Der Bundesverband selbstständiger Arbeitsmediziner und freiberuflicher Betriebsärzte e.V. (BsAfB) lud zusammen mit der Gesellschaft für Betriebliches Gesundheitsmanagement (GfBGM) und dem Bundesverband Handschutz (BVH) Betriebsärzte, Dermatologen, Sicherheitsfachkräfte und Vertreter der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung in das Osnabrücker Schloss zum 9. Bundesweiten Betriebsärztetag ein. Rund 220 Besuchern wurde ein Programm aus Vorträgen und praxisrelevanten Workshops begleitet von einer auf die Zielgruppe ausgerichteten Ausstellung geboten.
Als wissenschaftliche Leiter begrüßten Uwe Ricken und Silvester Siegmann die Teilnehmer, gaben einen kurzen Abriss über das Gesamtprogramm und dankten der Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Frau Dr. Ursula von der Leyen, für die erneute Übernahme der Schirmherrschaft. Sowohl die Kooperation mit dem Fachgebiet Dermatologie, Umweltmedizin und Gesundheitstheorie der Universität Osnabrück als auch die Kooperation mit der Gesellschaft für Betriebliches Gesundheitsmanagement (GfBGM) und dem Bundesverband Handschutz (BVH) seien eine Bereicherung der Veranstaltung. Neben Referaten, die z. B. das Thema der praktischen Umsetzungen der DGUV Vorschrift 2 zum Inhalt hatten und über die Notwendigkeit informierten, das Rollenbild von Betriebsärzten und Sicherheitsfachkräften zu verändern, standen psychische Faktoren als Erkrankungsgründe und die Berufsdermatologie im Vordergrund der Wochenendveranstaltung. Sehr häufig wurden die Neufassung der BioStoffV und der Referentenentwurf zur Änderung der ArbMedVV angesprochen. Zur Einführung wurden die Teilnehmer über die Möglichkeiten eines Marketings für Ärzte informiert: Ärzte dürfen sich und ihre Praxis öffentlich in den Vordergrund stellen, verboten bleibt die Deklarierung von Alleinstellungsmerkmalen. Jede Arztpraxis kann eine Corporate Identity aufbauen und diese nach außen über verschiedene Medien kommunizieren, auch über Social Media, wie Facebook oder Twitter. Dem folgte ein Exkurs zum Klinischen Risiko-Management (kRM) und dem Critical Incident Reporting System (CIRS), die zum Teil in deutschen Krankenhäusern als Instrumente zur Erhöhung der Patientensicherheit Anwendung finden. Es wurde deutlich, dass sich diese Systeme auch in Arztpraxen anwenden lassen. Grundsätzlich können sie zu einer langfristigen Fehlervermeidung führen und damit die Sicherheit von Patienten verbessern. Durch Fehlervermeidung werden aber auch Kosten gesenkt. Nach diesem Auftakt stellteUwe Debitz von der TU Dresden das dort entwickelte 3-Stufen-Konzept zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Faktoren vor. Die Bedeutung dieses Themas wurde jüngst von der Politik erkannt, 2012 wurde hierzu im Rahmen der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie eine Leitlinie herausgegeben. Frau Prof. Böckelmann vom UK Magdeburg zeigte den Zusammenhang von psychischer Beanspruchung und der Veränderung der Herzratenvariabilität anhand der verminderten Bandbreite der Frequenzänderungen auf. Die Reisemediziner nannten neben den bekannten Gefährdungsrisiken für Arbeitnehmer, die ins Ausland entsendet werden, das höhere Unfallrisiko im Ausland. Stefan Eßer unterstrich die Wichtigkeit, den betroffenen Arbeitnehmern noch in Deutschland durch ihren Betriebsarzt Informationen über unerwartete Risiken in der ungewohnten Lebenswelt mitzuteilen. Andere Verkehrsverhältnisse, unzureichende Sicherheitsmaßnahmen am Arbeitsplatz oder auch geringere Hygienestandards bergen Gefahren für die Gesundheit. Der Aufbau von medizinischen Versorgungseinheiten im Reiseland mit Anbindung an ein Assistance Center in Europa und das Know-how der Assistance über die Behandlungsmöglichkeiten im Entsendungsland sind maßgebend. Die Zusammenarbeit von Betriebsarzt und Unternehmen schützt die Gesundheit der entsandten Arbeitnehmer in erhöhtem Maß. Deshalb ist, so der Reisemediziner Tomas Jelinek, die Fortbildung von Betriebsärzten in die reisemedizinische Thematik sinnvoll.
Prof. Nowak (LMU München) zeigte das Problem auf, die Kausalität zwischen Asthma/Rhinitis und Arbeitsplatz nachzuweisen, da oft mehrere Irritantien wirken und Krankheitssymptome gewöhnlich nach der Arbeit auftreten. Deshalb plädierte er für eine weitgehende Ausschaltung bekannter Noxen in der Arbeitswelt als nachhaltige Präventionsmaßnahme. Prof. John (Universität Osnabrück) und Prof. Brandenburg (BGW) berichteten über die neuesten Entwicklungen in der Berufsdermatologie: Aufgrund nationaler und internationaler Kampagnen gekoppelt mit einem Stufenverfahren zur Behandlung von berufsbedingten Hauterkrankungen konnte trotz einer Zunahme der gemeldeten Erkrankungen die Zahl der zur Berufsunfähigkeit führenden Fälle und damit auch die Kosten drastisch gesenkt werden. Zu dem abgestuften Verfahren von Prävention und Behandlung gehören Hautschutzseminare und Individualprävention sowie ambulante und stationäre Behandlungen. Beide Redner wiesen auf die immense Bedeutung der Kommunikation zwischen Betriebsärzten, Dermatologen und Versicherungsträgern hin. Hierfür wurde das neue Meldeformular Betriebsärztlicher Gefährdungsbericht Haut eingeführt, welches von der Homepage der DGUV heruntergeladen werden kann. Darüber hinaus befindet sich die BK 5103 für Hautkrebs durch natürliche UV-Strahlen im Anerkennungsverfahren.
Abschließend wurden zwei Konzepte, das Tool ACTI-Iv und das Projekt Gesund im Beruf, vorgestellt, die beide zum Ziel haben, wirksame Instrumente zu entwickeln, die die Gesundheit von Arbeitnehmern nachhaltig fördern sollen. Zur Stärkung des Miteinanders und des fachlichen Austausches wurden die Teilnehmer zu einem kulturell-kulinarischen Abendprogramm eingeladen, dem rund 80 Personen folgten.
Der 10. Bundesweite Betriebsärztetag findet voraussichtlich im Mai 2014 in Kassel statt.
Dajana Bajkovic