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Was kann unternommen werden, um Klein- und Kleinstunternehmen zu helfen?

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EU-OSHA

Aus unterschiedlichen Gründen besteht in den europäischen Klein- und Kleinstunternehmen (KKU) ein höheres Risiko für Arbeitsunfälle und arbeitsbedingte Gesundheitsprobleme als in größeren Betrieben. Um die Sicherheit und den Gesundheitsschutz in diesen Unternehmen zu verbessern, hat die EU-OSHA daher ein Projekt in die Wege geleitet, in dessen Rahmen die für den Erfolg der einschlägigen politischen Maßnahmen, Strategien und praktischen Lösungen ausschlaggebenden Faktoren ermittelt werden sollten. Nach der Veröffentlichung der Ergebnisse der ersten Phase dieses Projekts wurde ein Seminar für die Interessenträger veranstaltet, um die gewonnenen Erkenntnisse zu erörtern.

Es wurde festgestellt, dass 30 % der KKU keine regelmäßigen Gefährdungsbeurteilungen durchführen, während dieser Anteil bei den Betrieben mit mindestens 250 Mitarbeitern bei nur 3 % liegt. Darüber hinaus sind mehr als 80 % der KKU, die keine Gefährdungsbeurteilungen vornehmen, der Auffassung, dass „die Risiken und Gefahren bereits bekannt sind“ oder „dass es keine größeren Probleme gibt“. Am 28. Juni veranstaltete die EU-OSHA in Brüssel ein hochrangiges Politikseminar mit dem Titel „Micro and small enterprises (MSEs) in Europe: How can we make sure they are safe, healthy and productive places to work?“ (Kleinst- und Kleinunternehmen (KKU) in Europa: Wie können wir sicherstellen, dass sie sichere, gesunde und produktive Arbeitsplätze bieten?“), an dem Vertreter des Europäischen Parlaments, der Europäischen Kommission und der Sozialpartner sowie weitere wichtige Akteure und Wissenschaftler teilnahmen. Im Zentrum der Diskussionen standen zum einen die Frage, wie die Gesundheit, die Sicherheit und das Wohlbefinden der Millionen in KKU tätigen europäischen Bürger sichergestellt werden können, und zum anderen die Bedeutung der KKU für die Wirtschaft.

KKU machen nahezu 99 % der europäischen Unternehmen aus, beschäftigen fast die Hälfte der europäischen Arbeitskräfte und leisten damit einen erheblichen Beitrag zur europäischen Wirtschaft. Ein bedeutender Teil dieser Unternehmen hat keine angemessenen Vorkehrungen für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz bei der Arbeit getroffen, sodass ihre Beschäftigten diesbezüglich oft kaum geschützt sind.

Die Direktorin der EU-OSHA Dr. Christa Sedlatschek erklärte dazu: „Unsere ESENER-2-Studie hat gezeigt, dass KKU im Hinblick auf die Vorkehrungen für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz bei der Arbeit hinter den größeren Unternehmen zurückbleiben: 30 % der Kleinstunternehmen führen keine regelmäßigen Gefährdungsbeurteilungen durch, während dieser Anteil bei den Betrieben mit mindestens 250 Mitarbeitern bei nur 3 % liegt. Darüber hinaus sind mehr als 80 % der KKU, die keine Gefährdungsbeurteilungen vornehmen, der Auffassung, dass ‚die Risiken und Gefahren bereits bekannt sind‘ oder ‚dass es keine größeren Probleme gibt‘.“

Die Ergebnisse des Berichts machen deutlich, dass Eurostat-Daten zufolge die Zahl der tödlichen Unfälle im Zeitraum zwischen 2008 und 2012 in Betrieben mit weniger als 50 Beschäftigten am höchsten war. Insgesamt ist dem Bericht zu entnehmen, dass die einschlägige Literatur zahlreiche Belege für das schlechte Abschneiden von KKU im Hinblick auf Arbeitsbedingungen und arbeitsbedingte Gesundheitsprobleme beinhaltet.

Warum stellt das betriebliche Sicherheits- und Gesundheitsschutzmanagement für diese Unternehmen eine so große Herausforderung dar? In dem Bericht werden mehrere Faktoren genannt, darunter die Tatsache, dass KKU nur zu geringen Investitionen in die für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz bei der Arbeit erforderliche Infrastruktur in der Lage sind, die begrenzten Kenntnisse der geschäftsführenden Inhaber über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit sowie die einschlägigen rechtlichen Vorgaben, ihre eingeschränkte Fähigkeit zu einem systematischen Vorgehen sowie ihre Einstellungen und Prioritäten, in denen Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit aufgrund der begrenzten verfügbaren Ressourcen und der Sorge um das wirtschaftliche Überleben der Betriebe eine untergeordnete Rolle spielen. Die Ergebnisse offenbaren zudem erhebliche Wissenslücken im Hinblick auf die Wirksamkeit der Strategien und Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes in KKU. In den nächsten zwei Jahren werden weitere Ergebnisse dieses Projekts veröffentlicht, wobei die Schwerpunkte auf den politischen Maßnahmen, Strategien und praktischen Lösungen liegen werden, die eine erfolgreiche Verbesserung der Vorkehrungen für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz in KKU ermöglichen.

Es steht eine Vielzahl von Instrumenten und Ressourcen zur Verfügung, die KKU bei der Überwindung dieser Hindernisse helfen können. Das von der EU-OSHA entwickelte Tool für die interaktive Online-Gefährdungsbeurteilung (Online Interactive Risk Assessment, OiRA) ist speziell auf KKU zugeschnitten, steht online kostenlos zur Verfügung, ist benutzerfreundlich und bietet eine Schritt-für-Schritt-Anleitung für die Gefährdungsbeurteilung. Insgesamt sind 99 Instrumente (weitere werden derzeit entwickelt) für 16 Länder sowie auf EU-Ebene verfügbar, die zahlreiche unterschiedliche Branchen abdecken. Außerdem bieten die im Zusammenhang mit den Kampagnen „Gesunde Arbeitsplätze – den Stress managen “ und „Gesunde Arbeitsplätze – für jedes Alter “ erarbeiteten elektronischen Leitfäden eine Vielzahl KKU-spezifischer Informationen und Empfehlungen für das betriebliche Sicherheits- und Gesundheitsschutzmanagement.

Anmerkungen

Im Jahr 2014 leitete die EU-OSHA ein dreijähriges Projekt in die Wege, um zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes in allen Klein- und Kleinstunternehmen (KKU) Europas beizutragen. Das Projekt wurde an eine Gruppe von Wissenschaftlern – das „SESAME“-Konsortium (Safe Small and Micro Enterprises) – vergeben und dient im Wesentlichen drei Zielen: (1) Bereitstellung von Evidenzdaten für die Erarbeitung von Empfehlungen für politische Maßnahmen, (2) Ermittlung guter praktischer Lösungen im Hinblick auf politische Maßnahmen, Strategien und praktische Lösungen für die Verbesserung des betrieblichen Sicherheits- und Gesundheitsschutzmanagements und Förderung der Entwicklung neuer oder der Weiterentwicklung vorhandener praktischer Instrumente und (3) Bereitstellung von Input für künftige Forschungsarbeiten über die bestimmenden Faktoren guter Sicherheits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen bei der Arbeit.

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