Auf dem 121. Deutschen Ärztetag wurde folgender Beschluss, für die zukünftige Zusatzbezeichnung Betriebsmedizin gefasst: Neben einer Weiterbildungszeit von 9 Monaten in einer Weiterbildungsstelle, besteht in Zukunft die Möglichkeit „1.200 Stunden betriebsärztliche Tätigkeit unter Supervision eines Befugten“ (§ 11 MWBO) abzuleisten.
Dies bedeutet, dass die Zusatzweiterbildung Betriebsmedizin in Zukunft nicht nur in Vollzeit, komplizierten Drittel- oder Viertelstellen, sondern auch in Teilzeit erworben werden kann. In Zukunft besteht also wieder, für niedergelassene Fachärzte der unmittelbaren Patientenversorgung, die Möglichkeit, die Zusatzbezeichnung zu erwerben, ohne ihre eigene Praxis zu sehr zu vernachlässigen. Für diese Änderung hat sich insbesondere die Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM) stark gemacht.
Es besteht jetzt schon ein erheblicher Mangel an arbeitsmedizinisch tätigen Ärztinnen und Ärzten. Diese Unterversorgung wird sich in den nächsten Jahren, besonders in den Flächenländern, wie Bayern und Niedersachsen, noch erheblich verstärken. Der eklatante Betriebsärztemangel, auf den wir jetzt zusteuern, zeichnete sich schon 2005 ab.
Ab 2005 schafften die meisten Landesärztekammern in ihren Weiterbildungsordnungen die Möglichkeit ab, dass ein bereits niedergelassener Facharzt die Zusatzbezeichnung Betriebsmedizin erwerben konnte. Nur noch in wenigen Bundesländern bestand weiterhin die Möglichkeit, durch Weiterbildungszeiten bei einem ermächtigten Arzt, die Zusatzbezeichnung Betriebsmedizin zu erwerben. Aus diesem Grund war es den Praxisinhabern de facto unmöglich, hiervon Gebrauch zu machen.
In Niedersachsen mussten Fachärzte der unmittelbaren Patientenversorgung, wie z. B. Innere Medizin oder Allgemeinmedizin, eine Weiterbildungszeit von zwölf Monaten bei einem ermächtigten Arzt ableisten. Selbst wenn diese zwölf Monate auf drei oder vier Jahre gestreckt wurden, musste noch eine erhebliche Wochenstundenzahl als angestellter Arzt abgeleistet werden.
In der ersten Ausgabe der Praktischen Arbeitsmedizin im Juni 2005 wurde darauf hingewiesen, dass unter den vorgesehenen Änderungen, bereits niedergelassenen Ärzten die Möglichkeit, die Zusatzbezeichnung zu erwerben, praktisch unmöglich gemacht würde. Als Folge war zu befürchten, dass nicht genügend arbeitsmedizinisch tätige Ärztinnen und Ärzte ausgebildet würden:
„Die Möglichkeit, sich als bereits niedergelassener Arzt in der Arbeits- bzw. Betriebsmedizin beruflich zu qualifizieren und entsprechend tätig zu werden, besteht nach der neuen Musterweiterbildungsordnung de facto nicht mehr.“ … “es ist zweifelhaft, ob sich bei der einseitigen Ausrichtung zur Qualifikation durch weiterbildungsermächtigte Ärzte der Bedarf an zukünftigen Arbeitsmedizinern decken lässt.“
Diese 2005 ausgesprochene Befürchtung wurde zwischenzeitlich bittere Realität. Der DGAUM, als wissenschaftlich-medizinische Fachgesellschaft, ist es, mit ihrem unmittelbaren Schreib- und Vorschlagsrecht, gelungen, die Zusatzbezeichnung wieder attraktiver zu machen. Wenn die einzelnen Landesärztekammern ihre Weiterbildungsordnungen, im Sinne von berufsbegleitender Weiterbildung mit dem Erwerb von ärztlichen Kompetenzen und Haltungen, ändern, lässt sich der Betriebsärztemangel noch abmildern.