Langfristige Belastung von Menschen durch Luftverschmutzung ist verbunden mit einem häufigeren Auftreten von Bluthochdruck. Das zeigt eine große prospektive Studie, bei der mehr als 41.000 Probanden in fünf Ländern fünf bis neun Jahre beobachtet wurden. Bluthochdruck ist weltweit der wichtigste Risikofaktor für vorzeitige Erkrankungen und Todesfälle durch Herz- Kreislauferkrankungen.
Die Studie, die am 25.Oktober 2016 im European Heart Journal veröffentlicht wurde, ist eine der ersten, die sowohl Luftverschmutzung als auch Verkehrslärm gemeinsam betrachtet. Sie zeigt, dass beide Umweltfaktoren separat mit dem Auftreten einer Hypertonie assoziiert sind. Der Zusammenhang zwischen Luftverschmutzung und Hypertonie blieb bestehen, auch wenn Lärm, der häufig gemeinsam mit Luftverschmutzung vorliegt, in der Analyse als Störfaktor mit berücksichtigt wurde.
Insgesamt wurden 41.072 Personen aus Norwegen, Schweden, Dänemark, Deutschland und Spanien in die Analyse, die Teil des europäischen Projekts “European Study of Cohorts for Air Pollution Effects” (ESCAPE) ist, eingeschlossen. Informationen über den Blutdruck und die Blutdruckmedikamente der Probanden wurden bei Beginn der Studie und erneut nach einer mehrjährigen Beobachtungszeit aufgenommen. Für die Analyse wurden nur diejenigen betrachtet, die bei Beginn der Beobachtung keine Hypertonie hatten. Insgesamt entwickelten 6.207 Personen (15 Prozent) im Beobachtungszeitraum eine Hypertonie.
Zwischen 2008 und 2011 wurde in den Studienregionen in einer groß angelegten Messkampagne die Luftverschmutzung nach einer standardisierten Methode gemessen und dann den Wohnadressen der Teilnehmer zugeordnet. Gemessen wurde Feinstaub in verschiedenen Größenklassen: Die kleinsten Teilchen waren bis zu 2,5 Mikrometer (PM2,5.) groß, die größeren bis zu 10 Mikrometer (PM10). Außerdem wurden Rußteilchen gemessen (PM2.5 absorbance) und die Verkehrsdichte im Umkreis um die Wohnadresse erfasst. Das Ausmaß des Straßenverkehrslärms wurde den EU-Lärmkartierungen entnommen.
Die Wissenschaftler fanden, dass pro fünf Mikrogramm/m3 PM2,5 das Risiko der Entwicklung eines Bluthochdrucks um 22 Prozent zunahm. Fünf µg/m3 PM2,5 entsprechen ungefähr dem Unterschied zwischen dem am stärksten verschmutzten Viertel einer Stadt gegenüber dem saubersten Viertel einer Stadt. Höhere Rußkonzentrationen erhöhten ebenfalls das Erkrankungsrisiko. Teilnehmer, deren nächtlicher Lärmpegel bei ca. 60 dB(A) lag, hatten ein sechs Prozent höheres Risiko, Bluthochdruck zu entwickeln als Teilnehmer, deren Lärmpegel in der Nacht bei 50 dB(A) lag.
Professor Dr. Barbara Hoffmann, Professorin für Umweltepidemiologie am Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Centre for Health and Society der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, leitete die Studie. Sie sagt: Unsere Ergebnisse zeigen, dass die langfristige Belastung mit Luftverschmutzung zu einem höheren Risiko für Hypertonie führt. Das ist wichtig, weil praktisch jeder mehr oder weniger stark gegenüber Luftverschmutzung exponiert ist und zwar ein ganzes Leben lang. Das führt auf Dauer zu einer hohen Zahl von Bluthochdruckerkrankungen, was eine große Last für die betroffenen Patienten, aber auch für die Gesellschaft darstellt.”
Diese Zusammenhänge waren sogar bei Feinstaubkonzentrationen deutlich unterhalb der gültigen EU-Grenzwerte zu sehen. In der Konsequenz kann also die aktuelle Gesetzgebung die Bevölkerung nicht ausreichend vor den nachteiligen Folgen der Luftverschmutzung schützen. Die Ergebnisse der Studie unterstreichen besonders vor dem Hintergrund der weit verbreiteten Luftverschmutzung und der Bedeutung des Bluthochdrucks die Notwendigkeit einer besseren Regulierung der Luftqualitätswerte zum Schutz der öffentlichen Gesundheit.
Originalveröffentlichung
Kateryna B. Fuks et al.
Long-term exposure to ambient air pollution and traffic noise and incident hypertension in seven cohorts of the European study of cohorts for air pollution effects (ESCAPE)
European Heart Journal doi:10.1093/eurheartj/ehw413