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Stigmatisierung entgegenwirken, sprechende Medizin stärken

Bundesärztekammer (BÄK)

Bundesweit tritt bei jedem dritten Erwachsenen im Zeitraum eines Jahres eine psychische Erkrankung auf. Dabei gehören Depressionen zu den häufigsten psychischen Leiden. Bundesweit sind innerhalb eines Jahres rund 5,3 Millionen Menschen von Depressionen betroffen, darunter zunehmend auch junge Menschen. „Die gute Nachricht ist, dass Depressionen von Ärzten und psychologischen Psychotherapeuten meist erfolgreich behandelt werden können. Voraussetzung ist aber, dass den Betroffenen die Angst vor einem Arztbesuch genommen wird. Wir müssen gesellschaftlicher Stigmatisierung entgegentreten und die vielfältigen Möglichkeiten der sprechenden Medizin insgesamt sowie der Psychotherapie im Besonderen weiter stärken.“ Das sagte Dr. Ulrich Clever, Präsident der Landesärztekammer Baden-Württemberg und Vorstandsbeauftragter der Bundesärztekammer für ärztliche Psychotherapie, vor dem Weltgesundheitstag zum Thema „Depression“ am 7. April 2017.

Clever warnte, dass sich Betroffene aus Scham und aus Angst vor Stigmatisierung häufig scheuen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Patienten sowie ihr soziales Umfeld müssten wissen, dass eine Depression genau wie eine körperliche Erkrankung keine Frage von Schuld ist. „Aufklärungsarbeit ist wichtig. Ebenso wichtig ist es, dass die notwendigen Versorgungsangebote zur Verfügung stehen, wenn sich Betroffene für professionelle Unterstützung entscheiden“, sagte Clever. Er verwies auf das Motto des diesjährigen Weltgesundheitstages: „Depression – let´s talk.“ „Politik und Kostenträger sollten diese Aufforderung ernst nehmen und den Ausbau der sprechenden Medizin durch Haus- und Fachärzte nicht nur fordern, sondern auch fördern.“ Clever betonte, dass sich häufig erst in einem ausführlichen Arzt-Patienten-Gespräch Anhaltspunkte für eine psychische Erkrankung ergeben.

Hinzu kommt, dass psychisch kranken Menschen nach wie vor eine mühsame und zeitraubende Suche nach einem niedergelassenen Psychotherapeuten zugemutet wird. Die neu eingeführten psychotherapeutischen Sprechstunden und Akutbehandlungen sollen die Lage etwas entspannen. „Sie können dazu beitragen, die Patientenströme zu kanalisieren. Wunder sollte man sich davon jedoch nicht erwarten. Wenn ein Patient eine Sprechstunde aufsucht, heißt das noch nicht, dass er kurzfristig in eine sich daraus ergebende Behandlung überführt werden kann“, betonte Clever. Angesichts des enormen Anstiegs diagnostizierter psychischer Erkrankungen sei eine grundsätzliche Debatte darüber notwendig, welche Bedeutung man diesem Versorgungsbereich beimesse. „Wenn die Krankenkassen jedoch auf die Sparbremse drücken, wie bei den von ihnen durchgesetzten jüngsten Beschlüssen zur Honorierung psychotherapeutischer Sprechstunden und Akutbehandlungen, werden die Rahmenbedingungen nicht besser.“

Clever stellte klar: „Die meisten psychischen Erkrankungen sind gut behandelbar – aber sie müssen auch behandelt werden. Andernfalls drohen Chronifizierungen und schwere Verläufe.“ Das führe zu zusätzlichen Kosten, nicht nur für die Krankenkassen, sondern wegen möglicher Arbeitsunfähigkeit und Frühverrentung auch für die Arbeitgeber und die Rentenversicherungsträger. Die Hauptleidtragenden aber seien die betroffenen Patienten.

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