Ein effektiver Gesundheitsschutz ist die Basis für die Leistungsfähigkeit und Einsatzbereitschaft der Streitkräfte. Das Berufsbild des Soldaten weist im Vergleich zu den zivilen Berufsgruppen spezifische Besonderheiten auf, die bei der Gewährleistung des Gewährleistung des Arbeitsschutzes sowie der präventivmedizinischen Versorgung bedacht werden müssen.
Der Leitende Betriebsarzt der Bundeswehr ist verantwortlich für die Umsetzung der gesetzlichen Bestimmungen und Vorgaben sowie der spezifischen militärischen Regelungen (z. B. Zentrale Dienstvorschrift 44/2 Arbeitsschutz und Unfallverhütung). Diese Vorgaben sind mit den speziellen Anforderungen militärischer Tätigkeiten in Einklang zu bringen. Die Aufgaben im Einzelnen sind die fachliche Führung der hauptamtlichen Betriebsärzte sowie der Betriebsärzte der zivilen Vertragsnehmer (z. B. TÜV, BAD). Des Weiteren wird zur menschengerechten Gestaltung von militärischen Arbeitsplätzen beraten, die Einhaltung der Regularien des medizinischen Strahlenschutzes kontrolliert und zu Fragestellungen der Umweltmedizin und -toxikologie fachlich Stellung genommen.
Zur Bewältigung all dieser Aufgaben unterstehen dem Leitenden Betriebsarzt der Bundeswehr fachlich das Institut für Medizinischen Arbeits- und Umweltschutz der Bundeswehr und die Laborabteilung IV Ergonomie und Leistungsphysiologie des Zentralen Institutes des Sanitätsdienstes der Bundeswehr. In speziellen Fragestellungen wird er durch die Konsiliargruppe Arbeits- und Umweltmedizin unterstützt. Zusätzlich obliegt dem Leitenden Betriebsarzt der Bundeswehr die Geschäftsführung des wissenschaftlichen Beirates Vorbeugender Gesundheitsschutz.
Dieser besteht aus sechs wissenschaftlich tätigen und anerkannten Fachleuten und berät die militärische Führung bei der Planung und Entwicklung von intra- wie extramuralen Forschungsprojekten für die arbeitsmedizinisch forschenden Institute der Bundeswehr sowie bei der Entwicklung mittel- und langfristiger Ziele.
Organisation des Leitenden Betriebsarztes der Bundeswehr
Der Leitende Betriebsarzt der Bundeswehr stellt in Zusammenarbeit mit dem Leitenden Hygieniker der Bundeswehr die präventivmedizinische Betreuung aller Beschäftigten der Bundeswehr sicher.
Dabei werden die arbeitsmedizinische Kompetenz und das fachliche Know-how der in Zusammenhang stehenden Wissenschaftsdisziplinen durch vier Dezernate (Abbildung 1) eingebracht:
1. Dezernat V 2.1 Grundlagen Arbeitsmedizin
Das Dezernat Grundlagen deckt das gesamte Spektrum arbeitsmedizinischer Fragestellungen und Aspekte der betriebsärztlichen Betreuung in der Bundeswehr sowohl im Grundbetrieb als auch im Einsatz ab (Abbildung 2).
Beispielhaft ist hier u. a. die Problematik der Staubbelastung der Soldatinnen und Soldaten im Afghanistaneinsatz zu nennen. Darüber hinaus werden die für die arbeitsmedizinische Betreuung der Dienststellen der Bundeswehr zuständigen hauptamtlichen Betriebsarztgruppen (zurzeit 23) sowie die zivilen Vertragsnehmer fachlich beraten und unterstützt.
Die regelmäßige Organisation und Durchführung von Fortbildungen für die hauptamtlichen Betriebsärzte und das Assistenzpersonal garantiert durch die ständige Aktualisierung des Kenntnisstandes und das Einflechten neuer arbeitsmedizinischer Entwicklungen aus dem zivilen Bereich eine optimale Betreuung der Beschäftigten der Bundeswehr.
2. Dezernat V 2.2 Ergonomie
Im Dezernat Ergonomie werden arbeitsmedizinische und ergonomische Fragestellungen zu Rüstungsvorhaben bearbeitet.
Die Einbeziehung arbeitsmedizinischer fachlicher Expertise erfolgt auf allen Ebenen der Entwicklung und Beschaffung von Geräten und Material der Bundeswehr.
Dabei gilt es, in fachübergreifender Kooperation ergonomisch technisch Machbares mit militärischem Auftrag und verfügbaren Haushaltsmitteln in Korrelation zu bringen. Forderungen des Bedarfsträgers werden mit den Kenntnissen der Arbeitswissenschaften, den bestehenden Regeln des Arbeitsschutzes und ihrer spezifischen Anwendung in der Bundeswehr sowie mit den Möglichkeiten der Industrie verglichen und bewertet.
Die Ausstattung der Truppe mit bestmöglichem ergonomischem Material ist eines der wichtigsten Ziele des vorbeugenden Gesundheitsschutzes, zu der hier ein entscheidender Beitrag geleistet werden kann. Einen besonderen Beitrag hierzu leisten die unter der fachlichen Führung des Leitenden Betriebsarztes der Bundeswehr stehenden Forschungsinstitute.
Beispielhaft genannt werden sollen hier die Untersuchungen zur Steigerung der körperlichen und mentalen Leistungsfähigkeit, deren Ergebnisse zur Vorbeugung von Gesundheitsstörungen von Soldaten vor, im und nach dem Einsatz genutzt werden können.
3. Dezernat V 2.3 Medizinischer Strahlenschutz und Ärztliche Stelle der Bundeswehr
Die Ärztliche Stelle der Bundeswehr übernimmt analog der Ärztlichen Stellen der jeweiligen Bundesländer die Aufgaben zur gesetzkonformen Qualitätssicherung bei der Anwendung von ionisierender und nichtionisierender Strahlung am Menschen zu medizinischen Zwecken im Grundbetrieb und Einsatz. Dabei werden ein regelmäßiger Erfahrungsaustausch und eine gute Zusammenarbeit mit den zivilen ärztlichen Stellen gepflegt.
Darüber hinaus fungiert das Dezernat als zentrale Stelle zur Bearbeitung aller Belange des medizinischen Strahlenschutzes im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung. Beispielhaft seien hier die Bearbeitung der Radarthematik, Laserblendung und der Einsatz von Jammern (Störsender zur Verhinderung der Aktivierung von Sprengladungen durch Funkverbindungen) in Afghanistan genannt. Zusätzlich erfolgt die Registrierung aller in der Bundeswehr betriebenen humanmedizinischen Röntgenanlagen sowie das Einbringen fachlicher Expertise bei neu zu beschaffenden oder für bestimmte Einsatzoptionen benötigten speziellen Geräten.
4. Dezernat V 2.4 Umweltmedizin/ Toxikologie
Dieses Dezernat ist Ansprechpartner für sämtliche umweltmedizinischen und -toxikologischen Fragestellungen in der Bundeswehr. Hierzu zählen insbesondere die Überprüfung und Bewertung von umweltmedizinischen und toxikologischen Lagen vor, während und nach verschiedenen Einsätzen der Truppe weltweit. Besonderer Wert wird dabei auf die Beratung der Truppenführer und der Soldaten sowie der Fachkräfte vor Ort gelegt.Eine weitere zentrale Rolle im Dezernat V 2.4 spielt die Koordination der Forschungsarbeiten des Institutes für den Medizinischen Arbeits- und Umweltschutz der Bundeswehr sowie das Management von externen Forschungsdienstleistungen. Dabei stehen toxikologische Epidemiologie und Biomonitoring sowie physiologiebasierte Toxikokinetik im Mittelpunkt der Forschungsaktivitäten.
Ausblick
Die Aufgabenschwerpunkte der Bundeswehr haben sich von der Landesverteidigung hin zu weltweiten Einsatzen verlagert. Aufgrund dieser Tatsache und der Aussetzung der Wehrpflicht im Juni dieses Jahres ist zur Anpassung an die gewechselte Lage eine umfassende Strukturreform eingeleitet worden. Die Arbeitsmedizin bei der Bundeswehr ist hiervon in Form von organisatorischer Umstrukturierung ebenso betroffen. Jedoch ist es notwendig, dass aufgrund von vielen militärspezifischen arbeitsmedizinischen Thematiken in der Bundeswehr dieses Fachgebiet auch weiterhin militärisch vertreten ist.
Somit wird auch nach Umsetzung der Strukturreform ein effektiver Gesundheitsschutz als Basis für die Leistungsfähigkeit und Einsatzbereitschaft der Streitkräfte auch in Zukunft sichergestellt sein.
Dr. med. Michael Lüder