Im Gemeinsamen Ministerialblatt Nr. 7 vom 15. März 2017 wurde eine neue Arbeitsmedizinische Regel (AMR Nr. 3.2 „Arbeitsmedizinische Prävention“) veröffentlicht. Die neue AMR kann auf der Internetpräsenz der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (www.baua.de) kostenfrei eingesehen und heruntergeladen werden. Die AMR 3.2 regelt die Einbindung arbeitsmedizinischen Sachverstandes des Betriebsarztes bei der Gefährdungsbeurteilung als Grundlage einer angemessenen arbeitsmedizinischen Vorsorge und der arbeitsmedizinischen Beratungen im Rahmen der Unterweisung der Beschäftigten. Insoweit konkretisiert sie auch den allgemeinen Grundsatz, dass bei jeder Maßnahme des Arbeitsschutzes jeweils auch der Stand der Arbeitsmedizin mit zu berücksichtigen ist (vgl. § 4 Nr. 3 ArbSchG). Das Aufstellen von Regeln und Erkenntnissen im Bereich der Verhältnis- und Verhaltensprävention ist zwar im Wesentlichen nicht in der ArbMedVV geregelt, allerdings ist es auch Aufgabe des Ausschusses für Arbeitsmedizin (AfAMed), entsprechende Regeln und Erkenntnisse zu ermitteln (§ 9 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 5 ArbMedVV).
Erläuterungen zur allgemeinen
arbeitsmedizinischen Beratungen
Unterweisungen der Beschäftigten dienen im Wesentlichen dazu den Beschäftigten anzuhalten, sich entsprechend gesundheits- und sicherheitsgerecht bei der Arbeit zu verhalten. Oft ist es auch sinnvoll, die Unterweisung auf arbeitsmedizinische Aspekte zu erstrecken (z. B. in Bezug auf Infektionsrisiken).
In einigen Rechtsverordnungen im Arbeitsschutz sind diese „allgemeinen arbeitsmedizinischen Beratungen“ sogar verpflichtend vorgeschrieben (vgl. § 14 Abs. 2 Satz 4 BioStoffV, § 14 Abs. 2 Satz 2 GefStoffV, § 11 Abs. 2 LärmVibrationsArbSchV, § 8 Abs. 2 Satz 1 OStrV, § 19 Abs. 2 EMFV).
Diese allgemeinen arbeitsmedizinischen Beratungen sind zu unterscheiden von den individuellen arbeitsmedizinischen Beratungen im Rahmen der Pflicht-, Angebots- und Wunschvorsorge nach der ArbMedVV.
Die AMR 3.2 regelt die Einbindung arbeitsmedizinischen Sachverstandes in diese allgemeinen arbeitsmedizinischen Beratungen. So legt die AMR 3.2 z. B. fest, dass eine Beteiligung eines Arztes an der allgemeinen arbeitsmedizinischen Beratung immer dann erforderlich ist, wenn nach der Gefährdungsbeurteilung Pflichtvorsorge zu veranlassen oder Angebotsvorsorge anzubieten ist (Nr. 3 Abs. 3 AMR 3.2).
Die „Beteiligung“ des Arztes kann z. B. durch ärztliche Schulung der Personen erfolgen, welche die Unterweisung/allgemeine arbeitsmedizinische Beratung dann auch tatsächlich durchführen oder durch Mitwirkung bei der Erstellung geeigneter Unterweisungs-/Beratungsmaterialien.
In Nr. 3 Abs. 5 enthält die AMR 3.2 einige Aspekte, welche im Rahmen der allgemeinen arbeitsmedizinischen Beratung relevant sein könnten (z. B. Übertragungs- und Infektionswege, Krankheitssymptome, Hygienemaßnahmen).
Erläuterungen zur
Gefährdungsbeurteilung
Die AMR 3.2 regelt auch die Anforderungen an die Gefährdungsbeurteilung als Grundlage einer angemessenen Pflicht-, Angebots- und Wunschvorsorge (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 ArbMedVV).
Nach Nr. 2 Abs. 1 AMR 3.2 muss der Arbeitgeber immer die Erforderlichkeit der Beteiligung eines Arztes bei der Gefährdungsbeurteilung prüfen. Vorrangig sollte dann der mit der Durchführung Pflicht-, Angebots- und Wunschvorsorge nach der ArbMedVV beauftragte Arzt beteiligt werden (Nr. 2 Abs. 2 AMR 3.2).
Nr. 2 Abs. 4 AMR 3.2 enthält mögliche Beratungsinhalte (z. B. Substitutionsprüfung, krebserzeugende Eigenschaften, Ergonomie, Besonderheiten für besondere Personengruppen).
Patrick Aligbe: Einstellungs- und Eignungsuntersuchungen
Verlag C. H. Beck
ISBN 978–3–406–67676–5
EUR 49