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CIRS-NRW – Patientensicherheit gemeinsam fördern

Das Thema Patientensicherheit hat in den letzten Jahren in allen Einrichtungen der Gesundheitsversorgung eine wesentliche Bedeutung bekommen. Klinisches Risikomanagement, also der systematische Einsatz von Methoden zur Erkennung, Bewertung und Vermeidung von Risiken während und im Behandlungsprozess, wurde durch das Patientenrechtegesetz in die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zum einrichtungsinternen Qualitätsmanagement aufgenommen, und hat damit einen gewichtigen Stellenwert erhalten.

Ein wichtiges Instrument zur Erkennung von Risiken im Behandlungsprozess ist die Etablierung eines Berichts- und Lernsystems für kritische Ereignisse in der jeweiligen Organisation (CIRS = Critical Incident Reporting System). In der Regel anonym und damit geschützt vor arbeitsrechtlichen Maßnahmen, können von den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen einer Einrichtung des Gesundheitswesens, z. B. eines Krankenhauses, kritische Ereignisse und Beinaheschäden gemeldet werden. Die gemeldeten Ereignisse werden anonymisiert und von speziell für diese Aufgabe gebildeten Expertengruppen, z. B. des Krankenhauses oder einer Arztpraxis, analysiert. Daraus werden Strategien zur Vermeidung oder Verringerung von Risiken und Fehlerketten erarbeitet und über unterschiedliche Wege an die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen kommuniziert. Der Wert eines lebendigen CIRS steht und fällt mit der systematischen Weitergabe und Rückmeldung der entwickelten Maßnahmen an alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Einrichtung, um zukünftig Risiken zu vermeiden oder auszuschließen. Grundlage und Voraussetzung für eine intensive und konstruktive Nutzung des CIRS ist die Entwicklung und Etablierung einer Kultur des Sprechens über Risiken und Fehler – auch als Sicherheitskultur bezeichnet – in den Einrichtungen der Gesundheitsversorgung.

Die Empfehlungen des Aktionsbündnisses für Patientensicherheit (APS) erläutern dazu: „Risikoerkenntnis und Fehlervermeidung setzen die Bereitschaft und Fähigkeit voraus, über Risiken und Fehler zu reden. Wer über sie redet, kann aus ihnen lernen.“

Die Ärztekammern Westfalen-Lippe und Nordrhein, die Kassenärztlichen Vereinigungen Nordrhein und Westfalen-Lippe und die Krankenhausgesellschaft in Nordrhein-Westfalen schließen sich der Empfehlung des APS an und sind der Überzeugung, dass die Weiterentwicklung eines Risikomanagements und einer gelebten Sicherheitskultur in der Gesundheitsversorgung nur sektoren- und berufsgruppenübergreifend wirksam und erfolgreich sein kann. Sie haben deshalb in Kooperation mit dem Ärztlichen Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) als Angebot und Werkzeug für die Praxis mit CIRS-NRW ein internetbasiertes, öffentliches, sektoren- und einrichtungsübergreifendes Berichts- und Lernsystem für kritische Ereignisse in der Gesundheitsversorgung initiiert und stellen diese Plattform (www.cirs-nrw.de) gemeinsam zur Verfügung.

„Patientensicherheit gemeinsam fördern“ wurde als Hauptziel für CIRS-NRW von den fünf Partnern formuliert. Sie sehen dies auch als eine ihrer gesundheitspolitischen Aufgaben und wollen mit CIRS-NRW konkret zur Vorbeugung von vermeidbaren, unerwünschten Ereignissen und Fehlern beitragen. Die Entwicklung einer gemeinsamen Haltung der am Versorgungsprozess Beteiligten und die Förderung einer gelebten Sicherheitskultur haben dabei eine besondere Priorität.

Durch CIRS-NRW soll der sachliche und offene Umgang mit kritischen Ereignissen, die beinahe oder tatsächlich zu Fehlern geführt haben, gefördert und unterstützt werden. Dieses erste öffentliche, sektoren- und einrichtungsübergreifende Berichts- und Lernsystem in einem Flächenbundesland stellt eine sinnvolle Ergänzung zu bereits bestehenden hausinternen CIRS dar. Gerade durch ein solches regionales System können die Nutzer und Nutzerinnen über ihre eigene Einrichtung hinaus auch von den Berichten anderer profitieren. So zeichnet sich durch die Betrachtung der gemeldeten Ereignisse möglicherweise ab, ob es regionale Verteilungsmuster für besondere Risiken gibt. Darüber hinaus entsteht ein Bild über Ereignisse, die jedem passieren können. Durch die Analyse der Berichte, die Kommentierungen und die Entwicklungen von entsprechenden Vermeidungsstrategien können die Nutzer von den Berichten und Meldungen anderer lernen. An dieser Stelle sei deutlich betont, dass CIRS-NRW nicht in Konkurrenz zu einem einrichtungsinternen CIRS steht oder als Ersatz für ein solches dienen soll. Vielmehr versteht es sich als sinnvolle und nützliche Ergänzung, um das gemeinsame Lernen zu unterstützen. Was einrichtungsintern sinnvoll und erfolgreich ist, wird zusätzlichen Nutzen stiften können, wenn es einrichtungs- und sektorenübergreifend eingesetzt wird. Öffentlich berichtete Risikovermeidungsstrategien können schneller verbreitet und in die Behandlungsroutinen vor Ort übernommen werden, sodass die Patientensicherheit flächendeckend weiterentwickelt wird.

Berichten kann jede Person, die über einen Zugang zu einem internetfähigen PC verfügt. Über die Startseite www.cirs-nrw.de, gelangt man zu einem einfach strukturierten Berichtsformular. Folgender Ablauf wird mit der Abgabe eines Berichts angestoßen (siehe Schaubild Seite 23).

Maßnahmen und Angebote
Die Kultur des Schweigens durch eine Kultur des Sprechens und gemeinsamen Handelns zu ersetzen, wird seitens CIRS-NRW aktiv durch verschiedene Maßnahmen und Angebote unterstützt.

Die CIRS-NRW Gruppe, die aus Praktikerinnen und Praktikern verschiedener Berufsgruppen besteht, wählt pro Quartal unter den eingegangenen Berichten einen aus und bearbeitet diesen. Er wird dann als Bericht des Quartals auf der Seite www.cirs-nrw.de und in den Printmedien der Partner veröffentlicht. Der aktuelle Bericht des Quartals 2/2014 ist unter der Überschrift „Viele Köche… arbeiten zusammen nach Rezept“ bereitgestellt.

Gemeinsames Lernen durch gemeinsame Fortbildung initiieren, dazu bieten die Partner des CIRS-NRW verschiedene Veranstaltungen an.

Unter dem Titel „Umgang mit kritischen Ereignissen in Organisationen der Gesundheitsversorgung (Sicherheitskultur)“ wird beispielsweise eine Fortbildungsveranstaltung zur Verbesserung der Sicherheitskultur angeboten. Dabei werden Grundkonzepte der Fehlerentstehung erläutert und Möglichkeiten zur Entwicklung und Förderung einer Sicherheitskultur dargestellt. Eine Kurzpräsentation zeigt, was CIRS-NRW dazu in den Einrichtungen der Gesundheitsversorgung beitragen kann. Im zweiten Teil der Fortbildung wird anhand konkreter Beispiele auch aus dem Teilnehmerkreis eine Diskussion über den Umgang mit bzw. das Vermeiden von Fehlern angestoßen. Die neu konzipierte Fortbildungsveranstaltung wurde von den CIRS-NRW Partnern bereits in verschiedenen Settings getestet. Diese Fortbildung soll in NRW flächendeckend angeboten werden.

Für die Zukunft ist darüber hinaus in Planung, ein niederschwelliges Angebot für systematische Analysemethoden von CIRS-Berichten für alle Akteure in der Gesundheitsversorgung in Nordrhein-Westfalen anzubieten. Die Partner von CIRS-NRW legen dabei ein besonderes Augenmerk darauf, dass eine solche Analysemethode praxistauglich ist, und die Anwender und Anwenderinnen vor Ort hinsichtlich ihrer zeitlichen Ressourcen nicht überfordert.

Der einmal jährlich stattfindende CIRS-Gipfel NRW ergänzt als landesweite zentrale Veranstaltung die verschiedenen Angebote und findet im Jahr 2014 am 19. November in Dortmund statt.

Fazit
Zu Recht wird durchaus die Frage erlaubt sein: Warum noch ein CIRS? Eine Antwort dazu ist, dass die fünf Partner das Instrument CIRS-NRW für zukunftsweisend halten, weil es bewusst einen sektoren- und berufsgruppenübergreifenden Ansatz wählt, wie es ja auch politisch und gesetzlich gewünscht und vorgesehen ist. CIRS-NRW wird getragen von der Überzeugung, dass eine Weiterentwicklung der Sicherheits- und Risikokultur am effektivsten gemeinsam durch die verschiedenen Akteure des Gesundheitswesens erreicht werden kann. Lokal und regional ist kein Widerspruch, sondern stellt in diesem Projekt eine sinnvolle Ergänzung dar. Der regionale Ansatz ermöglicht einen Erfahrungsaustausch auf breiter Basis. So können eine Vielzahl von Ereignissen, die lokal in vielen Fällen nicht als relevant erkannt worden wären, in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt werden.

CIRS-NRW erreicht 385 Krankenhäuser mit ca. 250.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und etwa 38.000 niedergelassene Ärztinnen und Ärzte und deren Praxismitarbeiterinnen und -mitarbeiter in NRW und darüber hinaus noch weitere Einrichtungen der Gesundheitsversorgung. Es hat sich bereits gezeigt, dass Bekanntheitsgrad, Nähe und Vertrauen in die Träger von CIRS-NRW sich positiv auf die Akzeptanz und die Meldebereitschaft der angesprochenen Personenkreise auswirken.

Der 2. Platz beim erstmalig verliehenen „Deutschen Preis für Patientensicherheit“ des Aktionsbündnisses für Patientensicherheit (APS) im April 2014 macht den Partnern des CIRS-NRW Mut, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen.

Nutzen auch Sie CIRS-NRW, in dem Sie selbst berichten oder die Berichte von anderen nutzen!

Aktuelle Informationen zu CIRS-NRW finden Sie unter www.cirs-nrw.de.

Robert Färber Anke Follmann

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