketten), 6. Mein Unterrichtsstil bezüglich etwaiger Beschwerden beim Spielen hat sich verändert, 8. Meine Sprache (das Erklären) im Unterricht hat sich verändert und 13. Ich kann Probleme im Unterricht besser lösen als zuvor; diese Differenzen sind auch hoch signifikant (p < 0.01). Signifikante Unterschiede (p < 0.05) fanden sich zudem bei den Einzelbewertungen 1. Seit Semesterbeginn hat sich mein Unterrichtsstil verändert, 3. Mein Unterrichtsstil bezüglich Atmung hat sich verändert, 5. Mein Unterrichtsstil bezüglich Spielbewegungen hat sich verändert und 7. Unterrichten macht mir mehr Spaß als früher. Die eher geringen Differenzen bei den Aspekten 9, 10, 11 und 12 sind nicht signifikant. III.3 Kursevaluation durch Schüler und Schülerinnen
In der Fremd-Bewertung oder indirekten Bewertung des Interventionstrainings durch die Schüler und Schülerinnen divergieren die Einschätzungen nicht so stark zwischen Interventionsgruppe und Kontrollgruppe (Abb. 2).
Die Schüler/innen von Lehrkräften in der Interventionsgruppe sehen rückblickend signifikant positivere Veränderungen bei den Einzelfragen: 2a. Meine Instrumentalhaltung hat sich verändert (p<0.01), 5a. Ich weiß eher, was genau ich wohin bewegen soll beim Spielen (p < 0.05) und: 8. Die Sprache (das Erklären) im Unterricht hat sich verändert (p < 0.05). Bei den Aspekten 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8 und 12 sind zwar geringe Differenzen zugunsten der Interventionsgruppe festzustellen, diese sind aber nicht signifikant; bei den Einzelaspekten 9 und 11 sind die Bewertungen in beiden Gruppen gleich, bei den Fragen 10 und 12 ist sogar die Bewertung in der Kotrollgruppe etwas positiver. Um einen schnelleren Überblick über die Ergebnisse zu ermöglichen, aber auch um zu ermitteln welche übergeordneten Qualitätsdimensionen hinter den 14 Einzelaspekten aus Sicht der Schüler stehen wurde eine Faktorenanalyse durchgeführt (Hauptkomponentenanalyse, Varimax-Rotation, Kaiser-Kriterium). Es ergab sich eine Dreifaktorenlösung (erklärte Varianz 69.7%, alle Kommunalitäten > 0.45), die 11 der 14 Einzelaspekte plausibel gruppiert: Der erste Faktor beinhaltet primär die Aspekte 7, 10, 11 und 12 und kann mit F1.: Üben Spass und Freude überschrieben werden; der zweite Faktor vereinigt die Aspekte 2a, 5, 5a und 6 mit dem Titel F2.: Bewegung, Haltung; der dritte Faktor mit dem Titel F3. positiver Einfluss der Lehrkraft subsumiert die Aspekte 1, 8 und 9. (Die Items 2, 3 und 4 lassen sich nicht sinnvoll zuordnen und sind aus der Analyse ausgeschlossen.)
Wie Abbildung 3 zeigt, ergibt sich aus Schülersicht ein signifikanter Unterschied zwischen Kontrollgruppe und Interventionsgruppe (positiver Effekt) nur für den Faktor 2: Bewegung und Haltung. Die kleinen Unterschiede bei Faktor 1 zugunsten der KG und bei Faktor 3 zugunsten der IG sind nicht signifikant, d.h. hier bewerten die Schüler der IG ihre Lehrkräfte ähnlich wie die der KG (kein Effekt).
D.h. Schüler/innen der IG nehmen positive Veränderungen vor allem dort wahr, wo das Training auch primär ansetzte (Physiologie: Bewegung / Haltung).
IV. Diskussion und Schluss- folgerungen
Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass das angewendete musikphysiologische Interventionsprogramm sowohl bei den Lehrkräften selbst als auch bei ihren Schülerinnen und Schülern zu positiv wahrgenommenen Effekten führt. Während diese Effekte von den geschulten Lehrerinnen und Lehrern in allen Aspekten wahrgenommen werden, zeigt sich in der Fremdevaluation durch die Schüler und Schülerinnen ein differenzierteres Bild: sie bemerken und benennen positive Veränderungen nicht überall gleichermaßen, sondern vor allem im Bereich Schulung von Bewegung und Haltung, also spezifisch bei den Aspekten, die Thema des Trainings waren (spezifischer Effekt). Auch bei den Lehrkräften sind diese Aspekte tendenziell stärker ausgeprägt. Dieser differenzierte Befund stützt die Hypothese, dass die Bewertungen der Lehrkräfte und insbesondere auch der Schülerinnen und Schüler keine allgemein positivere Einstellung in der IG widerspiegeln, sondern reale Effekte der Intervention abbilden. (Es bleibt aber auch verständlich, dass die Lehrkräfte stärkere und umfassendere Effekte berichten als die Schülerinnen und Schüler, da sie ja ein umfassendes Training erhalten haben.)
Die Fallzahl der Studie ist relativ klein, weshalb die dargestellten Ergebnisse mit Unsicherheiten belegt sind. Dem Wunsch, die Befunde durch größer angelegte Studien zu vertiefen und abzusichern, steht die Realität der Musikerausbildung mit geringen Fallzahlen (Klassengrößen) entgegen. Hier könnten allenfalls Multicenterstudien oder Datensammlungen über einen längeren Zeitraum hinweg helfen.
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Matthias Nübling (1), Horst Hildebrandt (2)